Hagen. Das Edelmetall liegt auf einem Allzeithoch. Goldrausch auch in Südwestfalen? Wie es derzeit bei einem Goldankäufer in Hagen zugeht.
In seinem Cappuccino, der auf dem großen Glastisch im Verkaufsraum steht, steckt ein Löffel aus Gold. Gold, natürlich, was sonst? Michael Nix (60) wischt auf seinem Handy die richtige App herbei. „Zweiundsiebzig, zweiunddreißig“, sagt er dann und schaut vom Display auf als erwartete er eine Reaktion. „Zweiundsiebzig, zweiunddreißig.“
Die Zahlenkombination gibt in dem Moment den Leitwert für Feingold an. Mehr als 72 Euro für ein Gramm. Niemals lag der Wert höher. „Im Moment knallt das so richtig. Das ist historisch“, sagt er über den derzeit ständig weiter steigenden Wert. Mehr als zwölf Euro habe der Wert in den vergangenen Wochen zugelegt. „Das ist außergewöhnlich.“ Ist der Goldrausch auch in Südwestfalen offiziell ausgerufen? „Die Anfragen sind spürbar gestiegen“, sagt Nix.
Goldankauf: Standorte in Hagen, Halver, Meinzerhagen, Lüdenscheid und Iserlohn
Eher unscheinbar liegt der Laden von Michael Nix und seinem Geschäftspartner Michael Tropp am Stadtrand von Hagen. Seit 2012 gibt es die „Goldtheke“, in der mit Luxusuhren gehandelt wird, aber beispielsweise auch Altgold angekauft wird. Einzugsgebiet: Hagen, Ennepe-Ruhr-Kreis, Märkischer Kreis, Standorte nicht nur in Hagen, sondern auch in Halver, Meinerzhagen, Lüdenscheid und Iserlohn. „Profitieren Sie vom hohen Goldpreis“ ist auf einem roten Aufkleber an der Scheibe der Hagener Filiale zu lesen. Meistens bedarf es dieses Aufrufs derzeit nicht. Die Menschen kommen von ganz allein.
„In dieser Woche hatten wir schon einige Kunden da, die ihr Gold vekauft haben, deutlich mehr als sonst“, sagt Nix. Genaue Zahlen kann oder will er nicht nennen. Diskretion und Seriosität ist wichtig in der Branche. Er kramt einen minutiös beschrifteten Plastikbeutel hervor. „Zahngold“, sagt Nix. „4,5 Gramm.“ Gestern reingekommen. Auch damit kann man je nach Gewicht mehrere Hundert Euro erzielen.
Goldrausch?
Der Preis für Gold schwankt zeitweise stark - zuletzt aber hat er wieder deutlich angezogen und bleibt als Geldanlage beliebt. In den vergangenen 30 Jahren erhöhte sich der Goldwert laut Bundesbank von 250 Euro auf über 2000 Euro pro Feinunze (31,1 Gramm). Das Edelmetall gilt als Krisenwährung.
Der Goldpreis wird nur zum Teil durch die Nachfrage aus Schmuckbranche und Industrie nach echtem Gold bestimmt. Der andere Teil ergibt sich aus der Stimmung an den Finanzmärkten: Erachten viele Anleger gleichzeitig Investitionen in Gold als einträglicher als andere Geldanlagen, steigt der Kurs.
Beim Gold denken viele zuerst an Barren, Münzen oder Schmuck. Die physisch greifbare Variante steht aber nur für einen Teil der Goldanlagen. Auch Zertifikate, Optionsscheine, Fonds oder andere Wertpapiere bilden den Goldpreis ab oder werden von ihm beeinflusst.
Altgold, das zum Beispiel aus Omas Erbe zurückbleibt, kaufen zum Beispiel Juweliere oder spezialisierte Händler auf. Vorsicht allerdings vor fliegenden Händlern, die zu Verkaufsevents einladen .
Am Morgen, sagt er, sei schon ein älterer Herr dagewesen, der eine alte Goldmünze seines Vaters verkauft habe. Nix holt den entsprechenden Plastikbeutel hervor: „900er Gold, 33 Gramm“, sagt er. Die Hand, in der die Münze liegt, pendelt nach unten und wieder hoch wie eine Waagschale. Eine Jubiläumsmünze, recht alt offenbar. „Hat ihm einen vierstelligen Betrag gebracht“, sagt Nix. Das Gold, das in der „Goldtheke“ gesammelt wird, wird zum Schmelzer gebracht. Der und die Steuern müssen vom Gewinn noch bezahlt werden, sagt Nix.
Viele Stammkunden gibt es in der „Goldtheke“, aber derzeit, sagt Nix, blickte er auch immer wieder in neue Gesichter. „Vielen ist völlig klar, dass der Goldwert gerade sehr hoch ist. Die Kundschaft zieht sich durch alle Schichten und Altersgruppen“, sagt Nix. Vom Beamten über den Rechtsanwalt bis hin zum Handwerker. Vom jungen Erwachsenen über die Familie bis zum älteren Herrn, der die Schmuckschatulle der verstorbenen Gattin nun nicht mehr länger aufbewahren will - oder kann.
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„Nicht immer erfahren wir, warum das Gold zu Geld gemacht wird, aber oft genug schon. Die Motivation ist höchst unterschiedlich“, sagt Nix. „Manchmal geht es wirklich einfach darum, etwas noch in Bares zu verwandeln, das niemand mehr braucht.“ Der Inhalt der Schmuckschatulle der verstorbenen Frau oder Oma vielleicht. „Manch älterer Kunde will das Geld den Enkeln schenken. Andere haben Reparaturen oder einen Urlaub anstehen.“ Aber es gebe eben auch noch andere. „Einige müssen ihr Gold auch verkaufen, weil sie sonst nicht mit dem Geld auskommen, weil das Leben so teuer geworden ist. Da wird die Schublade zu Hause immer mal wieder durchforstet.“
Manchmal fließen offenbar sogar Tränen im Verkaufsraum, wo das Gold entgegengenommen und analysiert wird. Es ist ja bekanntlich nicht alles Gold, was glänzt. Raffinierte Fälschungen haben Nix und Tropp schon auf dem Glastisch liegen gehabt. Mit u.a. einer Magnetwaage, mit Ultraschall oder einem Röntgenfluoreszenzgerät prüfen die beiden den Feingold-Gehalt des Schmucks. Oder der Münzen. Oder der Zähne. Das Ergebnis überrascht mal auf der einen, mal auf der anderen Seite des Tisches.
Unverhofft hoher Wert: Een Kunde hat Tränen in den Augen
„Ich hatte vor kurzem einen älteren Mann hier, der musste sich erstmal setzen. Der hatte Tränen in den Augen, weil er nicht erwartet hatte, dass sein Gold so viel Wert sein könnte“, sagt Tropp. „Das sind eigentlich die schönsten Momente.“ Nix nickt dazu. Erwartet habe der Mann ein paar hundert Euro, überwiesen wurden ihm rund 2000 Euro.
In unsicheren Zeiten wird Gold besonders nachgefragt, das Edelmetall gilt als Krisenwährung. Der Krieg in der Ukraine, der Konflikt im Nahen Osten, die erhöhte Nachfrage nach Gold von Zentralbanken - unter anderem offenbar der chinesischen - führt zu steigenden Preisen und zu einer sehr guten Verkaufskulisse - auch für den normalen Bürger, der Altgold zu Hause findet. Oder sollte der etwas noch warten, weil der Wert weiter ansteigt? Michael Nix zuckt mit den Schultern. „Dazu müsste man Prophet sein.“