Berlin. Ein neuer Test kann in Minuten erkennen, ob Menschen mit Brustschmerz einen Herzinfarkt haben. Er funktioniert in Kombination mit KI.
Starke Schmerzen in der Brust, Atemnot oder Panik sind wesentliche Symptome eines Herzinfarkts. Der Verdacht auf einen Infarkt ist in Deutschland die häufigste Ursache, weshalb Menschen in die Notaufnahme eingeliefert werden. Doch in mehr als 75 Prozent der Fälle stellt sich heraus: falscher Alarm.
Ein neuer, in Deutschland mitentwickelter Test kann nun schneller und sicherer einen Infarkt ausschließen als herkömmliche Verfahren. Das berichtet das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Die entsprechenden Studienergebnisse wurden im Fachmagazin „Lancet Digital Health“ veröffentlicht.
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Herzinfarkt: Algorithmus berücksichtigt Alter und Geschlecht
Um einen akuten Herzinfarkt zu erkennen, wird derzeit laut internationaler Leitlinie der Troponinwert im Blut des Betroffenen ermittelt. Troponin ist ein Eiweißkomplex, das ausschließlich im Herzmuskel vorkommt und bei dessen Schädigung ins Blut gelangt. Der Auswertung laborbasierter Tests dauert bis zu 60 Minuten.
Forscherinnen und Forscher des Universitären Herz- und Gefäßzentrums des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) sowie der gemeinnützigen Aktiengesellschaft Cardio-Care in Davos (Schweiz) haben einen neuen Troponintest entwickelt, der in Kombination mit Künstlicher Intelligenz auch ambulant durchgeführt werden kann und innerhalb von acht Minuten ein Ergebnis liefert. „Die Innovation könnte zu einer Entlastung der Notaufnahmen beitragen“, teilt das UKE mit.
Studie wertet Daten zu 2500 Patienten aus
Die Forscher konnten nachweisen, dass mittels des neuen Schnelltests eine präzise, effiziente Herzinfarktdiagnostik möglich ist, wenn dieser in einen KI-Algorithmus eingebettet wird. Dieser Algorithmus berücksichtigt sechs individuelle Faktoren der Betroffenen, darunter Alter und Geschlecht.
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Der kombinierte Schnelltest war den Angaben zufolge dem standardmäßig empfohlenen Diagnoseverfahren überlegen. Für ihre Studie nutzten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Daten von mehr als 2500 Patientinnen aus den USA und Australien.
Die Sicherheit beträgt nahezu 100 Prozent
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass mithilfe des Algorithmus bei mehr als doppelt so vielen Patientinnen und Patieten schneller ein Herzinfarkt ausgeschlossen werden kann als mit den in den herkömmlichen Leitlinien empfohlenen Diagnoseverfahren“, sagt Erstautorin Dr. Betül Toprak von der Kardiologie des Universitären Herz- und Gefäßzentrums des UKE laut Mitteilung. Die Sicherheit sei dabei gleichbleibend hoch und betrage nahezu 100 Prozent. Auch bei etwa jedem fünften Patienten mit frühem Brustschmerz, bei denen gemäß Leitlinie bisher eine zweite Troponinmessung nach ein oder zwei Stunden obligatorisch gewesen sei, hätte der Algorithmus den sicheren Ausschluss eines Herzinfarkts ermöglicht.
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„Perspektivisch kann der Einsatz von KI in Kombination mit dem Schnelltest zu einer Entlastung der Notaufnahmen der Krankenhäuser beitragen“, sagt Studienleiter und UKE-Chefkardiologe Prof. Stefan Blankenberg. Patienten mit geringem Herzinfarktrisiko könnten in ambulanten oder geografisch isolierten Versorgungsbereichen sicher erkannt werden. Wann der Test eingesetzt werden kann, darüber machten UKE und DZHK keine Angaben.