Kreuztal. Aufarbeitung des Großbrandes ist weitgehend abgeschlossen: Stadt einigt sich mit ihrer Versicherung. Staatsanwalt stellt Ermittlungsverfahren ein.

4,3 Millionen Euro bekommt die Stadt Kreuztal von ihrer Gebäudeversicherung für die abgebrannte Stadthalle. Das hat Bürgermeister Walter Kiß im Rat mitgeteilt. „Sind wir damit gut bedient?“, fragte Harald Görnig (CDU) nach. Zu einer Ja-Nein-Antwort ließ sich der Bürgermeister nicht bewegen: „Diese Summe kriegen wir.“ Punkt. Damit ist der Schlussstrich unter den Großbrand vom 17. Mai 2022 gezogen, bei dem die gerade zum Bürgerforum erweiterte Stadthalle wenige Monate vor ihrer Eröffnung zerstört wurde.

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Bürgermeister Walter Kiß spricht in seiner Mitteilung von einem „sehr komplexen Verfahren“, in dem ermittelt werden musste, wie der entstandene Schaden zu beziffern ist. Sachverständige und Anwälte setzten sich mit der Frage auseinander, welchen Wert das Bauwerk vor dem Feuer hatte und welche Bauteile nach dem Brand noch wiederverwendet werden können. Zuletzt ging es um die neue Lüftungsanlage, die auf dem Dach des Gymnasiums aufgebaut worden ist und das Feuer überstanden hat. Und um die Frage, ob die Versicherung auch die teureren Baukosten für den Wiederaufbau berücksichtigt. Dazu sei nun eine „Pauschaleinigung“ erzielt worden.

Stadt Kreuztal will sich auch Folgekosten ersetzen lassen

Mit 5,4 Millionen Euro waren zuletzt die Kosten für die Modernisierung und Erweiterung der Stadthalle zum Bürgerforum beziffert worden. Diese Ausgaben seien allerdings zum Zeitpunkt des Brandes noch nicht komplett angefallen, betont Kämmerer Michael Kass auf Nachfrage dieser Zeitung. So habe noch der komplette Innenausbau des Saals einschließlich der dort zu installierenden Lüftungsanlage angestanden. Zu dem Vorhaben wären Zuschüsse von Land und EU in Höhe von 3,5 Mlllionen Euro geflossen. Die Förderzusage wurde nach dem Brand zurückgezogen, bereits ausgezahlte 380.000 Euro musste die Stadt zurückerstatten.

Schon fünf Jahre ohne Stadthalle

1990 wird die Stadthalle Kreuztal eröffnet.

2017 wird erstmals über eine Sanierung der Stadthalle gesprochen. Der geplante Baubeginn 2018 scheitert, weil Fördermitteln noch nicht bewilligt sind.

2019 findet die letzte Show in der Stadthalle statt, eine Aufführung des Tanztheaters Kreuztal.

2020 beginnen die Arbeiten mit dem Abriss des alten Foyers, im April 2021 wird auch mit dem Erweiterungsbau begonnen.

Am Montag, 16. Mai 2022, 11.30 Uhr, wird Feueralarm ausgelöst. Im Laufe des Mittags brennt die Stadthalle komplett ab.

2023 eskaliert die politische Diskussion über den Wiederaufbau. Alternative Standorte werden geprüft, unter anderem der Parkplatz Stählerwiese

2024 werden Machbarkeitsstudien vorgestellt. Der Rat entscheidet zunächst, an der Stelle der abgebrannten Stadthalle nur einen Anbau für die Schule zu errichten. Im April folgt der Rat einem dagegen gerichteten Bürgerbegehren und beschließt den Kombinationsbau

Bearbeitet ist damit der Gebäudeschaden, für den die Gebäudeversicherung zuständig ist. Offen bleibt, ob die Stadt Regress auch für die Folgekosten eintreiben kann, zum Beispiel für den Ausfall des Veranstaltungsortes und der Kulturveranstaltungen sowie für die Provisorien, mit denen Kreuztalkultur sich auch noch über die nächsten Jahre bringen muss.

Staatsanwalt hat wegen fahrlässiger Brandstiftung ermittelt

Die Frage, wer an dem Brand schuld ist, ist jedenfalls seit einigen Monaten geklärt: Die Staatsanwaltschaft Siegen hat gegen drei Mitarbeiter der Dachdeckerfirma ermittelt, die auf dem Dach mit Bitumenbahnen gearbeitet haben und dabei Schweißbrenner verwendet haben. Im Raum stand der Verdacht, dass sie das Feuer durch ihre Arbeiten oder durch nicht ordnungsgemäße Überwachung der Baustelle nach Durchführung der Arbeiten verursacht haben – das wäre dann fahrlässige Brandstiftung gewesen. „Gegen zwei Beschuldigte wurde das Verfahren im September 2023 mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt“, teilte Oberstaatsanwalt Fabian Glöckner dieser Zeitung am Freitag auf Anfrage mit, „gegen den dritten und der Tat hinreichend verdächtigen Beschuldigten wurde das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage zunächst vorläufig und nach erfolgter Zahlung im Januar 2024 endgültig eingestellt.“

Mehr zur Stadthalle Kreuztal

Fest steht, dass die Versicherungsleistung von 4,3 Millionen allenfalls den Wert der 2021 investierten Leistungen ersetzt – mit welchem Restwert die alte, 1990 eröffnete Stadthalle zu Buche schlägt, wird nicht bekannt. Ebensowenig wird sich feststellen lassen, wie teuer der Wiederaufbau des Bürgerforums heute würde. Denn der Kreuztaler Rat ist im April einem Bürgerbegehren gefolgt und hat eine Kombinationslösung beschlossen: An der Stelle der alten Stadthalle entsteht ein Neubau mit dem Bürgerforum und Klassenräumen für Gymnasium und Gesamtschule in den beiden Obergeschossen. Denn eigentlich wäre nach der Eröffnung des Bürgerforums, die für Anfang 2023 vorgesehen war, mit einer Aufstockung des Schulzentrums begonnen worden. Die Schulen behelfen sich nun mit Klassenräumen in Containern.

Dieser Neubau wird nun geplant: unten Bürgerforum, oben Schule.
Dieser Neubau wird nun geplant: unten Bürgerforum, oben Schule. © Stadt Kreuztal | Stoppacher Ingenieurgesellschaft

Neubau von Bürgerforum und Klassenräumen kosten mindestens 17 Millionen Euro

Mit knapp 17 Millionen Euro wurden die Kosten des Kombinationsbaus in einer Machbarkeitsstudie im Februar geschätzt. Inzwischen will die Stadt allerdings weiter gehen: Das Gymnasium bekommt den längst angekündigten neuen Eingangsbereich, für den die bisher offene Pausenhalle geschlossen wird, die Schulhöfe werden – als Fortsetzung des Bildungs- und Sportcampus – neu gestaltet, ebenso die Erschließung und die Parkplätze. Das Gesamtpaket wird, zusammen mit weiteren Vorhaben in der Fritz-Erler-Siedlung – in ein neues integriertes städtebauliches Handlungskonzept (ISEK) eingebunden, für das die Stadt beim Land dann neue Städtebauförderungsmittel beantragen wird.

Wie teuer der bis 2030 neu entstehende Bau wird, werden die Planer kalkulieren, nach denen, weil die Auftragssumme so hoch ist, EU-weit gesucht werden muss. Wie viel die Stadt Kreuztal selbst drauflegen muss, steht fest, wenn die Höhe des Landeszuschusses bekannt ist. Die 4,3 Millionen Euro von der Versicherung sind da jedenfalls nur ein kleiner Beitrag. De könnte die Stadt bis dahin auch für die Sanierung des Altbaus an der Grundschule Eichen ausgegeben haben, der rund vier Millionen Euro kosten soll und bis Sommer 2026 dauern wird. Oder eben für die Planungskosten des Schul-Bürgerforum-Neubaus verwenden: 3,09 Millionen plus 710.000 Euro für die Freianlagen, macht zusammen 3,8 Millionen Euro.

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