Berlin. Bluthochdruck und Diabetes erhöhen das Risiko für schwere Nierenerkrankungen. Trotzdem werden wichtige Tests nicht gemacht, warnen Experten.
Millionen Menschen mit Typ-2-Diabetes oder Bluthochdruck haben ein erhöhtes Risiko für eine chronische Erkrankung der Nieren, kurz CKD. Durch einfache Tests kann diese frühzeitig erkannt werden. Warum CKD so gefährlich ist, welche Medikamente helfen und wie eine gute Vorsorge aussehen könnte: Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Was ist die chronische Nierenkrankheit?
In Deutschland leiden nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) etwa zehn Millionen Menschen an CKD. Dabei handelt es sich um eine schwere Erkrankung, die zu einem fortschreitenden Verlust der Nierenfunktion führt. Im Endstadium sind die Betroffenen auf eine regelmäßige Blutwäsche oder eine Nierentransplantation angewiesen.
Darüber hinaus steigt mit abnehmender Nierenfunktion das kardiovaskuläre Risiko stark an, die Wahrscheinlichkeit also, etwa einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden. Eine Prognose zur Entwicklung der häufigsten Todesursachen aus dem Jahr 2018 zeigt, dass CKD in Deutschland bis 2040 zur fünfthäufigsten Todesursache werden könnte.
Was sind die Ursachen für CKD?
Laut DGfN sind Diabetes mellitus und Bluthochdruck die Hauptauslöser für eine CKD. Daneben gebe es weitere Ursachen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Übergewicht oder Rauchen. Viele Betroffene wüssten jedoch nichts von ihrer Erkrankung, auch weil bis zu 90 Prozent des Nierenfunktionsverlustes ohne Symptome verlaufen könnten.
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Welche Tests weisen auf CKD hin?
Es gibt zwei Tests: Bei der sogenannten eGFR-Bestimmung wird das Blut auf Serumkreatinin untersucht und damit die Leistungsfähigkeit der Nieren bestimmt. Beim UACR-Test wird die Menge an Albumin, einem Eiweiß, im Urin gemessen. Tritt Albumin über das Filtersystem der Nieren in den Urin aus, heißt das, dass das Filtersystem beschädigt sein kann.
„Durch den Nachweis von Albumin im Urin ist es möglich, die Diagnose einer CKD viel früher zu stellen als durch die alleinige Betrachtung der eGFR. Denn es ist häufig das erste Anzeichen für eine Schädigung der Nierengefäße“, sagt Prof. Julia Weinmann-Menke, DGfN-Sprecherin und Direktorin der Klinik für Nephrologie, Rheumatologie und Nierentransplantation am Universitätsklinikum Mainz.
Wer sollte die Tests machen?
In der aktuellen internationalen Behandlungsleitlinie ist die Empfehlung enthalten, bestimmte Risikopersonen auf eine Nierenerkrankung zu untersuchen. „Dazu gehören vor allem Menschen mit Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Adipositas, bekannten Nierenkrankheiten in der Familie und einer vorausgegangenen Nierenschädigung“, sagt Weinmann-Menke.
Neben einer Vielzahl internationaler Studien zeigte aber auch eine Studie für Deutschland: Nur bei 45,5 Prozent der Risikopatientinnen und -patienten wurde der eGFR-Wert in der Hausarztpraxis bestimmt. Eine Albuminbestimmung mit Teststreifen erhielten nur 7,9 Prozent der Patientinnen und Patienten und eine quantitative Albuminbestimmung sogar nur 0,4 Prozent der Betroffenen. „Das ist tragisch, denn seit einigen Jahren stehen wirksame Medikamente zur Verfügung, mit denen wir das Fortschreiten der CKD vor allem auch in frühen Stadien verzögern oder sogar stoppen können“, sagt Weinmann-Menke.
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Für die routinemäßige Früherkennung bei Nicht-Risikogruppen können der Expertin zufolge spezielle Urinteststreifen als Screening eingesetzt werden. Die DGfN plädiert für ein grundsätzliches Screening im Rahmen der von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlten Gesundheitschecks ab dem 35. Lebensjahr.
„Wenn es gelingt, regelmäßige Früherkennungsuntersuchungen einzuführen, die Patientinnen und Patienten über ein Disease-Management-Programm zu begleiten und die medikamentösen Optionen zu nutzen, ist davon auszugehen, dass es in Zukunft weniger Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener CKD und damit weniger Dialysen, Bluthochdruck, Schlaganfälle und weniger Herzinfarkte geben wird“, sagt DGfN-Generalsekretärin Dr. Nicole Helmbold.
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Mit den sogenannten SGLT-2-Hemmern für alle Menschen mit CKD, den nicht-steroidalen Mineralkortikoid-Rezeptor-Antagonisten für Diabetiker mit CKD und den bald zugelassenen GLP-1-Rezeptor-Agonisten für CKD bei Typ-2-Diabetes gebe es erstmals Therapieoptionen, die den Verlust der Nierenfunktion verlangsamen, erklärt Weinmann-Menke. „Mit diesen Behandlungen kann auch die Prognose der Betroffenen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbessert werden.“