Paderborn. Neuer Erzbischof nimmt sich vor Festakt mehr Zeit für Gespräche, als es das Protokoll vorsieht. Viele Gläubige aus dem Sauerland dabei.
Friedlich, sehr fröhlich, entspannt. So ist die Atmosphäre auf dem Domplatz in Paderborn an diesem besonderen Tag. So entspannt, wie der neue Erzbischof von Paderborn selbst, wegen dessen Amtseinführung sich geschätzt ein paar tausend Menschen bereits am Mittag vor dem Hohen Dom in Ostwestfalen einfanden.
Das Protokoll ist an so einem Tag streng durchgetaktet. Eigentlich. Längst sollte der 57-jährige Udo Markus Bentz bereits auf dem Weg ins Generalvikariat sein - und ist doch auf dem Domplatz ins Gespräch vertieft, nimmt noch einen Kaffee, der an diesem Tag vom Bistum kostenfrei an jeden und jede verteilt wird, ebenso wie Milchgebäck. Bentz ist ungewöhnlich nahbar, steht lächelnd für Erinnerungsfotos parat, genießt den Dialog in der Menge, und zwar auf Augenhöhe. Kein bisschen aufgesetzt, wie es scheint.
Etwas Herzklopfen, dass die Zeit bis zum Festgottesdienst knapp werden könnte, hat eher seine Medienchefin Heike Meyer, nicht aber die Hauptperson an diesem Tag - jedenfalls noch nicht, wie Bentz sagt: „Es ist der Tag des Bistums und der Menschen hier. Es hilft mir sehr, hier und jetzt schon ins Gespräch zu kommen.“ Das Herzklopfen komme sicher gleich, sagt der Gottesmann rund zwei Stunden vor Beginn der Messe zu seinen Ehren.
Die Zeremonie begleiten allein im Dom knapp 1500 Gäste zum Teil stehend. Sie wird in Livebildern übertragen, im Fernsehen, im Internet, in die benachbarte Gaukirche auf der dem Dom gegenüberliegenden Seite des Platzes - und, wie bei einem Fußballfest, auf eine riesige LED-Leinwand auf dem Domplatz selbst, wo am Nachmittag hunderte Zuschauer den Gottesdienst verfolgen.
Gekommen sind sie von nah und fern. Wie Markus Pohl, Schulleiter der St. Walburga Realschule in Meschede im Hochsauerland. Sie ist eine der 18 Schulen, die direkt dem Erzbistum unterstellt sind. Pohl hat eine Ehrenkarte für den Dom, hätte also nicht schon am Vormittag in Paderborn sein müssen, aber er wollte das um 12 Uhr beginnende Glockenkonzert hören - und am liebsten überhaupt nichts verpassen: „Es ist ein epochales Ereignis“, findet Pohl. Überhöhen möchte der Schulleiter dabei nicht, im Gegenteil: „Der neue Erzbischof übernimmt das Amt in sehr schwierigen Zeiten.“ Stichworte sind die Missbrauchsskandale, die die Kirchen im Land erschüttern. Damit einhergehend die schwindende Bindung an die Kirche.
Es scheint, als verschlössen sehr viele Menschen auf dem Domplatz, die der katholischen Kirche offensichtlich eng bis sehr eng verbunden sind, keineswegs die Augen vor Realitäten, mit denen sie und auch Udo Markus Bentz als neuer Erzbischof umgehen müssen und wollen - so fröhlich die Stimmung an diesem besonderen Tag auch ist.
Einer, der im Konzern Kirche unterwegs ist, ist Matthias Krieg. Als Geschäftsführer der Vinzenz-Konferenzen präsentiert er diese Institution unter dem Dach der katholischen Kirche beim sogenannten Markt der Möglichkeiten in einem rund 30 Meter langen, weißen Pagodenzelt wie viele andere: katholische Jugend, Malteser, Caritas. Krieg ist wie die meisten frohgelaunt, meint aber zu wissen, dass der neue Erzbischof eine schwere Zeit vor sich haben werde. Es seien viele Entscheidungen zu treffen. „Wir sind einfach erleichtert, dass wir jemanden bekommen haben, der nicht für ein super autoritäres Regiment bekannt ist“, sagt Krieg.
Ähnlich sehen es Manuel Kenter, Gemeindereferent aus Reiste bei Eslohe und Michael Kloppenburg, Dekanatsreferent aus Meschede. Sie haben sich an diesem Tag nicht verabredet, aber weil so viele bekannte Gesichter aus Kreisen der katholischen Kirche im Erzbistum Paderborn sich auf dem Domplatz eingefunden haben, ist es auch keine große Überraschung, sich hier zu treffen.
Dass die Stimmung beinahe greifbar positiv ist, begründet sich in einer gewissen Erleichterung und Hoffnung, die in Gesprächen deutlich wird. Hoffnung, mit Bentz ein ganz neues Kapitel der katholischen Kirche im Erzbistum Paderborn aufschlagen zu können. „Ich spüre Aufbruch, Glaubensfreude. Es tut gut, neue Impulse zu bekommen, jemanden zu haben, der mit viel Glaubens- und Menschenfreude erscheint.“ So sieht es auch Michael Kloppenburg, der permanent Hände schütteln muss: „Letztlich ist die Welt doch wieder sehr klein. Und heute trifft sie sich hier auf dem Domplatz“, sagt der Mescheder, der sich Paderborn, wo er studiert und gelebt hat, immer noch wie zu Hause fühlt. Erst recht an einem Tag wie diesem.
„Heute sind die Menschen aufgeschlossen“, sagt Rainer Fromme, Dekanatsreferent in Paderborn. Seine Kirchenkarriere hat er einst im Dekanat Bigge/Medebach begonnen. Heute verteilt er Flyer zum Glockenkonzert, das mittags zu Ehren des neuen Erzbischofs beginnt. Von vier Kirchen - neben dem Dom und der Gaukirche auch die Busdorfkirche und die Abdinghofkirche in Paderborns Zentrum - sorgt Glockenklang für eine stimmungsvolle Atmosphäre.
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Die genießt an diesem Tag auch Dechant Dieter J. Aufenanger, auch wenn er nach zwei Gottesdiensten in seinem Heimatdekanat Hagen erst gegen 13.30 Uhr am Paradiesportal, dem Haupteingang zum Dom, eintrifft. „Es ist eine tolle Stimmung hier. Alle sind gespannt, neugierig im guten Sinne.“ Aufenanger, selbst 1996 im Hohen Dom zu Paderborn zum Priester geweiht, nimmt Veränderung in seiner Kirche wahr. „Das hat schon bei seinem Vorgänger Hans-Josef Becker begonnen“, sagt Aufenanger - aber auf Bentz ruhen jetzt sehr hohe Erwartungen, auch weil er in so kurzer Zeit bereits so viel Interesse am Dialog gezeigt hat. „Es braucht einen, der offen ist für Veränderungen, und ich glaube, da haben wir einen sehr guten erwischt“, befindet der Hagener, bevor er seinen reservierten Platz im Dom einnimmt, der Amtseinführung von Erzbischof Bentz beiwohnt, um dann mit ihm, seinem neuen Chef, anzustoßen auf neue Zeiten.
„Anschließend an die Amsteinführung und den Gottesdienst wird ganz gelöst gefeiert, bevor der Alltag im Amt losgeht“, verspricht Erzbischof Udo Markus Bentz schon am Mittag einen fröhlichen Tagesausklang. Am Montag, das verrät Erzbischof Bentz noch, werde er vor allem Dankesbriefe schreiben. „Und meine Eltern, die hier sind, haben auch noch nicht viel von mir gehabt“, sagt der neue Erzbischof. Er will sich kümmern.