Willingen. Der Skywalk Willingen zieht das internationale Publikum ins Sauerland, der Tourismus boomt. „Was die Brücke ausgelöst hat, ist beeindruckend.“
Die ganze Sache begann mit einem Satz eines Hoteliers aus Willingen, ausgesprochen im Sommer 2016. Da war der Mann gerade aus Österreich zurück, von der Highline 179, einer Hängebrücke für Fußgänger in Tirol. Arndt Brüne hat den Satz so in Erinnerung: ,Da schwebt eine Brücke im Himmel - sowas brauchen wir auch!’
Zweitlängste Fußgänger-Hängebrücke der Welt
Sieben Jahre später steht jener Arndt Brüne oberhalb des Strycktals in Willingen. Er ist mittlerweile Geschäftsführer des Skywalks Willingen, der zweitlängsten Fußgänger-Hängebrücke der Welt, die sich über das Tal spannt. Als sie eröffnet wurde, berichtete die ARD live.
Das war vor ziemlich genau drei Monaten. Seitdem schwebt da nicht nur eine Brücke im Himmel, sondern halb Willingen. „Jetzt bin ich unendlich stolz und dankbar, dass sie da ist und dass sie funktioniert“, sagt Brüne.
Amerikaner, Kanadier, Polen: Viele internationale Gäste auf dem Skywalk Willingen
Während er das sagt, stehen die Menschen unten im Tal Schlange am Kassenautomaten, um auf den Berg zu kommen. Wo die alle herkommen? Die Autokennzeichen auf dem Parkplatz reichen von Hamburg im Norden bis Kulmbach in Bayern im Süden, von Holland im Westen bis Leipzig im Osten. „Wir haben auch einen hohen Anteil an internationalem Publikum. Amerikaner und Kanadier, Polen, russisch sprechende Personen“, sagt Brüne: „Ab 16.30 Uhr sind viele Asiaten hier und auch Muslime in traditioneller Kleidung. Die machen sich nicht selten nach der Arbeit aus dem Ruhrgebiet auf den Weg.“ Über konkrete Zahlen spricht Brüne weniger gern. „Ich bin absolut positiv überrascht, wie gut das bisher läuft“, sagt er nur. Und dass die eigenen Erwartungen 100.000 Besucher im Jahr seien.
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Norbert Lopatta ist ein freundlicher Mann mit Brille und kurzem Haar. Er ist der oberste Tourismus-Manager von Willingen - und nicht weniger als entzückt ob der neuen Attraktion. „Wir erleben gerade einen richtigen Hype. Allein im Juli waren es offenbar 50.000 Besucher“, sagt Lopatta. „Vielleicht sind die Erwartungen also schon jetzt erfüllt.“
Berichte über den Skywalk in Vietnam, Portugal, Schweiz, Österreich
Natürlich weiß er, dass die Euphorie des Anfangs auch schnell abebben kann. Aber auch vom langfristigen Erfolg ist er überzeugt. 1,1 Millionen Übernachtungen verzeichnet Willingen in normalen Jahren. 2023 könnte diese Zahl sogar überboten werden. „Was die Brücke ausgelöst hat, ist schon beeindruckend. Wir dachten, dass es nach den Sommerferien in NRW ruhiger würde – wurde des nicht. Wir dachten, dass es nach den Sommerferien in Hessen ruhiger würde – wurde es nicht“, sagt Lopatta: „Wir haben den Ort jetzt von montags bis sonntags gut besucht.“ Mehr Gastronomiebetriebe seien dazu übergangenen, auch Mittagskarten anzubieten, weil es sich zu lohnen beginne.
Eine Agentur überwacht, wie oft und wo das 4-Millionen-Euro-Projekt in den Medien Erwähnung findet. Im Ausland ganz vorn dabei: Vietnam, Portugal, Tschechien, Schweiz, Österreich – allesamt Länder, die selber mit einem Bauwerk am Rennen der Superlativbrücken teilnehmen (siehe Hintergrund unten). Aber auch in Großbritannien und den skandinavischen Ländern wird über das Willinger Bauwerk berichtet, das manchmal so hübsch unter dem Wind oder der Last der Besucher wackelt, dass es besorgte Anrufe aus dem Tal gegeben hat, ob das alles so richtig sei.
Skywalk Willingen: Erst Überwindung, dann ein Erlebnis
Ist es. Aber für manche ist das zu viel. Wie für Stefanie (37) und Matthias Krause (46) aus Marburg. „Die Höhe ist ok, aber das Wackeln ist heftig“, sagt er. „Uns war klar, dass uns das Überwindung kostet, aber wir wollten es wenigstens ausprobieren“, sagt sie. Sie wandern gern und haben eine Woche Wellness in Willingen gebucht. Das Ticket für den Skywalk war mit drin. Das Gesamtpaket hatte sie überzeugt, erstmals nach Willingen zu kommen.
Gleich zu fünft ist Familie Hering aus Aachen angereist. Patrick (38) und Elke (35) mit den Kindern Anton (4), Luise (2) und Malea (2 Monate). „Es hat mich Überwindung gekostet, aber das war mal ein Erlebnis“, sagt der Papa, dem es zwischendurch mulmig wurde. Sie sind zum ersten Mal in Willingen.
Gold wert für den Tourismus-Manager: Gäste, die zum ersten Mal anreisen
Das sei ja das Schöne, sagt Lopatta, der Tourismusmanager. „Wir haben jetzt noch mehr Gäste, die zum ersten Mal zu uns kommen, das ist natürlich Gold wert, gerade weil wir etwas weg wollen vom Party-Tourismus.“ Willingen gilt am Wochenende als Ballermann des Sauerlands, wo Party und Ausgelassenheit zu Hause sind. Zum Leidwesen mancher Bewohner.
Die neue Brücke soll beim Imagewandel helfen. „Manche der neuen Gäste sind Tagesbesucher, andere bleiben mehrere Tage oder eine Woche. Aber bei allen gilt: Der Besuch der Brücke dauert eine Stunde oder etwas mehr. Davor oder danach haben die Leute noch Zeit, in den Ort zu gehen und sehen, was der alles zu bieten hat.“
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Mit 665 Metern Länge ist der Skywalk Willingen die längste Fußgänger-Hängebrücke Deutschlands und zweitlängste der Welt. Sie verläuft in 100 Metern Höhe über dem Talboden. Der Eintritt kostet für Erwachsene (ab 16 Jahre) 11 Euro und für Kinder (6 bis 15 Jahre) 8,50 Euro. Vier armdicke Stahlseite, die 24 Meter teif auf jeder Seite des Hangs im Berg befestigt sind, tragen den Skywalk Willingen.
Das Internet-Lexikon Wikipedia führt die längsten Hänge- und Seilbrücken der Welt auf:
1. Sky-Bridge (Tschechien)721 m
2. Skywalk (Willingen)665
3. Bach-Long (Vietnam)632
4. Pont Tibetà (Andorra)603
5. Baglung-Parbat (Nepal)567
6. 516 Arouca (Portugal)516
7. Charles Kuonen (Schweiz)494
8. Titan RT (Oberharz)483
9. Skybridge (Russland)439
10. Highline 179 (Österreich)403