Bad Laasphe. Zaum nennt politischen Ziele für Siegen-Wittgenstein und den Bund. Und erklärt, wo die AfD bei der Kommunalwahl in Wittgenstein antritt.

Die AfD rüstet sich in Siegen-Wittgenstein für zwei wichtige Wahlen. Am Wochenende hatte die AfD Siegen-Wittgenstein „mit großer Mehrheit“ Christian Zaum zum Direktkandidaten bestimmt, ist auf der Facebookseite des Kreisverbandes zu lesen. Wir haben mit dem frisch gewählten Direktkandidaten über die vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar und die turnusgemäße Kommunalwahl im September 2025 gesprochen. Zaum formuliert die politischen Ziele, mit denen er und die AfD antreten. Und der 55-Jährige aus Bad Laasphe erläutert auf Anfrage der Redaktion auch, wie er seine politische Zukunft sieht.

Zaums Ziele

Seine politischen Ziele formuliert Christian Zaum auf Anfrage der Redaktion in sechs Kernbotschaften. Die unterscheiden sich aber nur marginal von dem Erwartbaren, was die AfD seit langem propagiert. Ganz oben steht die Wirtschaftspolitik: „Wirtschaft braucht unternehmerische Freiheit“, formuliert er.  „Industrie, Mittelstand - und damit Wohlstand für alle - erhalten wir weder durch wohlfeile Resolutionen noch durch staatliche Förderung“, schreibt Zaum. Als nächste Forderung greift er die Energiewende an, ohne das Reizwort Windkraft zu benutzen. Bei Zaum spielen auch die Erneuerbaren Energien eine Rolle. „Energiepreise runter“, lautet seine Formel. Erreichen will der Bad Laaspher das durch die Streichung der CO₂-Abgabe und einen Energie-Mix. Der bestehe aus günstigem Gas aus Russland, modernen Kohle- und Gaskraftwerken, dem Wiedereinstieg in die Atomkraft und regenerative Energien.

„Die Chancen auf ein Direktmandat für die AfD sind in Westdeutschland momentan noch begrenzt. Wir wollen zweitstärkste Kraft werden.“

Christian Zaum
AfD-Direktkandidat

Der hauptberufliche Gymnasiallehrer für Deutsch und Geschichte fordert aber die Abkehr von der E-Mobilität. „Ausstieg aus dem Verbrenner-Aus“, lautet seine Kernbotschaft, mit der er auch die Automobilzulieferer in Südwestfalen stärken möchte. „Der abgasarme Verbrenner ist für den Verbraucher wirtschaftlich und die heimische Industrie ein wichtiger Absatzmarkt. Das E-Auto hat sich als Ladenhüter erwiesen.“ Tatsächlich sind die Verkaufszahlen für E-Autos laut einer jüngsten Erhebung des ADAC rückläufig. So wurden im November 22 Prozent weniger Batteriefahrzeuge neu zugelassen als in 2023. Die Zahl der Neuzulassungen stagniere.

Zaum war Mitglied einer rechtsextremen Burschenschaft

Christian Zaum ist Lehrer für Deutsch und Geschichte am privaten Gymnasium Schloss Wittgenstein in Bad Laasphe. 2016 soll Zaum Schülerinnen und Schüler des Abiturjahrgangs zu einer Feier in das Haus der als rechtsextrem eingestuften Burschenschaft Rheinfranken eingeladen haben. Zaum selbst war zu dieser Zeit „Alter Herr“. Die Einladung kann und darf als Versuch der Mitgliederwerbung gesehen werden.

Zaum gilt nicht nur bei seinen Schülern als rechtskonservativ. Gestützt wird dieses Image durch seine Mitgliedschaft bei der Marburger Burschenschaft Rheinfranken, für die er sogar als einer der Autoren an der „Fux-Kladde“, einem „Ausbildungsleitfaden“ für angehende Burschen, mitgewirkt hatte. Die Gießener Politikwissenschaftlerin Dr. Alexandra Kurth forscht zum Thema Rechtsextremismus. Sie schätzt die Rheinfranken als antisemitisch ein. Kurth begründete ihre Einschätzung bereits im August 2013 bei einer Demonstration gegen den Marburger Marktfrühschoppen der Burschenschaften. Kurth bezog sich auf dabei auf eine rassistisch geprägte Definition des Deutschtums, die Grundlage für eine Mitgliedschaft in der Burschenschaft Rheinfranken sei. „Ein Mangel in der Abstammung, bezogen auf morphologische Elemente, bezogen auf Hautfarbe, auf Aussehen, sei nicht auszugleichen und ganz egal als was sich die Person selber versteht [...], wenn sie die deutsche Staatsangehörigkeit hat“ könne sie nicht Mitglied der Burschenschaft Rheinfranken werden.

Mit dem Burschenschaftsteil seiner Biografie habe Zaum abgeschlossen. „Ich bin zum Jahresende 2016 ausgetreten“, sagt er bereits in einem Gespräch mit dieser Zeitung im Jahr 2019. Hintergrund seines Austritts sei etwas gewesen, das er selbst als „Affäre“ bezeichnet: Zaum meint damit die Einladung an Abiturienten in das Burschenschaftshaus in Marburg.

Mehr zum Thema Christian Zaum

Konkrete Ziele für Siegen-Wittgenstein sieht Zaum bei der Infrastruktur: Er will sich für die Route 57 und die Ertüchtigung der A 45-Brücken einsetzen und Bau-Projekte beschleunigen. Als Beispiele nennt er die Landstraße 719 und die Bundesstraße 508. Aber Zaum wünscht sich auch die „Ertüchtigung der Rothaarbahn“.

Der Direktkandidat verknüpft die Finanzierung von Infrastrukturprojekten mit dem Thema Migration. Zaum will bei den „Folgekosten unkontrollierter Armutsmigration aus Afrika und Nahost“ sparen. Und er fordert, wie die Bundes-AfD auch, die „konsequente Rückführung abgelehnter Asylbewerber, Grenzkontrollen und Zurückweisung von Personen, die über sichere Drittstaaten einreisen.“

Ganz zum Schluss steht die Forderung: „Frieden mit Russland!“ Zaum will eine „schnelle Beendigung des Ukraine-Russland-Krieges durch Verhandlungen“. In einem Punkt stimmt er der aktuellen Bundesregierung unter Kanzler Olaf Scholz (SPD) zu: „Keine Taurus-Marschflugkörper für die Ukraine.“

Wo steht die AfD im Politbarometer?

Zaum tritt damit die Nachfolge des kürzlich verstorbenen Henning Zoz an, mit dem die AfD bei der Bundestagswahl 2021 in Siegen-Wittgenstein 9,1 Prozent der Erststimmen und 9 Prozent der Zweitstimmen geholt hatte. Damals landete die AfD mit Zoz bei den Direktkandidaten auf dem vierten Platz hinter Wahlsieger Volkmar Klein (33,6 Prozent), Luiza Licina-Bode (30,4) und Laura Kraft (10,3). Alle drei sind aktuell Bundestagsabgeordnete. Kraft und Licina-Bode konnten nach starken Zweitstimmenergebnissen über die Liste in den Bundestag nachrücken. Dass künftig mehr als ein Abgeordneter den Kreis Siegen-Wittgenstein im Bundestag vertreten wird, ist allerdings sehr unwahrscheinlich. Durch die Verkleinerung des Bundestags und die Wahlrechtsreform ist es sogar möglich, dass gar kein Abgeordneter ins Parlament einzieht. Der Wahlsieg im Wahlkreis über die Erststimmen reicht möglicherweise nicht aus. Denn auch das Gesamtergebnis im Land und Bund (Zweitstimmen) spielen eine stärkere Rolle.

Mehr zum Thema AfD in Siegen-Wittgenstein

Die Süddeutsche Zeitung hat aktuell verschiedene Analysen zusammengeführt und die Zweitstimmen im Bund analysiert. Demnach würde die CDU laut Stand vom 9. Dezember mit 32 Prozent die stärkste Kraft. Die AfD käme auf 18 und die SPD auf 16 Prozent. Die Grünen bekämen 13 und das Bündnis Sahra Wagenknecht 6 Prozent. FDP (4 Prozent) und Linke (3 Prozent) wären nach Prozentzahlen nicht mehr im Bundestags vertreten.

Auch interessant

„Die Chancen auf ein Direktmandat für die AfD sind in Westdeutschland momentan noch begrenzt. Wir wollen zweitstärkste Kraft werden“, schätzt Christian Zaum seine Chancen ein. Ob und welchen Listenplatz er bekommt, stehe noch nicht fest. Die AfD werde ihre Listenkandidaten erst Anfang Januar wählen. „Sollte ich in den Bundestag gewählt werden, würde ich das Kreistagsmandat fortführen“, so Zaum über seine kommunalpolitischen Aufgaben. Und mit Blick auf die Kommunalwahl ist Zaum sehr optimistisch: „Wir werden als Kreistags-Fraktion nach der Kommunalwahl deutlich wachsen, sodass die erfahrenen Kreistags-Mitglieder gebraucht werden. An welcher Position ich in der nächsten Kreistags-Fraktion mitarbeiten werde, entscheiden wir in der neuen Fraktion nach der Kommunalwahl gemeinsam.“

So geht die AfD in die Kommunalwahl

Für Wittgenstein stellt sich die Frage, wo die AfD mit Wahlkreiskandidaten für die Stadtparlamente antreten wird. Bislang hat sie nur in Bad Berleburg zwei Sitze errungen. 2020 erreichte die AfD dort 5,49 Prozent. Bei der Kreistagswahl waren es sogar 6,46. In Bad Laasphe kam die AfD bei der Kreistagswahl auf 7,42 Prozent und in Erndtebrück auf 5,07.

„Die AfD wird bei der Kommunalwahl 2025 voraussichtlich in Bad Laasphe und Bad Berleburg antreten. In Erndtebrück gibt die Mitgliederstruktur dies momentan nicht her. In den erstgenannten Kommunen haben wir zwar im Vergleich zu den Altparteien eine überschaubare Menge an Mitgliedern, diese sind aber sehr motiviert. Zudem verzeichnet unsere Partei seit anderthalb Jahren ein rasantes Mitgliederwachstum. In beiden o.g. Kommunen hatten wir bei der Europa-Wahl Ergebnisse, die deutlich über dem Landesschnitt lagen“, berichtet Zaum.

Auch interessant