Kreuztal. Die Forderung, die Stadthalle in der Kreuztaler Stählerwiese wieder aufzubauen, schlägt hohe Wellen - müssten dann Parkplätze entfallen?
Die Wogen schlagen hoch in Kreuztal. Gegen den Antrag von CDU, Grünen, FDP und UWG, die Stadthalle nicht an ihrem bisherigen Standort, sondern auf dem Parkplatz Stählerwiese wieder aufzubauen, formiert sich erheblicher Widerstand. Am Montagmorgen haben sich bereits fast 1100 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner einer Online-Petition auf change.org („Nein zum Bürgerforum Stählerwiese“) angeschlossen.
+++Mehr Nachrichten aus Siegen und dem Siegerland finden Sie hier!+++
Die Petition
„Ich kann das nicht verstehen“, sagt Robin Fortagne, der die Petition initiiert hat. Schließlich sei die zum Bürgerforum erweiterte Stadthalle fast fertig gewesen, als sie am 16. Mai 2022 abbrannte. „Alle hatten sich darauf gefreut.“ Außerdem gebe es eine Lösung, die den Wiederaufbau an derselben Stelle und die erforderliche Erweiterung des Schulzentrums in einem Gebäude ermögliche. „Und die sieht sehr schön aus“, kommentiert Fortagne den im Februar vorgestellten Vorschlag des Planungsbüros Stoppacher.
Auch interessant
Vor allem der Verlust der Parkplätze zwischen Dreslers Park, Sporthallen und Stadion ruft den Widerspruch hervor - die Rechnung der vier Fraktionen, dezentral an verschiedenen Standorten könnten sogar insgesamt mehr Parkplätze angelegt werden, überzeugt die Petenten nicht. Schon jetzt sei auf dem Parkplatz bei Handballspielen „Riesenchaos“, berichtet Robin Fortagne, der selbst in der Nachbarschaft wohnt. „Alle Veranstaltungen, die rund um den Parkplatz stattfinden, verlieren eine wichtige Parkmöglichkeit. Dazu zählen sportliche Veranstaltungen wie Handballspiele des TuS Ferndorf oder Veranstaltungen im Stadion Stählerwiese, allgemeine Kulturveranstaltungen in Dreslers Park wie Kreuztal Kultur und Lichterglanz im Park, Hochzeiten in Dreslers Park, Kulturveranstaltungen im Innenstadtbereich Kreuztals oder zukünftige Kulturveranstaltungen im neu gebauten Bürgerforum selbst“, heißt es in der Petition.
Der Sport
Der „Fantreff TuS Ferndorf“ hat sich am Wochenende geäußert, der Protest der „Ferndorfer Füchse“ wurde mit Bannern während des Bundesliga-Spiels gegen Düsseldorf-Ratingen sichtbar gemacht: „Bürgerwille gegen Bürgerforum“. „Anstatt den Willen der Bürgerinnen und Bürger zu respektieren und ihre Bedürfnisse zu priorisieren, werden sie mit fadenscheinigen Begründungen abgespeist“, heißt es in der Stellungnahme der organisierten Handballfans, die die Planung für ein Bürgerforum auf dem Parkplatz als „fragwürdiges Prestigeprojekt“ bezeichnen. „Die Parkplatzbedürfnisse dürfen nicht einfach dem politischen Kalkül geopfert werden.“
Die „Brigade C Ferndorf“ forderte: „Nein zur Stadthalle auf dem Parkplatz!“ Darüber hinaus hatte der Verein eine Unterschriftenaktion organisiert. Dirk Stenger, Geschäftsführer der TuS Ferndorf Handball GmbH: „Wir als Verein sind absolut gegen ein Bürgerforum auf dem Stählerwiese-Parkplatz. Wir werden versuchen, dass sich die Entscheidung in die richtige Richtung bewegt“, sagte Stenger - und erntete dafür prasselnden Applaus von den Rängen.
Auch für die Leichtathletik-Gemeinschaft Kindelsberg Kreuztal, die im Stadion trainiert und dort Wettkämpfe ausrichtet, und die Siegerländer Kunstturn-Vereinigung (SKV) könnte ein Wegfall der Parkplätze zum Problem werden. Die SKV richtet ihre Heimwettkämpfe überwiegend in Kreuztal aus, weil dies für sie der ideale Standort ist. „Sollte dieser zentrale Parkplatz wegfallen, wäre dies eine erhebliche Verschlechterung der Infrastruktur des Sportparks Stählerwiese“, so SKV-Präsident Reimund Spies. Zu den Heimwettkämpfen kommen bis zu 1000 Zuschauer, darunter viele Auswärtige. „Wollen wir denen zumuten, sich ohne Ortskenntnis demnächst dann irgendwo einen Parkplatz zu suchen?“, fragt Spies, der als Konsequenz auch einen Zuschauerrückgang und Einnahmeverlust befürchtet.
Auch interessant
Die Diskussion
Vor allem auf verschiedenen Facebook-Foren kocht die Diskussion über die Entscheidung, die der Rat am Donnerstag, 14. März, treffen soll. Dort steht die Beschlussempfehlung der Verwaltung für den Stoppacher-Vorschlag („Kombinationslösung“) gegen den Vier-Fraktionen-Antrag, an der Stelle der Stadthalle einen Erweiterungsbau für Gymnasium und Gesamtschule zu errichten und das Bürgerforum in einer Erweiterung des Dreslerschen Parks auf dem bisherigen Parkplatz Stählerwiese zu platzieren („Solitärlösung“). „Bei so einer weitreichenden Entscheidung müssen die Bürger mit ins Boot, eine Bürgerbefragung wäre die fairste Lösung“, regt ein Kreuztaler ein. Robin Fortagne hofft, dass sich das große Interesse auch am Donnerstag niederschlägt: „Zur Ratssitzung müssten normalerweise alle hinkommen.“
„Für mich völlig unverständlich ist es, warum hier nicht auf Nachhaltigkeit durch Mehrfachnutzung und Synergien gesetzt wird“, schreibt eine Bürgerin auf Facebook, „es gibt so viele dringendere Baustellen in Kreuztal, wie kann man da einfach mal so zig Millionen zusätzlich verballern?“ „Das grenzt hier an einen Schildbürgerstreich, schade für Kreuztal“, kommentiert ein anderer.
Auch interessant
Aufgegriffen wird der Raumbedarf der Schulen, denen insgesamt 23 Klassenräume fehlen. 2019 hatte der Rat beschlossen, eine vierte Ebene in Leichtbauweise auf das Dach von Gymnasium und Gesamtschule zu stellen. Bis zum Brand der Stadthalle im Mai 2022 wurde dieser Beschuss allerdings nicht umgesetzt. „War denn vor der Renovierung der Stadthalle nicht bekannt, dass Schüler Räumlichkeiten benötigen? Sind die Kinder plötzlich vom Himmel gefallen? Wo bitte war da die vorausschauende Planung?“, fragt nun jemand.
Auch interessant
Auch Alternativen zum Standort Stählerwiese werden in der Diskussion wieder genannt: „Warum wird das Bürgerforum nicht auf dem Roonparkplatz errichtet? Parkplätze drumherum bleiben und zusätzliche stehen in der Tiefgarage zur Verfügung.“ Ähnlich ein anderer Mitdiskutant: „An alter Stelle eine Stadthalle inklusive neuer Klassenräume zu bauen, was gibt das denn für einen Klotz? Ich fände den Roonstraßen-Parkplatz nicht verkehrt.“
Es gibt auch Zustimmung zu dem Gedanken, den bisherigen Standort der Stadthalle für eine Schulerweiterung zu nutzen. „Einen zentralen Standort für die Stadthalle fände ich natürlich optimal, aber da nahezu alle geeigneten Flächen derzeit in Nutzung sind, könnte man höchstens überlegen, größere Leerstände, wo ehemals Firmen ihren Standort hatten, zu kaufen. Es muss jedoch genügend Platz sein für eine angemessen große Halle plus Parkplätze und Anschluss an den ÖPNV. Den Standort Stählerwiese halte ich persönlich für ungeeignet.“
Eine andere Bürgerin weist auf die Nutzung des Parkplätze hin: „Hier starten sämtliche Busse für Klassenfahrten von drei Schulen, hier kommen Auswärts-Handballmannschaften mit Mannschaftsbussen und Fans an, hier parken Besucher der Gastronomie, der VHS, des Standesamtes, der KiTa. (...) Ich begreife es einfach nicht, dass eine Halle, die ewig geplant und lange gebaut wurde, jetzt ‚falsch‘ sein soll. Sie stand nur wenige Tage vor der Eröffnung und alles war gut und toll. Leider hat das Feuer sie zerstört. Dass man jetzt alles in Frage stellt, ist für mich absolut unverständlich.“
Dagegen eine weitere Kreuztalerin: „Das Erste und Wichtigste ist doch wohl ein zukunftsweisender und schneller Schulausbau. Der war übrigens schon längst beschlossen.“ Die Realisierung der Kombinationslösung werde länger dauern, nachzudenken wäre über einen anderen Standort für das Bürgerforum. „Baut doch einfach ne Stadthalle auf dem Bendergelände in Ferndorf“, rät jemand - auch diese Idee war im vorigen Jahr bereits aufgebracht und nicht weiter verfolgt worden. Eine weitere Bürgerin schließt sich an: „Die alten Benderhallen wären doch optimal für eine neue Stadthalle /Bürgerforum. Dort ist reichlich Platz für Parkplätze, der Bahnhof ist direkt anbindend und eine Bushaltestelle ist auch nur fünf Minuten entfernt. Zumal das alte Gemäuer so in neuem Glanze entsteht.“
Der Bürgermeister
Bürgermeister Walter Kiß sieht in Roonstraße und Bender-Gelände keine Alternativen. Der Parkplatz Roonstraße sei nicht nur zu klein, die angrenzende Wohnbebauung würde auch zu stark mit Lärm durch einen Stadthallenbetrieb belastet. Für das Ferndorfer Bender-Gelände sei die Stadt bereits vertragliche Verpflichtungen eingegangen, die Planungen seien zu weit vorangeschritten. „Das halten wir nicht mehr auf.“ Er halte Ferndorf zudem nicht für einen optimalen Standort. „Eine Stadthalle gehört in die Stadtmitte.“
Kiß erinnert daran, dass die Stadthalle ihren Standort in den 1980er Jahren deshalb bekommen hat, damit den Schulen eine Aula zur Verfügung gestellt werden kann. Der Bedarf würde wieder neu entstehen, wenn die Stadthalle woanders aufgebaut würde: „Das wäre dann Schilda.“ Dem Argument der vier Fraktionen, die „solitäre“ Schulerweiterung sei schneller umzusetzen als die Kombination mit einem Bürgerforum, widerspricht der Bürgermeister: „Nur marginal schneller“ wäre die reine Schul-Lösung. „Den Schulbetrieb retten wir dadurch nicht. Wir müssen ohnehin Container aufstellen.“
„Ich bin für einen Bürgerentscheid. Das macht mich echt sprachlos“, schreibt eine Kreuztalerin in einer Facebook-Gruppe und bekommt dafür Zustimmung. Bürgermeister Walter Kiß berichtet, dass im Rathaus tatsächlich bereits Erkundungen nach den Formalien für ein Bürgerbegehren eingeholt werden. „Der Bürgerwille wird immer deutlicher. Es würde mich wundern, wenn man sich am Donnerstag dagegenstellt.“
+++Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook!+++