Berlin. Bei der Rente geht es nicht nur ums Geld, sondern um den Zusammenhalt im Land. Gut, dass die Ampel nun die Zukunft in den Blick nimmt.
Manchmal brauchen die Dinge ein wenig länger. In der Politik gilt das allemal: Deutlich mehr als ein Jahr haben die Berliner Ampelkoalitionäre an ihrem zweiten Rentenpaket gewerkelt. Zuletzt gab es noch Verzögerungen und Verstimmungen, am Mittwoch aber hat das Bundeskabinett die Reform auf den Weg gebracht.
Zur Erinnerung: Mit dem Gesetzeswerk soll das Rentenniveau auch über 2025 hinaus bei mindestens 48 Prozent gesichert werden. Geschähe das nicht, würden die Löhne in Zukunft schneller steigen als die Renten. Der Staat greift weiterhin tief in die Tasche, schon jetzt fließt jeder vierte Euro aus dem Bundeshaushalt in die Rentenkasse. Die Beiträge zur Rentenversicherung werden absehbar steigen. Um diesen Anstieg zu dämpfen, hat sich die Koalition etwas Neues ausgedacht.
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Sie will mit dem „Generationenkapital“ geliehenes Geld am Kapitalmarkt anlegen. Die Erträge sollen langfristig dabei helfen, die Rente bezahlbar zu halten. Es gibt viel Kritik an dieser Reform. Die junge Generation müsse die Zeche zahlen, lautet der gängigste Vorwurf. So ganz falsch ist das nicht. Aber vielleicht ist es an der Zeit, daran zu erinnern, dass es bei der Rente nicht nur ums Geld geht. Es geht auch um sozialen Zusammenhalt in dieser Gesellschaft.
Rentenpaket sichert auch die Demokratie ab
Auch Menschen, die wenig verdienen und im Alter geringe Einkünfte erhalten werden, haben ein Recht darauf, vom Staat respektvoll behandelt zu werden. So gesehen geht es bei der Rente nicht nur um die Absicherung älterer Menschen, sondern immer auch um die Absicherung der Demokratie. Man kann das durchaus so feierlich beschreiben. Hinzu kommt: Auch jüngere Menschen können eigentlich kein Interesse daran haben, dass ihre Eltern darben und einige Jahrzehnte später sie womöglich selbst.
Das freilich heißt nicht, dass bei der Rente alles bleiben sollte wie bisher. Weil das aber auch nicht passiert, ist das Rentenpaket der Ampelkoalition besser als sein Ruf. Ja, das Generationenkapital wird erst spät im kommenden Jahrzehnt Wirkung entfalten – wenn überhaupt. Und ja, der Schönheitsfehler besteht darin, dass sich der Staat das Geld dafür am Kapitalmarkt leihen muss. Das schmälert die Rendite.
Aber: Zum ersten Mal überhaupt wird ein System geschaffen, das es dem Bund ermöglicht, die Renditepotenziale der Finanzmärkte für die Rentenversicherung zu nutzen. Es geht hier nicht darum, Geld ins Kasino zu tragen. Sondern darum, mit einer langfristigen Anlagestrategie langfristige Gewinne zu erzielen. Jeder Kleinsparer, der eine Kapitallebensversicherung abschließt, will im Prinzip nichts anderes.
Andere Industriestaaten zeigen, wie es geht
Der Charme des Generationenkapitals besteht darin, dass dieser Fonds bei Bedarf deutlich größer gemacht und umstrukturiert werden kann. Die Ampel schafft jetzt – auf Betreiben der FDP – ein Gefäß, dass irgendwann in fernerer Zukunft eine ganz andere Form annehmen kann. Es ist gut möglich, dass es eines Tages auch hierzulande politische Mehrheiten dafür geben wird, Beitragsgeld in einem öffentlichen Rentenfonds zu sammeln, in welchem die Versicherten individuelle Ansprüche begründen können. In anderen westlichen Industrieländern ist das gang und gäbe, und sie fahren gut damit.
Folgende Prognose sei gewagt: In 15 oder 20 Jahren werden die dann verantwortlichen Rentenpolitiker froh sein, dass die Ampel anno 2024 das Generationenkapital auf den Weg brachte. Der ausgepowerten Koalition wird das nicht mehr nützen und den meisten Rentnern von heute auch nicht. Das heißt aber nicht, dass es verwerflich wäre, Dinge zu tun, die in die Zukunft weisen.
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