Berlin. Scholz erklärt, warum die Ukraine den Marschflugkörper nicht bekommen soll. Die Union glaubt ihm nicht und bringt den Kanzler in Rage.
Taurus, Taurus, immer wieder Taurus, Olaf Scholz weiß, dass er dem Thema nicht entkommt. „Ich will gerne den Stier bei den Hörnern packen“, sagt er zu Beginn der Kanzlerbefragung im Bundestag. Scholz bekräftigt dann sein Nein zur Lieferung der Marschflugkörper Taurus an die Ukraine und begründet dies mit einer aus seiner Sicht erforderlichen Beteiligung deutscher Soldaten. Besonnenheit sei keine Schwäche. „Besonnenheit ist das, worauf die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land einen Anspruch haben.“
Dann geht der Kanzler ins Detail: „Dazu gehört auch, dass es für mich ausgeschlossen ist, bei weitreichenden Waffensystemen solche zu liefern, die nur sinnvoll geliefert werden können, wenn sie auch mit dem Einsatz deutscher Soldaten auch außerhalb der Ukraine verbunden wären“, fügt Scholz hinzu. Das schließe eine Einsatzplanung in Deutschland ein. „Das ist eine Grenze, die ich als Kanzler nicht überschreiten will.“
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Taurus-Debatte: Scholz wirkt wie ein Stier in der Arena
Scholz wirkt in der Debatte um den Marschflugkörper inzwischen selbst wie ein Stier, der in der Arena steht und mit Angriffen von allen Seiten rechnen muss. Die Abgeordneten von FDP und Grünen ersparen Scholz zwar am Mittwoch kritische Fragen zu Taurus. Wie Toreros mit rotem Tuch reizen den Kanzler an diesem Tag die Fragesteller der Union.
So denkt Scholz: Keine Taurus – aber was dann? Das ist Scholz‘ Ukraine-Plan
„Ich möchte den Stier auch bei den Hörnern packen“, sagt der CDU-Abgeordnete Johann Wadephul und will von Scholz wissen, was denn nun wirklich die Begründung sei, Taurus nicht zu liefern? Immer wieder habe Scholz andere Gründe genannt. Ist es die angeblich notwendige Beteiligung deutscher Soldaten? Wolle er die Kontrolle über den Einsatz nicht verlieren?
Misstraut Scholz der Ukraine?
Scholz reagiert genervt, kritisiert eine „Ansammlung von Halbwahrheiten“ aus politischem Kalkül, manche Argumente seien „lächerlich“. Der SPD-Mann fügt hinzu: „Es geht um die Beteiligung daran, wohin gezielt wird, wohin geschossen wird und wohin getroffen wird.“ Wadephul erwidert, das sei eine Misstrauenserklärung des Kanzlers gegenüber der Ukraine. „Die Bürgerinnen und Bürger haben Angst vor Ihnen“, antwortet der nun beinahe vor Wut schnaubende Scholz. „Frechheit!“, wird ihm aus der Unionsfraktion zugerufen.
Zumindest die politische Zerstörungskraft des Taurus ist derzeit tagtäglich zu beobachten. Der Kanzler hat inzwischen mehrfach öffentlich ein Stopp-Schild aufgestellt und klargemacht, dass er den Marschflugkörper nicht in den Händen der Ukrainer sehen will. Mit Sätzen wie „Ich bin der Kanzler, und deshalb gilt das“ versucht Scholz, die Debatte zu beenden. Es ist seine Version von „Basta“-Politik.
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Scholz sagt „Basta“, aber die Koalition hört nicht auf ihn
Bloß was sagt das über die Autorität des Kanzlers aus, wenn die Koalitionspartner die Diskussion unbeeindruckt weiterführen und damit aus Rissen in dem Bündnis Gräben werden? Es sind nicht nur die Dauerkritiker Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Anton Hofreiter (Grüne), die dem Kanzler keine Ruhe lassen. Der Dissens geht mittlerweile durchs Kabinett: Außenministerin Annalena Baerbock sucht nach Wegen, das Kanzler-Machtwort zu umgehen, indem sie Tauschmodelle mit Großbritannien durchspielt. Für die Union offenbart das eine Schwäche des Kanzlers, die sie gerne nutzt, um den Stier zu attackieren.
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