Berlin. Die Außenministerin spricht über das Elend im Gazastreifen, Russlands Krieg in der Ukraine – und sagt, was den Deutschen drohen könnte.

Ägypten, Israel, Palästinensische Gebiete: Außenministerin Annalena Baerbock ist in der vergangenen Woche wieder im Nahen Osten unterwegs gewesen, es war ihr siebter Besuch in der Krisenregion innerhalb von wenigen Monaten. Gleich nach ihrer Rückkehr nach Berlin stellte sich die Grünen-Politikerin den Fragen dieser Redaktion. Im Gespräch erläutert sie auch, was ihr zum Osterfest Hoffnung macht.

Seit dem Massaker der Hamas ist ein halbes Jahr vergangen. Wie nah ist Israel seinem Ziel gekommen, die Terrororganisation zu vernichten?

Annalena Baerbock: Viele Terroreinheiten wurden zerstört. Aber die Raketenangriffe auf Israel gehen weiter, da Hamas Israel weiter vernichten möchte. Und viele der am 7. Oktober auf brutalste Art und Weise verschleppten Geiseln sind noch immer nicht frei – mehr als 100 Frauen, Männer und Kinder, das jüngste ist ein Jahr alt.

Der Terror des 7. Oktober war nicht nur eine Katastrophe für Israel, sondern auch für die Palästinenser. Mehr als eine Million Menschen in Gaza sind akut von Hunger bedroht. Man kann sich das Leid einer Mutter, eines Vaters in Gaza kaum vorstellen, die nicht wissen, wie sie ihr Kind durch den nächsten Tag retten sollen.

Geht Israel mit seiner Militäroffensive zu weit? Oder ist sie noch vom Selbstverteidigungsrecht gedeckt?

Baerbock: Israel hat wie jedes Land der Welt das Recht und die Pflicht, seine Bevölkerung vor diesem Vernichtungsterror zu schützen. Die Hamas versteckt ihre Kämpfer jedoch bewusst in Krankenhäusern, Tunneln und Schulen – in einem der dicht besiedeltsten Gebiete der Welt. Wie geht man in einem solchen Umfeld gegen Terrorismus vor? Das ist ein furchtbares Dilemma.

Gleichwohl muss Israel dafür sorgen, dass der Kampf dem Terrorismus gilt und nicht der unschuldigen Zivilbevölkerung. Das machen wir immer wieder deutlich. Weil wir als Deutsche aus unserer Geschichte Verantwortungen tragen: für die Sicherheit des Staates Israels und seine Menschen, und für das humanitäre Völkerrecht.

Wann ruhen die Waffen?

Baerbock: Für einen wirklichen dauerhaften Waffenstillstand muss die Hamas ihre Waffen niederlegen, damit die israelische Armee sich zurückziehen kann. Das tut die Hamas aber nicht. Daher arbeiten wir mit Katar, mit Ägypten, mit den Amerikanern und anderen daran, dass es zumindest erstmal einen Deal für eine weitere humanitäre Feuerpause gibt, weitere Geiseln freikommen und damit endlich mehr Lebensmittel und Medikamente zu den notleidenden Menschen gelangen. Ich hatte gehofft, dass das vor dem Ramadan möglich ist. Aber leider hat sich das zerschlagen.

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Was haben Sie auf Ihrer Reise über das Schicksal der Geiseln erfahren?

Baerbock: Dass es nach über fünf Monaten alles andere als gut um sie steht. Die Hamas verweigert sich, auch nur Lebenszeichen zu übermitteln. Einige sind verstorben. Ich bin mit Angehörigen immer wieder im Austausch. Aber ehrlich gesagt fehlten mir beim letzten Mal die Worte. Was sagt man einem gestandenen Mann, dessen vier kleine Enkelkinder jeden Abend fragen: Wann kommt Papa nach Hause? Aber wie die Angehörigen geben auch wir nicht auf, alles dafür zu tun, dass die Geiseln freikommen.

Sie haben Israel aufgefordert, aus einem „Drehbuch des Terrors“ auszubrechen. Was meinen Sie damit?

Baerbock: Die Hamas setzt ganz bewusst darauf, dass die Not in diesem Krieg für die Zivilbevölkerung so groß wird, dass ihr Terror vergessen wird. Daher haben wir als Bundesregierung von Beginn an an die israelische Regierung appelliert: Je stärker militärisch vorgegangen wird, desto stärker muss der Schutz der Zivilbevölkerung sein.

Mein eindringliches Eintreten gegenüber der israelischen Regierung ist, endlich ausreichend Lebensmittel und medizinische Versorgung zu den Menschen in Gaza zu lassen, weil Menschlichkeit unteilbar ist. Hunger spielt zudem Terror in die Hände. Zu wenig humanitäre Hilfe gefährdet auch die Sicherheit Israels selbst.

Wäre eine Bodenoffensive in der Stadt Rafah, wie Israel sie vorbereitet, ein Akt des Terrors?

Baerbock: Wie gesagt: Der Terror geht weiter von der Hamas aus. Gerade auch aus dem Süden Gazas, das ist nicht zu akzeptieren. In Rafah suchen aber auch eine Million Menschen Schutz. Sie können sich nicht in Luft auflösen. Eine Großoffensive auf Rafah darf es nicht geben. Auch sie würde die Sicherheit Israels gefährden.

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    Baerbock: Ich war in den letzten fünf Monaten siebenmal in der Region, tausche fast im Tagesrhythmus Nachrichten mit der israelischen Regierung aus. Gerade in schwierigen Situationen muss man besonders eng im Gespräch bleiben. Und gerade als Freunde Israels müssen wir alles dafür tun, dass sich die einzige Demokratie im Nahen Osten über das Vorgehen seiner Regierung im Krieg in Gaza nicht selbst verliert.

    Gerade als deutsche Außenministerin fühle ich mich dazu verpflichtet, alles dafür zu tun, dass nicht nur dieser Krieg endet, sondern künftige Generationen Israelis endlich für immer frei von Terror sind. Das wird nur gelingen, wenn auch die kommenden Generationen Palästinenser endlich in Freiheit und Sicherheit leben können, in einem eigenen Staat. Ich mache gemeinsam mit den Amerikanern gegenüber der israelischen Regierung deutlich, dass die Zwei-Staaten-Lösung der einzige Weg zum Frieden ist.

    Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson – gilt dieses Bekenntnis bedingungslos?

    Baerbock: Deutschland hat das schlimmste Menschheitsverbrechen begangen: die Shoa. Sechs Millionen Menschen wurden ermordet, nur weil sie Juden waren. Unsere Geschichte verpflichtet uns, für die Sicherheit des Staates Israel und seiner Menschen einzustehen – unabhängig davon, wie schwierig es gerade ist und wer in Deutschland oder in Israel regiert.

    Zugleich ist es unsere Verpflichtung, für das internationale Recht einzustehen und das unglaubliche Leid in Gaza zu lindern. Das ist ein „Und“ und kein „Aber“. Auch wenn das Teile der derzeitigen israelischen Regierung zu meinem großen Bedauern offensichtlich anders sehen. Aber welcher Sicherheitsgewinn geht für die Menschen in Israel aus, wenn Tausende Kinder in Gaza kurz vor dem Verhungern sind?

    Wie weit kann deutsche Hilfe gehen? Können wir Flüchtlinge aus Gaza aufnehmen?

    Baerbock: Diese Frage stellt sich nicht wirklich, weil es kaum möglich ist, Palästinenser ohne andere Staatsangehörigkeit rauszubekommen. Wir haben natürlich geholfen, viele deutsche Staatsangehörige in Sicherheit zu bringen, und versuchen es weiter. Zudem haben wir es geschafft, palästinensische Waisenkinder, die im SOS-Kinderdorf Rafah lebten, nach Monaten der Verhandlung ins Partner-Dorf nach Bethlehem zu bringen. Auch gab es angesichts der vielen Verletzten und der zerstörten Krankenhäuser zu Beginn Überlegungen, ob wir verletzte palästinensische Kinder in Deutschland behandeln sollten. Aber Verletzte müssen sofort versorgt werden.

    Ägypten hat dafür mit internationaler Unterstützung, auch von uns, in Al-Arish in der Nähe des Gazastreifens zig Krankenbetten geschaffen. Ich war selbst in diesem Krankenhaus und habe gesehen, wie wichtig es zum Beispiel war, dass wir Inkubatoren geliefert haben. Ich musste aber leider auch erleben, dass viele Betten leer bleiben, weil nur wenige Schwerstverletzte die Genehmigung der israelischen Behörden bekommen, Gaza zu verlassen.

    Was kommt nach dem Krieg? Wer soll den Gazastreifen kontrollieren?

    Baerbock: Die Palästinenserinnen und Palästinenser – frei von der Hamas, frei von Terror, selbstbestimmt und mit einer frei gewählten Regierung aller Palästinenser, also auch im Westjordanland.

    Ist das realistisch?

    Baerbock: Das wird nicht von einem Tag auf den anderen passieren. Aber wir dürfen gerade jetzt im Krieg den politischen Horizont nicht aus den Augen verlieren. Daher arbeiten wir vor allem mit unseren arabischen Partnern Tag für Tag daran, dass die Zwei-Staaten-Lösung in Reichweite bleibt. Dazu gehören der Aufbau einer zivilen Infrastruktur, eine Reform der Palästinensischen Autonomiebehörde, der wirtschaftliche Wiederaufbau – und eine Sicherheitsstruktur, inklusive Sicherheitsgarantien für Israel und für die Palästinenser.

    Und dazu gehört, die israelische Regierung daran zu erinnern, dass die Siedlungspolitik nicht nur einen palästinensischen Staat verbaut, sondern auch buchstäblich den Frieden. Denn nur die Zwei-Staaten-Lösung kann nachhaltigen Frieden und Sicherheit auch für die Menschen in Israel bringen.

    Sollte auch Deutschland für die Sicherheit garantieren?

    Baerbock: Es geht um Schutz für eine Übergangszeit, bevor zwei Staaten in Frieden nebeneinander leben können. Das kann nur mit internationalen Sicherheitsgarantien funktionieren. Israel muss sich sicher sein, dass nie wieder Terrorgefahr von Palästina ausgeht, und Palästinenser müssen sicher sein, dass sie auf ihrem eigenen Land sicher und in Würde leben können. Das heißt, es müssen natürlich arabische Nachbarländer beteiligt sein, die dort Vertrauen genießen. Aber auch enge Freunde Israels, weswegen wir als Deutsche neben den Amerikanern und Briten uns über den politischen Horizont gerade so den Kopf zerbrechen.

    Krieg in Nahost, Krieg in der Ukraine – gibt es etwas, das Ihnen Hoffnung macht an diesem Osterfest?

    Baerbock: All die Menschen, die sich in dieser brutalen Zeit gerade nicht Populismus und Schwarzweiß-Denken hingeben. Sondern die für Unteilbarkeit unserer Menschlichkeit einstehen. Klar ist es angesichts des Leids und der Ängste manchmal einfacher, eine Seite oder ein Leid einfach auszublenden. Aber davon geht die Brutalität des Krieges ja nicht weg. Wir dürfen die Hoffnung niemals aufgeben, weil sich ansonsten die Ruchlosigkeit in der Welt durchsetzt. Gerade angesichts der brutalen Konflikte ist das Entscheidende, dass wir jeden Tag versuchen, einen Schritt voranzukommen in Richtung Sicherheit und Frieden – sei es im Nahen Osten, sei es in der Ukraine.

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    Die Friedensbewegung ruft wieder zu Ostermärschen auf. Welche Botschaft sollte davon ausgehen?

    Baerbock: Menschlichkeit ist unteilbar. Alles andere ist brandgefährlich. Menschen in Israel dürfen nicht gegen Menschen in Palästina ausgespielt werden. Und wir dürfen unseren Wunsch nach Frieden nicht gegen den Frieden in der Ukraine ausspielen. Auch hier gilt: Das ist kein „Aber“, sondern ein „Und“. Denn die Sicherheit der Ukraine ist auch die unsrige.

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    Baerbock: Ich kann gut verstehen, dass man sich manchmal zurücksehnt in eine Zeit, in der Frieden selbstverständlich schien. Auch meine Generation hatte das große Glück, in solch einer Zeit heranzuwachsen. Aber wir können die Realität ja nicht ausblenden.

    Bedeutet?

    Baerbock: Friedenspolitik zu betreiben in einer Zeit, in der Russland, die USA und Europa aus einem gemeinsamen Interesse heraus über Abrüstung sprachen, ist etwas anderes, als Friedenspolitik zu betreiben in einer Zeit, in der Russland einen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine und die europäische Friedensordnung führt. Wer das verkennt oder davon nichts wissen will, der stärkt nicht den Frieden und das internationale Recht. Sondern der stärkt das Recht des Stärkeren.

    Denn wenn die Ukraine sich nicht mehr verteidigen kann, weil wir ihr nicht genug Waffen liefern, stehen Putins Truppen morgen an der ukrainisch-polnischen Grenze – nur acht Autostunden von Berlin entfernt. Die Ukraine sichert auch unseren Frieden. Und diesen Frieden müssen wir nicht nur bis zur nächsten Wahl schützen, sondern auch langfristig – für die Zukunft unserer Kinder.

    Lässt sich Russlands Krieg gegen die Ukraine „einfrieren“ – wie sich SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich das wünscht?

    Baerbock: Der Krieg war seit 2014, also nach der Annexion der Krim durch Russland und dem Griff nach dem Donbass, quasi eingefroren. Damals gab es das Minsker Abkommen, das Deutschland mit ausgehandelt hatte. Es brachte aber nicht wie erhofft den Frieden. Es hat Putin Zeit verschafft, seinen neoimperialen Plan und den brutalsten Angriff auf die europäische Friedensordnung seit Jahrzehnten vorzubereiten.

    Und anders als vor dem 24. Februar 2022 bleibt Putin ja nicht stehen, obwohl wir gemeinsam mit der halben Welt ihn seit zwei Jahren mit allen diplomatischen Mitteln versuchen davon zu überzeugen, seine Truppen zurückzuziehen. Tagtäglich gehen die Bombardierungen, Vergewaltigungen und Verschleppungen von Kindern weiter. Da gibt es nichts einzufrieren. Da gibt es etwas zu beenden: Wenn Putin heute aufhört, ist der Krieg vorbei. Wenn die Ukraine heute aufhört, sich zu verteidigen, ist die Ukraine vorbei.

    Nach einem russischen Luftangriff auf die Großstadt Charkiw untersuchen ukrainische Kräfte die Reste explodierter Munition. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hält wenig von Forderungen deutscher Politiker, den Krieg „einzufrieren“.
    Nach einem russischen Luftangriff auf die Großstadt Charkiw untersuchen ukrainische Kräfte die Reste explodierter Munition. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hält wenig von Forderungen deutscher Politiker, den Krieg „einzufrieren“. © AFP | SERGEY BOBOK

    Putin räumt inzwischen ein, dass Islamisten den Terroranschlag in einem Moskauer Vorort verübt haben. Aber er bringt ihn weiter mit der Ukraine in Verbindung. Was folgt daraus?

    Baerbock: Wir dürfen nicht naiv sein. Der russische Präsident hat seit Beginn der Invasion im Februar 2022 immer wieder den Zusammenhalt von uns Europäern getestet. Putin führt seinen Krieg nicht nur mit seinem Militär. Sondern auch mit Fake News, Manipulation und gezielter Einflussnahme – die jüngste Aufdeckung der tschechischen Regierung ist nur ein Beispiel dafür, wie Russland unsere Demokratien zersetzen will. Nach dem Anschlag auf die Konzerthalle bei Moskau nutzt Putin selbst Trauer und Leid im eigenen Land für seine Kriegspropaganda aus. Wir trauern mit den russischen Familien, die auf brutale Art und Weise ihre Liebsten verloren haben.

    Stellen Sie sich auf eine weitere Eskalation in der Ukraine ein?

    Baerbock: Es gibt in Putins Krieg längst kein Limit der Brutalität mehr. Er macht mehr als deutlich, dass er für rationale Argumente und Werte der Menschlichkeit nicht erreichbar ist. Und verhandeln möchte er schon gar nicht. Meine afrikanischen Kollegen haben versucht, zumindest die verschleppten Kinder wieder zu ihren Eltern zu bekommen.

    Aber Putins Antwort darauf waren nur mehr Bomben und weitere Entmenschlichung, auch im eigenen Land. Das ist fatal, das ist tragisch – für die Menschen in der Ukraine und auch für die Menschen in Russland. Wir lassen uns durch Putins Kurs der Entmenschlichung aber nicht einschüchtern. Denn Frieden und Menschlichkeit in Europa können wir nur durch eigene Stärke gewinnen.

    Kann die Ukraine den Krieg noch gewinnen?

    Baerbock: Es wäre nicht auszumalen, was passiert, wenn sie ihn verliert. Die Menschlichkeit muss gewinnen. Und dafür steht die Ukraine in ihrem Kampf gegen Putins blinden Zerstörungshass ein. Gewinnt Putin, wäre auch die Sicherheit von uns allen in Europa und die internationale Ordnung in Gefahr. Die Unterstützung der Ukraine ist unsere eigene Sicherheitsgarantie.

    Bleibt die Entsendung westlicher Bodentruppen ausgeschlossen?

    Baerbock: Putins Ziel war und ist, die Ukraine in ihrer Existenz als eigenes, freies Land zu zerstören und die Nato in einen Krieg hineinzuziehen. Wir haben von Anfang an deutlich gemacht, dass wir das niemals zulassen werden. Und das gilt.

    Was würde die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern am Kriegsverlauf ändern?

    Baerbock: Ich habe mich zu Taurus umfassend geäußert und glaube nicht, dass uns die fortwährende öffentliche Diskussion zu Taurus einen Schritt weiterbringt. Ein Teil der russischen Kriegspropaganda dient dem Zweck, die westlichen Demokratien zu spalten und zu destabilisieren. Das dürfen wir nicht zulassen. Das gilt erst recht, wenn wir vor Wahlen stehen – wie jetzt vor den Europawahlen oder Landtagswahlen in Deutschland.

    Haben Sie inzwischen verstanden, warum Kanzler Olaf Scholz der Ukraine partout keine Taurus liefern will? Hat er sich von Putin Angst machen lassen?

    Baerbock: Der Kanzler hat keine Angst vor Putin.

    CDU-Chef Friedrich Merz hofft, dass die Ampel-Koalition platzt – und bringt den 22. September als Termin für Neuwahlen ins Spiel. Amüsiert Sie das? Oder ist der Vorstoß gar nicht so abwegig?

    Baerbock: Eigentlich bin ich für Humor immer zu haben. Aber allen, die unser Land lieben, die die Sicherheit und den Wohlstand hierzulande zu schätzen wissen, sollte bewusst sein, dass die Zeiten zu ernst sind für parteipolitische Spielchen. Jetzt braucht es Deutschland als Stabilitätsanker – für unsere eigene Bevölkerung und für unser Europa.

    So wie die Menschen gegen die Aushöhlung unserer Demokratie und gegen Rechtsextremismus auf die Straße gehen, so stehen wir als Politiker in der Verantwortung, unsere liberale Gesellschaft und die Institutionen, die diese tragen, gerade in Krisenzeiten stabil zu halten. Jetzt müssen wir alle Verfassungspatrioten sein – in Regierung und Opposition, bei allen berechtigen Differenzen in der Sache. Das ist unsere gemeinsame staatspolitische Verantwortung.

    Regulär stehen die nächsten Bundestagswahlen im September 2025 an. Wollen Sie noch einmal Kanzlerkandidatin der Grünen werden?

    Baerbock: Alles hat seine Zeit. Auch die Beantwortung dieser Frage.