Winterberg. Der Winterberger Rat hat dem Bau eines Fünf-Sterne-Hotels im Ortsteil Hoheleye zugestimmt. Würde das Sauerland von dem Projekt profitieren?

Die Stimmung im Partybus ist ausgelassen, als er am Hotel in Winterberg-Hoheleye vorfährt. Fröhliche Menschen steigen aus, begleitet von den Klängen des Fetenhits „Mama Laudaaa“. 50 Meter weiter betreten sie den Haupteingang des Clubhotels Hochsauerland, an dessen wechselvoller Standort-Geschichte sich einst auch die Pforte einer Kurklinik befand.

Jetzt empfangen dort Alkoholgeruch und der Schlager „Mendocino“ die meist über 50-jährigen Party-Touristen. Ein ganz normaler Samstag im Clubhotel Hochsauerland: Während eine DJane im Foyer altbewährte Hits auflegt, nutzen Gäste bereitwillig das All-inclusive-Angebot. Das Motto findet sich auf einem Hinweiszettel an einer Wand: „Bitte beachten: Es gilt leeres Glas gegen volles Glas.“

108 Zimmer und Suiten geplant

Der Entwurf des geplanten Fünf-Sterne-Hotels stammt von dem renommierten Südtiroler Architekten Markus Tauber.
Der Entwurf des geplanten Fünf-Sterne-Hotels stammt von dem renommierten Südtiroler Architekten Markus Tauber. © Architekt

Es mutet surreal an: Hier, am Großen Saukopf, so heißt die Erhebung, soll nach dem Willen des Hamburger Investors Gert Prantner das Party-Hotel mit dem Chic einer Klinik abgerissen werden und ein Fünf-Sterne-Luxushotel mit 108 Zimmern und Suiten, Restaurants und Spa- und Wellness-Bereichen entstehen. Für 60 Millionen Euro. Passt eine solche Nobel-Herberge ins bodenständige Sauerland?

Der Ort Hoheleye ist mit seinen gut 20 Einwohnern das kleinste „Höhendorf“ in Winterberg. Biegt man von der B 480 zwischen Lange- wiese­ und Bad Berleburg auf die Zufahrt zum Clubhotel ab und erreicht den 700 Meter hohen „Erlebnisberg“ (Eigenbeschreibung), zeigt sich das Sauerland von seiner schönsten Seite.

Ein weiter Blick auf das Sauerland

Der Blick ist weit im herrlich beschaulichen Nirgendwo, und es herrscht Natur pur. „Eine exponierte Lage“, sagt Andreas Deimann vom gleichnamigen Betrieb in Schmallenberg-Winkhausen, bislang einziges Fünf-Sterne-Hotel im Sauerland.

Der Hotelchef ist vergnügt am Telefon, als er gerade mit 30 Hausgästen wandert. „Das Konkurrenzdenken ist bei uns Sauerländern nicht sehr ausgeprägt“, sagt er und sendet einen Willkommensgruß: „Ich begrüße die Pläne, freue mich über jeden, der mit Qualität für eine gute Außenwirkung sorgt.“ Einzige Kehrseite: „Der Wettbewerb um Fachkräfte in unserer Branche verschärft sich noch einmal.“

Aufwertung für die heimische Tourismusregion

Jürgen Schmude hat den Lehrstuhl für Wirtschaftsgeographie und Tourismusforschung an der Uni München geleitet. „Ein Fünf-Sterne-Hotel wertet eine Destination wie das Sauerland auf“, sagt er. Da es dort bisher nur ein Hotel auf diesem Niveau gebe, werde es nicht zu massiven Verdrängungsprozessen kommen. Zudem: „Oft ist zu beobachten, dass ein neuer Wettbewerber die ,alteingesessenen‘ Betriebe stimuliert, ihr eigenes Angebot zu überdenken und gegebenenfalls zu modernisieren.“

Schmude sieht einen „klaren Trend zu höherwertigen Angeboten (Qualität statt Quantität) und zum Inlandstourismus“. Zudem sei die Ausgabenbereitschaft für Freizeit und Urlaub in den letzten Jahren gestiegen.

Grünes Licht vom Winterberger Bauausschuss

Von der Bundesstraße 480 geht es ab auf einen Fahrweg zum Clubhotel Hochsauerland.
Von der Bundesstraße 480 geht es ab auf einen Fahrweg zum Clubhotel Hochsauerland. © Rolf Hansmann

Der Rat der Stadt Winterberg hat in seiner Sitzung am Dienstag, 25. Oktober, dem geplanten Hotelprojekt zugestimmt. Der Bauausschuss hatte sein OK bereits gegeben. Die Betreiber des Clubhotels Hochsauerland wollen sich gegenüber dieser Zeitung nicht äußern.

Nach unseren Informationen hat sie der Vermieter noch nicht über einen möglichen Abriss in Kenntnis gesetzt. Von den Plänen sollen sie aus einem Bericht in dieser Zeitung erfahren haben. Sowohl bei den Mitarbeitern (drohender Jobverlust) als auch bei Gästen dürfte die Verunsicherung groß sein.

Einweihung des Hotels könnte bereits in drei Jahren erfolgen

Wie der Architekt des Fünf-Sterne-Hotels, der Südtiroler Markus Tauber, dieser Zeitung sagte, könnte die Einweihung bereits in drei Jahren sein. Nach seinen Plänen soll es in der obersten Etage eine 200 Quadratmeter große „Königssuite“ geben.

Taubers Auftraggeber, Investor Prantner, verspricht, dass sein Projekt „die ganze Region aufwertet“. Der gebürtige Südtiroler, Hotelier, Immobilien- und Projektentwickler sowie Gesellschafter der Prantner & Cie GmbH, ist ein „in der Hotelbranche sehr bekannter Player“, so Andreas Deimann.

Betreiber noch nicht bekannt

Den Schmallenberger Unternehmer interessiert auch, wer nach der Fertigstellung das Fünf-Sterne-Hotel am Rothaargebirge, gut 12 Kilometer vom Winterberger Zentrum entfernt, betreiben wird. Das steht Investor Prantner zufolge noch nicht fest.

Grundsätzlich, so Deimann, schätzen Gäste, die im ländlichen Raum Urlaub machen, persönliche Ansprache und eine familiäre Atmosphäre. „Das können Privathotels besonders gut bieten.“

Werbewirkung für das Sauerland

Und was sagt man beim Sauerland Tourismus? „Wir freuen uns, dass ein privater Investor in schwierigen Zeiten (Energiekrise, allgemeine Preissteigerungen) Potenzial in der Region sieht“, sagt Sprecher Rouven Soyka.

Ein Fünf-Sterne-Hotel hätte eine große Werbewirkung: „Es stärkt unsere Region, wenn wir wegen der guten Qualität unserer Betriebe wahrgenommen wird.“

Das kann Hotelchef Andreas Deimann nur unterstreichen: „Das Sauerland wird langfristig vom Trend zum Inlandstourismus profitieren“, sagt er, „wir dürfen nicht vergessen, dass 20 Millionen Menschen innerhalb von zwei Stunden bei uns sein können.“