Kirchveischede. Deftige Worte beim Politischen Aschermittwoch der NRW-CDU im Sauerland: Wie der NRW-Ministerpräsident seine Partei begeistert.
Bier, Blasmusik, Brachialrhetorik: Das ist der politische Aschermittwoch. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) kommt ins Sauerland, eigentlich hat die Fastenzeit begonnen, aber Verbal-Diät steht hier und heute nicht auf dem Programm. Beobachtungen in der proppenvollen Schützenhalle in Lennestadt-Kirchveischede, wo die NRW-CDU traditionell ihren politischen Aschermittwoch feiert.
Politische Inhalte:
Wüst wirbt in Kirchveischede erneut für eine „Allianz der Mitte“ in der Asylpolitik. Alle Demokraten auf allen staatlichen Ebenen müssten gemeinsam für tragfähige Lösungen eintreten, fordert er. Zentrale Ziele seien, den Menschen zu helfen, die vor Krieg und Vertreibung fliehen, irreguläre Migration zu beenden, Kommunen nicht zu überfordern und das Sterben im Mittelmeer zu beenden. Im Frühjahr sei wieder mit steigenden Flüchtlingszahlen zu rechnen. „Dann fragen die Menschen zu Recht: Was ist passiert?“, sagt Wüst. Nötig seien neue Ansätze in der Migrationspolitik. Viel konkreter wird er nicht.
Wüst betont, dass bei der Europawahl im Juni viel auf dem Spiel stehe. Kein Land profitiere von diesem Europa mehr als Deutschland. Der größte Feind Europas in Deutschland sei die AfD. Sie wolle aus der Nato und aus der EU aussteigen. Ein EU-Austritt würde zwei Millionen Arbeitsplätze in Deutschland zerstören. „Da bekommen die drei Buchstaben AfD eine ganz andere Bedeutung. AfD heißt: Armut für Deutschland“, sagt Wüst.
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Der Bundesregierung wirft der Ministerpräsident vor, den Aufstieg der AfD zu begünstigen. Die Ampel-Koalition sei unfähig, die Probleme der Menschen zu lösen, ihnen die Sorgen zu nehmen und Zuversicht zu geben. „Das macht die Extremisten stark“, sagte Wüst. Seit Antritt der Ampel hätten sich die bundesweiten Umfragewerte der AfD verdoppelt. „Die Ampel muss endlich kapieren: Demonstrieren ersetzt kein Regieren. Haltung ersetzt kein Handeln.“
Südwestfalen-Faktor:
Wüst betont, dass die Ampel in Berlin den ländlichen Raum als „Restgröße“ ignoriere. Das müsse aufhören, sonst gebe es bald eine neue Bauernregel: „Wer den Menschen Mist erzählt, wird von ihnen abgewählt.“ Auf die gesperrte Autobahn 45 geht er kurz ein, sagt das, was er vor einem Jahr an gleicher Stelle schon gesagt hat: Planung und Genehmigung müssten schneller werden. Der Pakt für Planungsbeschleunigung von Bund und Ländern sei ein guter Anfang.
Gegner:
Wüst erklärt die AfD zum politischen Hauptgegner, und das nicht nur bei der Europawahl. Es sei Aufgabe der CDU auszusprechen, welche Gefahr „von diesen Rechtsextremisten“ ausgehe.
Neuigkeitswert:
Fast gleich null. Wüst wiederholt, dass bei der schulischen Bildung in NRW nicht gespart werde, das hat er vor genau einem Jahr auch schon gesagt. Er lobt die Polizei, auch für ihren Einsatz in der Karnevalszeit. Aber um Neues geht es beim Aschermittwoch ja gar nicht. Sondern darum, die Reihen zu schließen. Und: Wiederholung stärkt das Verständnis. Gleichwohl fällt es CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak schwer, die Stimmung auf Wüst-Niveau zu halten. Der Iserlohner gibt üblicherweise den Einpeitscher. Heute ist das anders, denn Wüst muss weg zu einem anderen Termin.
Resonanz:
Rund 500 Gäste haben sich auf den Weg nach Kirchveischede gemacht, zum Teil mit Bussen aus dem Ruhrgebiet. Mehrfach gibt es Szenenapplaus, zum Beispiel als Wüst sagt: „Wir brauchen eine Politik für die Fleißigen, mit Anreizen, arbeiten zu gehen, statt zu Hause zu bleiben.“ Oder nach seinem Appell: „Für uns gilt: Patriotismus statt Populismus. Respekt statt Rassismus. Herz statt Hetze.“ Am Ende seiner gut 40-minütigen Rede applaudieren die Menschen im Stehen.
Protest:
Draußen vor der Schützenhalle steht ein einsamer Traktor mit einem Plakat; Parkplatzchaos herrscht auch ohne ihn. Landwirte aus der Region wollen nach der Veranstaltung ein Positionspapier übergeben. Die Bauern demonstrieren hier sehr zurückhaltend, anders als in Biberach, wo der politische Aschermittwoch der Grünen aufgrund massiver Bauernproteste abgesagt werden muss. Wüst sagt, der Umgang der Ampel-Koalition mit den Landwirten sei respektlos. Die Politik müsse ihnen wieder eine Perspektive geben. Landwirtschaft sichere auch die Souveränität unseres Landes. Wüst: „Die Ampel muss aufhören, über Bauern zu sprechen. Sie muss mit den Bauern sprechen, und zwar auf Augenhöhe.“
Zitat des Abends:
Hendrik Wüst: „Schön, dass Sie den Valentinstag mit Ihren Liebsten verbringen. Mit uns.“
Warum eigentlich?
Weil es unter dem Strich doch ganz lustig ist, der nordrhein-westfälischen CDU-Prominenz zu lauschen. Weil man den Herren aus der Parteizentrale - Damen sind nicht dabei - näher kommt als bei Fernsehübertragungen. Und weil es Bier und Blasmusik gibt.