Berlin. Beim TV-Duell stritten Alice Weidel und Sahra Wagenknecht über Migration, Soziales und Russland. Doch in vielen Punkten herrschte Einigkeit.
Alice Weidel und Sahra Wagenknecht sind die Frontfrauen des deutschen Populismus. Die eine ist Kanzlerkandidatin der in Teilen rechtsextremen AfD, die andere ist Namensgeberin und Gesicht einer Partei, bei der niemand so genau weiß, wofür sie eigentlich steht – außer halt für Sahra Wagenknecht. Bei den Landtagswahlen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen zeigte sich aber zuletzt, wie gut das ankommt. Bis zu 15,8 Prozent wählten das Bündnis Sahra Wagenknecht bei den Ostwahlen. Weidels AfD lag sogar einmal bei 32,8 Prozent – und gewann damit die Wahl in Thüringen.
Name | Sahra Wagenknecht |
Geburtsdatum | 16. Juli 1969 |
Partei | ehemals Die Linke (vormals SED und PDS), Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) |
Parteimitglied seit | 1989 (SED) bis 2023 (Die Linke), seit 2024 BSW |
Familienstand | verheiratet, keine Kinder |
Ehemann | Oskar Lafontaine |
Wohnort | Merzig (Saarland) |
Am frühen Mittwochabend kam es zum TV-Duell der beiden Politikerinnen. WELT TV-Chefredakteur Jan Philipp Burgard hatte geladen, Wagenknecht und Weidel nutzten die gebotene Bühne gerne. Auf dem Programm standen Migrations- und Wirtschaftspolitik, der Ukraine-Krieg und der Nahostkonflikt.
Migrationspolitik: Weniger Asylanträge, konsequenter abschieben
Wenig überraschend schlug Alice Weidel harte Töne gegenüber Migranten an. Die AfD-Bundessprecherin fiel schon in der Vergangenheit mit Aussagen zu „Kopftuchmädchen“ und „Messermännern“ auf und hielt sich auch im TV-Duell nicht mit stark verallgemeinernden Kommentaren zurück. Kernaussage: „Wir würden die Leute erst gar nicht reinlassen.“
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Auch Wagenknecht hatte sich bereits in der Vergangenheit kritisch gegenüber dem aktuellen Asylsystem geäußert. Diese Kritik wiederholte sie, wurde aber deutlich weniger drastisch als ihr Gegenüber, dem sie vorwarf, Ressentiments zu schüren. Dennoch: Die Anzahl der Asylbewerber in Deutschland müsse auch durch den Abbau von Sozialleistungen stark eingedämmt und Abschiebungen konsequenter vollzogen werden. Darin waren sich beide einig.
Wirtschaftspolitik: Streit um die Finanzierung
In ihrer Kritik an der Wirtschaftspolitik stießen Wagenknecht und Weidel ebenfalls vielfach ins gleiche Horn. Bessere Ausbildung, mehr Investitionen und niedrigere Energiepreise waren die Kernforderungen beider Politikerinnen. Unterschiedlich sind jedoch die Finanzierungsansätze. Während Wagenknecht mehr Kredite forderte und die Sanktionen gegen Russland beenden wollte, forderte Weidel, die Sozialausgaben zu kürzen und die Steuerlast zu reduzieren.
Name | Alice Elisabeth Weidel |
Geburtsdatum | 6. Februar 1979 |
Amt | AfD-Bundesvorsitzende |
Partei | Alternative für Deutschland (AfD) |
Parteimitglied seit | 2013 |
Familienstand | eingetragene Lebenspartnerschaft, zwei Kinder |
Wohnort | Überlingen, Einsiedeln (Schweiz) |
Ukraine-Krieg: Russlandfreundinnen unter sich
Apropos Russland: „Frieden“ war wohl der meistgenutzte Begriff von Weidel und Wagenknecht bei der Diskussion um den Ukraine-Krieg. Ein Frieden, der am Verhandlungstisch erzielt werden soll. Waffenlieferungen an die Ukraine sollten hingegen eingestellt werden, so der Tenor der beiden Politikerinnen. Weidel schloss nach Wagenknechts Ausführungen zum von ihr geforderten Verhandlungsfrieden: „Das sind AfD-Positionen, die wir seit Jahren vertreten.“ Kein Wunder, BSW und AfD wird eine fragwürdige Kreml-Nähe nachgesagt, beide fordern seit längerem, die Unterstützung der Ukraine einzustellen.
Nahost: Zwei-Staaten-Lösung als gemeinsames Ziel
Auch bei der Diskussion über den Nahostkonflikt ging es viel um einen möglichen Frieden. Weidel vermied bisher, sich eindeutig zu positionieren, Wagenknecht hingegen forderte sogar ein Waffenembargo für Israel. Beim TV-Duell zwei Tage nach dem ersten Jahrestag des letzten großen Hamas-Angriffs auf Israel wiederholte sie diese Forderung. Sie kritisierte sowohl den Hamas-Terror als auch die „wahllosen“ Gegenangriffe der israelischen Armee und forderte eine Zwei-Staaten-Lösung. Für diese sprach sich auch Weidel aus, die ebenfalls Waffenlieferungen von Deutschland nach Israel ablehnte. Allerdings aus dem Grund, dass deutsche Waffen hierzulande dringender benötigt würden.
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Blick in die USA: Wen unterstützen Weidel und Wagenknecht?
Mit Blick auf die anstehende US-Wahl wünschte sich Weidel – klar – einen Wahlsieg von Ex-Präsident Donald Trump, auch hier war seine angebliche Friedenspolitik ein großer Faktor. Wagenknecht hingegen wollte sich nicht festlegen und bezeichnete sowohl Trump als auch seine Konkurrentin Kamala Harris als schlechte Optionen.
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Am Ende stehen also zwei Frauen, die sich oft in den Zielen, seltener jedoch im Weg dorthin einig sind. Eine Koalition, das betonte Sahra Wagenknecht erneut, sei aufgrund von Personen wie Björn Höcke in der AfD derzeit ausgeschlossen. Doch obwohl sie immer wieder versuchte, die Unterschiede des BSW zur AfD herauszustellen, viele Übereinstimmungen lassen sich nicht leugnen. Eins ist jedenfalls klar: In weniger als einem Jahr ist Bundestagswahl und der Kampf um die von der Ampel enttäuschten Wähler ist eröffnet.
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