Berlin. Die Bundesregierung beschließt überraschend Vergünstigungen in Millionenhöhe. Wer davon profitiert – und warum es auch Kritik gibt.
Die Wirtschaft steckt mehr oder weniger in einer Stagnation, die auch noch bis ins nächste Jahr dauern könnte. Dem versucht sich die Bundesregierung entgegen zu stemmen, indem sie die Lage von Privathaushalten und Unternehmen verbessern will. Jetzt hat das Bundeskabinett einige weitere Punkte der sogenannten Wachstumsinitiative beschlossen. Was steht drin, was bringt das?
Warum werden E-Autos für Firmen günstiger?
Für die Wirtschaft soll es attraktiver werden, E-Autos zu kaufen. Ein Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, ist eine neue, höhere Abschreibung. Das heißt: Firmen können die Anschaffungskosten stärker mit dem Gewinn verrechnen, wodurch sie weniger Steuern zahlen. Im ersten Jahr lassen sich dann 40 Prozent der Anschaffungskosten der Autos absetzen, im Verlauf von sechs Jahren 100 Prozent.
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Ein zweiter Mechanismus bedeutet, dass größere E-Autos als bisher begünstigt werden, wenn Unternehmen sie
als Dienstwagen an ihre Mitarbeiter weitergeben. Heute liegt die Obergrenze bei 70.000 Euro Kaufpreis des Fahrzeugs, bald sollen es 95.000 Euro sein. Für die private Nutzung solcher Gefährte müssen die Angestellten weniger Steuern abführen.
Welche Ziele verfolgt die Bundesregierung?
Die hiesigen Autohersteller verkaufen gerade weniger elektrisch betriebene Fahrzeuge als erhofft. Das ist ein Grund für die Überlegungen bei VW, eventuell sogar einige Werke zu schließen. Ein Problem ist die schwache internationale Nachfrage, aber auch einheimische Ursachen spielen eine Rolle. So hat die Bundesregierung beispielsweise auf Wunsch der FDP einen Kaufzuschuss für E-Autos gestrichen, den auch Privatleute in Anspruch nehmen konnten.
Die neuen Steuervergünstigungen wirken nun wieder in dieselbe Richtung: Sie sollen den Verkauf bei VW, BMW und Daimler staatlich ankurbeln. In diesem Fall zahlt der Staat aber kein Geld an die Autokäufer, sondern verzichtet auf ein paar hundert Millionen Euro Einnahmen. Möglicherweise kommt das in der Bevölkerung teilweise schlecht an, weil nun vor allem Firmen profitieren.
Welche Anreize gibt es, länger zu arbeiten?
Wer über die Altersgrenze hinaus weiter arbeitet, Lohn erhält und die Rente verschiebt, kann sich zum Beispiel nach einem Jahr die nicht erhaltene Rente auf einen Schlag auszahlen lassen. Bei einem Anspruch von 1.200 Euro Alterssicherung pro Monat macht das 14.400 Euro aus. Nach drei Jahren wären es 43.200 Euro, wobei zusätzlich kleinere Summen hinzukommen. Die älteren Beschäftigten beziehen also weiter das Gehalt und verfügen danach zusätzlich über eine größere Summe Geld.
Ab 2028 soll das als Anreiz wirken, länger im Job zu bleiben und sich nicht in den Ruhestand zu verabschieden. In diese Richtung zielt ebenso, dass Rentner, die parallel weiterarbeiten, sich dann die Beiträge ihres Arbeitgebers zur Renten- und Arbeitslosenversicherung auszahlen lassen können. Das bedeutet einen Lohnzuschlag von rund zehn Prozent. Das belaste allerdings die Rentenkasse zu sehr, kritisieren die Arbeitgeberverbände.
Warum sollen Beschäftigte länger arbeiten?
Einerseits steigt zwar die Arbeitslosigkeit leicht, andererseits können viele Firmen aber freie Stellen nicht besetzen. Die Wirtschaftsforschung geht davon aus, dass dieser Arbeitskräftemangel im kommenden Jahrzehnt zunimmt, weil viele Angehörige der geburtenstarken Jahrgänge der 1960er Jahre ihre Arbeitsleben beenden. Dieses Problem ließe sich lindern, wenn einige von ihnen freiwillig länger auf dem Posten blieben, weil sie Spaß daran haben und den finanziellen Vorteil schätzen.
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Was hat die Regierung sonst auf den Weg gebracht?
Zum Beispiel eine gewisse Steuerentlastung: Der Grundfreibetrag steigt, bis zu dem Arbeitseinkommen steuerfrei sind. Außerdem greifen höhere Steuersätze erst ab höheren Gehältern. Davon profitieren alle Privathaushalte, die Lohn- und Einkommensteuer entrichten. Unternehmen erhalten ferner mehr staatliche Zuschüsse, wenn sie Forschung betreiben, und können Investitionen besser mit der Gewinnsteuer verrechnen.
Auf welchem Stand ist die Wachstumsinitiative?
Mit der Sitzung des Bundeskabinetts vom Mittwoch sind Vorhaben aus elf der insgesamt 49 Komplexe des Pakets auf dem Weg. Aus dem Bundeskanzleramt heißt es, „dass alle Maßnahmen der Wachstumsinitiative noch in diesem Jahr im Kabinett beschlossen, umgesetzt oder entsprechende Prozesse aufgesetzt“ würden. Nach Berechnung des Ökonomen Claus Michelsen vom Pharmaverband könnte das Wachstum dadurch um 0,4 Prozent in 2025 zunehmen. Er bestätigt damit die Einschätzung der Regierung.
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