Berlin. Der Bundesregierung bleibt nicht mehr viel Zeit. Für Rentner, Kitas und Arbeitnehmer haben SPD, Grüne und FDP jedoch noch große Pläne.

Der Bundestagswahlkampf 2025 wirft seine Schatten längst voraus, mit Diskussionen über Kandidaten und Koalitionsoptionen. Gewählt wird im September des kommenden Jahres – sollte die gegenwärtige Ampelkoalition nicht vorher platzen. Bleibt es aber beim bisherigen Zeitplan, dann haben SPD, Grüne und FDP noch gut ein Jahr, um bisher unvollendete Projekte umzusetzen. Für Regierungsarbeit ist das nicht viel Zeit: Die Koalition muss sich daher entscheiden, was sie jetzt noch anpackt – und wofür die Zeit oder die Gemeinsamkeiten nicht mehr reichen. Wir erläutern, welche Prioritäten die drei Koalitionsparteien für den Rest der Legislaturperiode setzen und was voraussichtlich liegen bleibt.

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    SPD: Rente, Löhne, Arbeitsplätze

    Zuletzt verfestigte sich der Eindruck, dass im Ampel-Bündnis nur noch wenig zusammengeht. Die Kanzlerpartei SPD ist allerdings der Überzeugung, dass die Koalition noch einiges erledigen muss, um bei der kommenden Bundestagswahl die Aussicht auf ein besseres Ergebnis und eine erneute Chance auf das Kanzleramt zu haben. „Diese Koalition hat noch wichtige Aufgaben zu erledigen“, sagt SPD-Chef Lars Klingbeil dieser Redaktion. Die Sozialdemokraten wollen sich auf Themen konzentrieren, die das Leben vieler Menschen betreffen. „Für mich geht es vor allem um drei Dinge: Sichere Arbeitsplätze, höhere Löhne und stabile Renten“, fügt Klingbeil hinzu.

    Das Rentenpaket ist fertig, damit soll das Rentenniveau langfristig stabil bleiben. Die SPD fordert einen raschen Bundestagsbeschluss. „Wer sein Leben lang gearbeitet hat, der muss sich auf die gesetzliche Rente verlassen können“, fordert Klingbeil. Das Paket sei wichtig für Millionen Menschen im Land und dürfe nicht „in Reibereien der Koalition zerbröselt“ werden. „Die SPD wird hier nicht lockerlassen.“

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    Große Sorge bereiten der SPD zudem die Hiobsbotschaften aus der Wirtschaft und die Industriearbeitsplätze, die etwa bei VW oder ThyssenKrupp auf der Kippe stehen. „Ich will die Regierung kämpfen sehen dafür, dass die Industrie in unserem Land gestärkt wird“, macht Klingbeil deutlich. „Dazu gehören Investitionen in Infrastruktur, wettbewerbsfähige Energiepreise und eine Unterstützung bei Elektromobilität.“ Der SPD-Chef warnt: „Wenn Arbeitsplätze einmal weg sind, ins Ausland verlagert, kommen sie nicht mehr zurück.“

    Die SPD will sich zudem dafür einsetzen, dass mehr Arbeitnehmer gut bezahlt werden. „Mit dem Tariftreue-Gesetz werden wir dafür sorgen, dass öffentliche Aufträge nur noch an Firmen gehen, die vernünftige Löhne bezahlen“, kündigt Klingbeil an. „Arbeit muss sich lohnen, gerade in Zeiten von Inflation, in denen die Menschen jeden Euro zweimal umdrehen.“

    Die Grünen: Kitas, Wachstum, Klimaschutz

    Die Öko-Partei stellt ihre Pläne für das kommende Jahr unter die Überschrift „Investitionen in die Zukunft“, und das gleich in mehreren Bereichen. „Im Konkreten stehen erstens als Nächstes die parlamentarischen Beratungen zum Thema Kitaqualitätsgesetz an“, sagt Parteichefin Ricarda Lang dieser Redaktion. Damit werde die Betreuung für den Nachwuchs bundesweit gestärkt und Familien würden so unterstützt.

    Das Gesetz aus dem Haus von Familienministerin Lisa Paus wurde in der Sommerpause vom Kabinett beschlossen, das grüne Licht aus dem Bundestag steht noch aus. Wie schon 2023 und 2024 will der Bund den Ländern damit für die kommenden Jahre vier Milliarden Euro zur Verfügung stellen, um die Qualität der Betreuung in den Kitas zu verbessern. Anders als früher darf das Geld deshalb nicht mehr verwendet werden, um Gebühren zu senken, sondern muss in Personal oder Faktoren wie Kita-Essen gesteckt werden.

    Der Bund will den Ländern weitere vier Milliarden Euro für Qualitätsverbesserungen in den Kitas geben. Das Projekt ist insbesondere den Grünen wichtig.
    Der Bund will den Ländern weitere vier Milliarden Euro für Qualitätsverbesserungen in den Kitas geben. Das Projekt ist insbesondere den Grünen wichtig. © dpa | Monika Skolimowska

    Auch beim Wachstumspaket, auf das sich die Bundesregierung geeinigt hat, dringen die Grünen auf eine schnelle Umsetzung. Die Initiative, die ebenfalls bereits vom Kabinett beschlossen ist, sieht unter anderem bessere Bedingungen für Investitionen von Unternehmen vor. Wer über das Rentenalter hinaus arbeitet, soll eine Prämie erhalten, und Arbeitgeber sollen diesen Personen künftig die Beiträge zu Rentenversicherung und Arbeitsförderung direkt auszahlen können. Die Anreize zielen darauf, Menschen im Beruf zu halten und so den Fachkräftemangel zu lindern.

    Nicht zuletzt wollen die Grünen auch bei ihrem Kernthema Klimaschutz noch vorankommen in den nächsten Monaten, „beispielsweise durch bessere Klimaanpassung“ und den Schutz von Meeren und Umwelt, sagt Co-Parteichefin Lang.

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    FDP: Entlastungen, Kapitalstock für die Rente, Migration

    Auch den Liberalen ist die Umsetzung des jüngst beschlossenen Wachstumspakets besonders wichtig. Parteichef Christian Lindner und seine Leute verwenden seit Monaten bei jeder Gelegenheit das Wort „Wirtschaftswende“ und fordern, die deutsche Volkswirtschaft durch grundlegende Reformen wettbewerbsfähiger zu machen.

    „Wir stehen in der Verantwortung, für Menschen und Betriebe ihre Lage zu verbessern“, sagt FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer im Gespräch mit dieser Redaktion. Er nennt unter anderem Entlastungen über den vollständigen Abbau der kalten Progression und der steuerlichen Freibeträge sowie das Bürokratieentlastungsgesetz. Teil der Absprachen innerhalb der Koalition sind auch mehr Mitwirkungspflichten und schärfere Sanktionen für Bezieher von Bürgergeld.

    Im geplanten Rentenpaket, das bereits vom Kabinett verabschiedet ist, steckt ebenfalls ein Projekt, das den Liberalen sehr wichtig ist. Und zwar die Einführung des sogenannten Generationenkapitals. Es geht um den Aufbau einer weiteren Finanzierungssäule für die gesetzliche Rentenversicherung. Vorgesehen ist, dass der Bund fortan regelmäßig (geliehenes) Geld in einen Fonds einzahlt. Los geht es mit einer Überweisung in Höhe von zwölf Milliarden Euro, der Betrag steigt jedes Jahr an. Ab der zweiten Hälfte der 2030er-Jahre sollen die Erträge des Fonds dabei helfen, die Finanzen der Rentenversicherung und die Beiträge stabil zu halten.

    Bundesfinanzminister Christian Lindner (links, FDP) und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) haben das Rentenpaket erarbeitet.
    Bundesfinanzminister Christian Lindner (links, FDP) und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) haben das Rentenpaket erarbeitet. © DPA Images | Michael Kappeler

    Große Bedeutung misst die FDP zudem der Asylpolitik bei. Sie fordert einen „Schulterschluss der demokratischen Kräfte zur Kontrolle der Migration“, wie Fraktionsvize Meyer es formuliert. Koalition und Union streiten gerade über die Zurückweisung von illegal einreisenden Flüchtlingen an der Grenze. Nachdem Gespräche zwischen Regierung, Union und Ländern zu diesem Thema gescheitert waren, wirbt FDP-Chef Lindner nun für ein neues Gipfel-Format – bestehend aus ihm selbst, Kanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU).

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    Bundesregierung: Welche Pläne sie wohl nicht mehr umsetzt

    Das Klimageld, das die Koalition eigentlich in dieser Legislatur auf die Beine stellen wollte, wird vor der Bundestagswahl wohl nicht mehr ausgezahlt. Die Kindergrundsicherung wurde zurechtgestutzt vom Großprojekt im Kampf gegen Kinderarmut auf höhere Sätze bei Kindergeld und Kindersofortzuschlag. Und während die Fraktionen von SPD und Grünen darauf dringen, nach der Empfehlung der Expertenkommission im Frühjahr Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetzbuch herauszulösen, macht die FDP keine Anzeichen, dem zuzustimmen.