Hagen. Einstufung bei der Kfz-Versicherung ändert sich, was sich auf die Beiträge auswirken kann. Die „Gewinner und Verlierer“ in der Region.

Für 1,4 Millionen Autofahrer in Nordrhein-Westfalen gilt künftig eine höhere und damit schlechtere Regionalklasse in der Kfz-Haftpflichtversicherung. Wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin mitteilte, steigen die Einstufungen in 8 von 53 Zulassungsbezirken. Dies kann Auswirkungen auf die Versicherungsbeiträge haben.

In Südwestfalen sind Hagen und der Ennepe-Ruhr-Kreis von einer schlechteren Einstufung betroffen. Hier könnte die Versicherung künftig teurer werden. Beide Bezirke steigen jeweils in der Regionalklasse der Kfz-Haftpflicht um eine Stufe, der Ennepe-Ruhr-Kreis in Klasse 8, Hagen in 11 – die zweithöchste der insgesamt zwölf Klassen.

Zu den Gewinnern zählen hingegen der Raum Olpe sowie der Hochsauerlandkreis und der Märkische Kreis, die jeweils um eine Klasse fallen. Während Olpe in der Kfz-Haftpflicht in Klasse 5 herabgestuft wurde, gilt dies für den HSK (Klasse 5) und den MK (Klasse 3) in der Teilkasko. In Siegen ändert sich weder an der Haftpflicht (Klasse 7) noch an der Teil- und Vollkasko (je Klasse 3) etwas.

„Fünf bis zehn Prozent“ plus oder minus?

Die Einstufungen können die Versicherungsunternehmen ab sofort für Neuverträge und ab dem nächsten Versicherungsjahr für bestehende Verträge anwenden. Über die konkreten Auswirkungen der geänderten Regionalklassen auf die Höhe des Versicherungsbeitrags macht der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) allerdings keine Angaben, da die Regionalklassen für die Versicherungen nicht verpflichtend seien. Außerdem sei die Beitragshöhe Sache des jeweiligen Versicherungsunternehmens und hänge von vielen weiteren Faktoren ab, etwa der jährlichen Fahrleistung, dem Alter des Fahrers (oder der Fahrer), dem Stellplatz des Autos (z.B. Garage oder Straße) oder der Typklasse des Autos, das heißt, welches Fabrikat beispielsweise am „schadensträchtigsten“ sei oder häufig gestohlen werde. Die Typklassen würden wahrscheinlich in zwei Wochen veröffentlicht, so ein GDV-Sprecher.

Der Hagener Versicherungsberater Christian Fischer, der als Vertreter der Huk-Coburg arbeitet, schätzt, dass „eine Regionalklasse fünf bis zehn Prozent des Versicherungsbeitrags ausmachen wird, ähnlich ist es bei den Typklassen“. Zudem sagte Fischer im Gespräch mit dieser Zeitung: „Meistens fallen die Anpassungen der Regional- und Typklassen mit Beitragserhöhungen zusammen.“

„Ich denke, eine Regionalklasse wird fünf bis zehn Prozent des Versicherungsbeitrags ausmachen, ähnlich ist es bei den Typklassen.“

Christian Fischer
Huk-Coburg-Vertreter

Während die Allianz und die ADAC-Autoversicherung auf Anfrage keine konkreten Angaben zum Effekt der Regionalklassenanpassung auf die Versicherungsprämien machten, teilte die HDI-Versicherungsgruppe (Hannover) mit, dass sich der Regionalklassen-Anteil am Haftpflicht-Gesamtbeitrag in Hagen und im Ennepe-Ruhr-Kreis voraussichtlich um vier Prozent erhöhe. In Olpe (Haftpflicht) und im Hochsauerlandkreis (Teilkasko) sinke der jeweilige Anteil hingegen um je drei Prozent sowie im Märkischen Kreis (Teilkasko) um fünf Prozent.

Zu berücksichtigen sei jedoch, dass weitere Faktoren zur Bildung des gesamten Versicherungsbeitrags herangezogen werden. Sprich: Möglicherweise fällt die Anpassung der Regionalklasse hier nicht spürbar ins Gewicht. Sinkende Beiträge seien, so heißt es vonseiten verschiedener Versicherer, aufgrund der Kostensteigerungen bei Kfz-Ersatzeilen, Werkstattleistungen oder von Umweltschäden (Hagel, Überschwemmungen) sowie durch die Inflation ohnehin nicht zu erwarten. Im Gegenteil.

Fast 400 Euro Unterschied

Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale NRW empfiehlt Versicherungsnehmern, ihre Versicherungsbeiträge zu überprüfen, etwa über Vergleichsportale im Internet, zudem bereits beim Autokauf auf die Einstufung des Fahrzeugs zu achten – allerdings sei dies auch nur eine „Momentaufnahme“ und schütze nicht vor späteren Anpassungen der Regional- oder Typklasse.

„Wer sein Auto bereits zugelassen hat und künftig mehr bezahlen muss, der kann nicht viel machen. Das Einzige, das man machen kann, ist, falls man einen Zweitwohnsitz hat, zu gucken, ob man es dort versichert. Aber das ist mit einer Ummeldung des Autos verbunden, da muss man beachten, ob es dann wirklich billiger wird“, sagt Weidenbach.

Laut des Vergleichsportals Verivox können die Regionalklassen für „starke Prämienunterschiede“ sorgen. In einer Modellrechnung zahle ein 45 Jahre alter Alleinfahrer aus Berlin 59 Prozent mehr für die Vollkasko-Versicherung seines VW Passat als ein Einwohner des ostfriesischen Emdens mit dem gleichen Fahrzeug. Der Preisunterschied liege bei 389 Euro. Für eine Teilkasko-Versicherung müssten Berliner 54 Prozent – 220 Euro – mehr aufbringen, für die Haftpflicht 52 Prozent, beziehungsweise 144 Euro.

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Schadensrisiko wird ermittelt

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) errechnet einmal im Jahr die Schadensbilanzen der 413 Zulassungsbezirke in Deutschland. Ziel ist es, herauszufinden, wo Autofahrer besonders viele Schäden verursachen. Daraufhin werden die Bezirke in Regionalklassen eingeteilt, die das Risiko eines Schadens abbilden. Je besser die Einstufung, desto günstiger wirkt es sich in der Regel auf den Versicherungsbeitrag aus. Ausschlaggebend ist nicht, wo der Schaden entstanden, sondern in welchem Bezirk das Fahrzeug registriert ist.

In der Kfz-Haftpflichtversicherung gibt es zwölf Regionalklassen. Die höchste und schlechteste, die Klasse 12, gilt in keiner NRW-Stadt. In Klasse 11 befinden sich neben Hagen die Städte Essen, Gelsenkirchen, Remscheid und Wuppertal. Borken, Coesfeld, Höxter, Kleve, Münster, Paderborn und Warendorf haben mit Klasse 4 NRW-weit die besten Bewertungen.

Bundesweit vorn ist der Bezirk Elbe-Elster in Brandenburg, der in Klasse 1 eingestuft ist. Hier sind die Schäden laut GDV um 30 Prozent niedriger als im Durchschnitt. Die schlechteste Schadenbilanz hat die Stadt Offenbach mit Klasse 12, die Schäden liegen dort fast 40 Prozent über dem Durchschnitt.

(mit dpa)