Winterberg. Die millionenschweren Pläne für ein Fünf-Sterne Haus sind geplatzt. Wie es jetzt mit dem Clubhotel Sauerland weitergeht.

Dass das ein guter Tag für ihn und seine Mitarbeiter ist, weiß Siegfried Tausch am Mittwochmorgen noch gar nicht. Der Inhaber des Clubhotels Hochsauerland in Winterberg ist in seiner Herberge telefonisch zu erreichen. „Nee, hab ich noch nicht mitbekommen“, sagt er auf die Frage, ob er schon gehört habe, dass die Zukunft seines Betriebs vorerst gesichert ist. „Aha“, sagt er dann erstaunlich ungerührt. Mehr ist am Tag nach der Neuigkeit nicht aus ihm herauszubekommen.

Dem Partyhotel drohte der Abriss - zugunsten einer Nobelherberge

Dabei handelt es sich um eine Entwicklung, die nicht nur ihn stark betrifft, sondern die gesamte Tourismus-Region Sauerland: Seit fünf Jahren betreibt Tausch das Clubhotel auf dem Großen Saukopf, einer 700 Meter hohen Erhebung im Winterberger Ortsteil Hoheleye. Eine Location, einst Kur-Klinik, für Partytouristen: Gruppenkurzreisen, Kegelvereine, Knobelgruppen, Junggesellenabschiede, sowas. Prost und Wohlsein. Eine Location, der der Abriss drohte.

„Das geplante Fünf-Sterne-Hotel wäre eine sehr gute Ergänzung für die Hotellandschaft in unserer Stadt und ein weiterer Leuchtturm für die Region gewesen.“
Michael Beckmann, Bürgermeister in Winterberg

Denn trotz eines gültigen Mietvertrages bis 2033 plante der weltweit agierende Hamburger Hotelier und Unternehmer Gert Prantner auf diesem Grund den Bau eines luxuriösen Fünf-Sterne-Hotels. Investitionssumme: circa 60 Millionen Euro. Der Winterberger Rat hatte dem Bau schon zugestimmt. Auch davon erfuhr Tausch vor etwas mehr als einem Jahr aus der Zeitung. Wie heute vom Aus der Pläne. Prantner fand wegen der derzeit hohen Kreditzinsen und den steigenden Baukosten keinen Investor.

Nachdem sich Tausch in die neue Sachlage eingelesen hat, will er doch lieber nichts mehr sagen. Seine Frau wimmelt den Anrufer ab: „Wir sind erleichtert. Hier geht es weiter wie bisher.“ Ende des Gesprächs.

Ein Leuchtturm für die Region - der nun erstmal nicht realisiert wird

Weiter wie bisher - das genau ist ja die Frage. War das eine einmalige Gelegenheit, die Winterberg beim Schopfe packen wollte? Die Nobelherberge mit angedachten 108 Zimmern und Suiten, Restaurants sowie Spa- und Wellness-Bereichen war eines der ambitioniertesten Projekte in der Region. Oder soll das Clubhotel Hochsauerland als bekannte Anlaufstelle für Partytouristen mittelfristig ohnehin aus der Stadt verbannt werden?

„Das geplante Fünf-Sterne-Hotel wäre eine sehr gute Ergänzung für die Hotellandschaft in unserer Stadt und ein weiterer Leuchtturm für die Region gewesen“, bedauert Winterbergs Bürgermeister Michael Beckmann die Entwicklung. „Das wäre für das Sauerland ein schöner Werbeeffekt gewesen und hätte sicherlich deutschlandweit für positive Aufmerksamkeit gesorgt“, findet Rouven Soyka, Sprecher des Sauerlandtourismus.

Mietvertrag bis 2033: Das sagt der Vermieter des Clubhotel-Geländes

Aber geht es jetzt wirklich weiter wie bisher für Tausch und sein Hotel? Der PSI Grundstücksentwicklungs- und Beteiligungsgesellschaft GmbH in Wachtendonk gehört das Gelände, auf dem das Clubhotel Hochsauerland von Siegfried Tausch betrieben wird. Von dort heißt es auf Nachfrage dieser Redaktion: „Wir bedauern, dass Herr Prantner sein Projekt in Winterberg nun doch nicht realisieren kann. Das geplante Hotel und Freizeitangebot wäre sicherlich eine Bereicherung für die Region gewesen.“

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Fest steht aber: Die Immobilie soll veräußert werden. Und Prantner war offenbar nicht der einzige Interessent. Hinter den Kulissen wird weiterhin verhandelt. „Angesichts der aktuell schwierigen Rahmenbedingungen bei der Investorensuche für größere Projekte führt die PSI natürlich auch Gespräche mit anderen Interessenten über einen Verkauf der Immobilie weiter“, sagt der Pressesprecher. Vom Käufer und dessen Plänen, die nicht zwingend etwas mit Gastronomie und Hotellerie zu tun haben müssen, hängt auch die Zukunft des Clubhotels Hochsauerland ab.

Tauschs Anwalt - Daniel Maximilian Dose aus Attendorn - verwies schon vor einem Jahr auf den gültigen Mietvertrag seines Mandanten. „Eine fristlose Kündigung des bis 2033 laufenden Mietvertrages ist nur möglich, wenn vertraglich oder gesetzlich genau definierte Kündigungsgründe vorliegen.“

Im Gespräch mit seinem Anwalt Daniel Maximilian Dose: Clubhotel-Betreiber Siegfried Tausch (rechts) bei einem Termin im Dezember 2022.
Im Gespräch mit seinem Anwalt Daniel Maximilian Dose: Clubhotel-Betreiber Siegfried Tausch (rechts) bei einem Termin im Dezember 2022. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar

Das vorläufige Scheitern der Winterberger Pläne überrascht den Tourismus-Experten Jürgen Schmude nicht. „Wir haben grundsätzlich ein Problem mit Großprojekten - auch mit touristischen - in Deutschland und die fallen dann nochmals stärker aus, wenn zunächst das Projekt entwickelt wird und dann erst der passende Investor dazu gesucht wird“, sagt der frühere Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsgeographie und Tourismusforschung an der Universität München: „Besser ist es, das Projekt gemeinsam mit einem Investor zu entwickeln.“

Schlechtestenfalls handele es sich laut Schmude nun um eine verpasste Chance für Winterberg. Denn: „Den Trend zum Qualitätstourismus beobachten wir weiterhin. Auf der Nachfrageseite fällt die Konsumbereitschaft beim Reisen ungebrochen hoch aus. Und auf der Angebotsseite versuchen immer mehr Destinationen sich vom quantitativen zum qualitativen Wachstum umzuorientieren.“

Die Pläne für das Fünf-Sterne-Hotel sind erstmal ad acta gelegt: Wie Eiskristalle, die „etwas Wertvolles behüten“, sollten laut Plan drei Gebäude nach allen Seiten weithin sichtbar den Hangrücken prägen.
Die Pläne für das Fünf-Sterne-Hotel sind erstmal ad acta gelegt: Wie Eiskristalle, die „etwas Wertvolles behüten“, sollten laut Plan drei Gebäude nach allen Seiten weithin sichtbar den Hangrücken prägen. © Brilon | architekt

Ein Trend, der auch in der Region zu besichtigen ist, wo zum Beispiel Willingen, einst als Ballermann des Sauerlands verschrien, seit Jahren um einen Imagewandel bemüht ist. „Wie viele Orte es sind, die versuchen ihr Image zu verändern - und wie ernsthaft und geschlossen sie das betreiben -, kann ich nicht sagen“, meint Freia Stening, Leiterin Verkauf bei Müller-Touristik, Deutschlands führendem Veranstalter für Gruppenkurzreisen. „Aber wer hat denn diese Orte groß gemacht? Unsere Partygäste sorgen im jeweiligen Ort mit Sicherheit für mehr Umsatz als Wellnessurlauber.“

Einen größeren Wandel oder gar das Ende des Geschäftsmodells kann die Expertin nicht erkennen - im Gegenteil. „Den Markt für Party-Tourismus wird es immer geben. Gerade jetzt nach Corona sehen wir, dass die Menschen großen Nachholbedarf haben. Wir haben sehr gute Buchungszahlen.“ Ende August kämen immer ihre beiden Reisekataloge heraus. „Wir hatten in den ersten zwei, drei Monaten eine so große Nachfrage, dass wir außerplanmäßig und vermutlich erstmals einen dritten Zusatzkatalog herausbringen.“