Jerusalem. Die Israelin soll unter Zivilisten festgehalten worden sein. Es gibt Vorwürfe gegen einen Journalisten. Doch Vorsicht ist geboten.
Zuerst einmal eine Flasche Coca-Cola: Das war der erste Wunsch, den Noa Argamani am Samstag aussprach, nachdem sie nach acht Monaten Folter und Todesangst zum ersten Mal wieder Freiheit atmen konnte. Ihr in Tränen aufgelöster Vater konnte sein Glück nicht fassen. Und auch Noa ist auf Videobildern die Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben, als ihr ein Mobiltelefon überreicht wird, aus dem die Stimme des Staatspräsidenten Israels zu ihr spricht: „Noa, ich bin so glücklich“, sagt Izchak Herzog. Und er begrüßt sie „im Namen des israelischen Volkes“.
Nachdem sie am 7. Oktober brutal gekidnappt worden war und von Terroristen 245 Tage lang an verschiedenen Orten in Gaza festgehalten wurde, konnte die 26-Jährige am Samstag um 11 Uhr vormittags in einer spektakulären Militäroperation befreit werden. Neben Argamani wurden drei weitere Geiseln aus Wohnhäusern in Nuseirat im Zentrum des Gazastreifens befreit.
In Deutschland sieht Außenministerin Annalena Baerbock nach der Befreiung der Geiseln neue Hoffnung auf ein Ende der Kämpfe im Gazastreifen. „Die Hamas hat es in der Hand und muss dem Vorschlag für ein Abkommen über eine Feuerpause zustimmen“, sagte die Grünen-Politikerin unserer Redaktion. „Es liegt auf dem Tisch und kann der Einstieg in das Ende des Kriegs sein.“
Für die Familien der vier Geiseln sei es ein fast nicht mehr erhoffter Moment des Glücks. „Und für die Menschen im Nahen Osten ist es ein Hoffnungsschimmer“, sagte Baerbock. „Darauf, dass das Leid endlich ein Ende nimmt. Und darauf, dass auch die anderen Geiseln freikommen und von ihren Liebsten in die Arme geschlossen werden.“
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Noa Argamani war zum Gesicht der Geiselnahme am Festivalgelände Re‘im geworden. Sie hatte das Nova-Festival mit ihrem Partner Avinatan Or besucht und war gemeinsam mit ihm nach Gaza verschleppt, dort aber von ihrem Freund getrennt worden. Videoaufnahmen, auf denen sie am Morgen des 7. Oktober zu sehen ist, wie sie von Terroristen auf ein Motorrad gezwungen wird und auf Englisch „Bitte, bringt mich nicht um!“ schreit, gingen damals um die Welt.
Ende November bestätigten dann mehrere freigelassene Geiseln, dass Noa noch am Leben war. Sie erzählten von ständigem Hunger und permanenter Angst, der sie ausgesetzt war – von schlaflosen, durchweinten Nächten. Seit November gab es zwei weitere Dokumente, die von der Hamas veröffentlicht wurden und auf denen Noas Gesicht zu sehen und ihre Stimme zu hören war. Doch wie bei allem, was die Terroristen veröffentlichen, wusste niemand, wie zuverlässig diese Dokumente waren.
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Diese Gewissheit brachte erst die „Operation Arnon“ des israelischen Militärs gemeinsam mit dem Inlandsgeheimdienst Shin Bet und der Antiterroreinheit der Polizei. Der Einsatz war von langer Hand geplant worden, US-Geheimdienste sollen mitgewirkt haben.
Gegen 11 Uhr am Sonntag klopfte es an der Tür des Zimmers, in dem Noa festgehalten wurde, erzählten Familienmitglieder: „Hier ist die israelische Armee. Wir sind hier, um dich zu befreien“, sagte eine Stimme auf Hebräisch. Noa wurde wie die anderen Geiseln mit einem Militärhelikopter ins Sheba-Krankenhaus bei Tel Aviv gebracht, wo sie mit ihrer Familie vereint wurde – oder mit einem Teil davon. Noas Mutter Liora ist sterbenskrank, sie leidet an einem Gehirntumor. Bis Samstag war sie im Ungewissen darüber, ob sie ihre Tochter jemals wiedersehen würde.
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Noah wurde rund um die Uhr von bewaffneten Männern bewacht
Anders als viele andere Geiseln wurde Noa nicht in Tunneln festgehalten, sondern in verschiedenen, meist leer stehenden Wohnungen – ohne jeden Schutz vor dem schweren Beschuss aus der Luft. Zwei männliche israelische Geiseln, die mehrere Monate lang zusammen mit ihr gefangen gehalten wurden, kamen vermutlich bei einem Luftschlag ums Leben. Noa musste auf einer dünnen Unterlage auf dem Boden schlafen, rund um die Uhr von schwer bewaffneten Männern bewacht.
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Am Sonntag berichteten arabische Quellen, dass Noa in Privathäusern inmitten von Zivilisten festgehalten wurde. Solche Meldungen sollte man skeptisch sehen, warnt Avi Kalo, langjähriger Geiselbefreiungsexperte der israelischen Armee. Die Hamas verbreite solche Meldungen gerne, um sich damit zu brüsten, wie groß ihr Einfluss auf die Zivilbevölkerung ist. Einen Bericht, wonach Noa im Haus eines Al-Jazeera-Journalisten gefangen war, weist der Nachrichtensender zurück: „Dieser Mann hat nie für uns gearbeitet“, sagt Walid Al-Omari, Leiter des lokalen Al-Jazeera-Büros.
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