Herdecke. Viele Sportler und Politiker sind im Goldenen Buch der Stadt Herdecke zu finden. Ein ganz bekannter Name fehlt jedoch.

Zwei dicke Wälzer liegen vor Fabian Haas, Leiter des Fachbereichs 1 bei der Stadt Herdecke, auf dem Tisch. Eines der Bücher hat über die Jahre sichtlich gelitten. Es ist buchstäblich aus dem Leim gegangen. Trotzdem ist der Inhalt unbezahlbar, denn bei den beiden Wälzern handelt es sich um die Goldenen Bücher der Stadt Herdecke, in die sich inzwischen unzählige Promis eingetragen haben.

Der erste Eintrag

Franz Müntefering erhält zum Dank den Herdecker Ehrenspaten.
Franz Müntefering erhält zum Dank den Herdecker Ehrenspaten. © Unbekannt | Yvonne Held

Das Goldene Buch der Stadt Herdecke ist gar nicht golden, wie der Name es verspricht. Es ist in braunes Leder gebunden. Der erste Eintrag der beiden jüngsten Exemplare ist von 1988. Matthias Mellinghaus, Meinrad „Auto“ Miltenberger und Marina Kielmann sind dort verewigt. Während viele jüngere Leser jetzt wahrscheinlich fragend die Augenbrauen heben, wissen andere schon längst Bescheid: Der Eintrag über den Unterschriften klärt auf, warum die Drei sich dort verewigen durften: „Am 4. Oktober 1988 empfängt Bürgermeister Hugo Knauer aus Anlass des Goldmedaillen-Gewinns von Matthias Mellinghaus im Ruder-Achter bei den Olympischen Spielen in Seoul die Herdecker Olympiateilnehmer Matthias Mellinghaus (Goldmedaille 1988 Ruder-Achter Seoul), Meinrad „Auto“ Miltenberger (Goldmedaille 1956 Kajak-Zweier Melbourne), Marina Kielmann (10. Platz 1988 Eiskunstlauf Calgary).“ Neben der Schriftseite ist ein Schwarz-Weiß-Foto der Delegation samt Eltern und Bürgermeister aufgeklebt. Und sportlich soll es auch weitergehen. Beispielsweise empfängt Bürgermeister Hugo Knauer am 16. März 1989 Herdeckes erfolgreichste Ruderin Sonja Petri (unter anderem 1985 Weltmeisterin, 1987 WM-Silbermedaille, 1986 und 1988 WM-Bronze jeweils im Leichtgewichts-Vierer ohne Steuerfrau).

Erfolgreiche Steigerung

Aber wie kommt man eigentlich in das Goldene Buch der Stadt Herdecke? „Bei den Sportlern schauen wir selbst, welche Erfolge von heimischen Akteuren gefeiert werden und laden sie dann dementsprechend ein“, erklärt Fabian Haas das Vorgehen. Wichtig dabei ist jedoch: Jeder kann für seinen Erfolg nur einmal eingetragen werden. Deutscher Meister, Europameister, Weltmeister, Olympiasieger – Ruderer Johannes Weißenfeld ist mehrfach im Buch vertreten, aber immer wieder mit einer Steigerung seiner Leistungen in den unterschiedlichen Wettkämpfen.

Politiker bekommen keine Einladung

Politiker hingegen bekommen keine Extra-Einladung für ihre Unterschrift im Goldenen Buch. Die leisten die meisten Besucher am Rande, denn oft gibt es etwas zu besprechen oder Förderbescheide werden überreicht. Am 9. Juli 1992 beispielsweise stattete der damalige Ministerpräsident Johannes Rau der Stadt Herdecke einen Besuch ab. Er war eigentlich nur auf der Durchreise zu einer Plenarsitzung des Direktoriums der Uni Witten/Herdecke. Bürgermeister Hugo Knauer nutzte die Gelegenheit und überreichte Rau einen Herdecker Ehrenspaten. Das gleiche Geschenk erhielt am 3. April 1995 ein anderer Politiker. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW war zu Besuch und informierte sich über die Erziehungsberatungsstelle des GVS Herdecke. 1995? Wer war das noch gleich? Richtig! Die Rede ist natürlich von Franz Müntefering.

Justizminister und Kriminologe

Prof. Dr. Christian Pfeiffer verewigte sich am 10. Mai 2012 im Rahmen seiner Fahrradtour zugunsten der deutschen Bürgerstiftungen im Goldenen Buch. Pfeiffer? Wer war das noch gleich? Manchen wird er als ehemaliger Justizminister in Erinnerung sein, aber er wird auch als Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen geführt.

Deutscher Meister

Eins der bekanntesten Gesicht: Ministerpräsident Johannes Rau (2. von rechts).
Eins der bekanntesten Gesicht: Ministerpräsident Johannes Rau (2. von rechts). © Unbekannt | Yvonne Held

Knapp zwei Monate später im Juli 2012 empfing Bürgermeisterin Dr. Katja Strauss-Köster gleich die nächste Prominenz. Diesmal wieder einen Sportler, der insbesondere Fußballherzen höher schlagen lassen dürfte. Gleich dreimal wurde er bis dahin Deutscher Meister (2007, 2011, 2012) und einmal DFB Pokalsieger (2012). Na, klingelt’s? Die Rede ist von Antonio Da Silva. Mit seiner Frau und seinen beiden Kindern kam er damals ins Herdecker Rathaus.

Echter Weltmeister

Ein echter Weltmeister, der noch heute in Herdecke sehr gut bekannt ist, zumal seine Zwillinge in seine Fußstapfen treten, ist Mark Warnecke. Der Schwimm-Weltmeister über 50 Meter Brust von 2005 in Montreal hat sich im August desselben Jahres verewigt.

Oscar-Preisträger

Weniger sich selbst als vielmehr andere Menschen stellt der nächste Vertreter ins Scheinwerferlicht – und das sogar buchstäblich. Zum 18. Herdecker Filmwochenende der Filminitiative Herdecke im Onikon gab sich Regisseur und Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff die Ehre. Der stellvertretende Bürgermeister Hans-Dieter Weber empfingt ihn am 23. Oktober 2000.

Prinz von Preußen

Zu Adel verpflichtet, hieß es am 7. Oktober 2000 im Herdecker Rathaus. Im Rahmen des Rittertags der Westfälischen Genossenschaft des Ritterlichen Ordens St. Johanni vom Spital zu Jerusalem besucht der Herrenmeister des Johanniterordens, Dr. Oskar Prinz von Preußen, die Stadt Herdecke und trägt sich dort ins Goldene Buch ein.

Eigener Eintrag

Während eigentlich darauf verzichtet wird, dass die Gäste neben ihrer Unterschrift noch etwas händisch in das Buch eintragen, bewies die Konsulin des italienischen Generalkonsulats Dortmund, Dr. Maria Adelaide Frabotta, am 14. November 2006 beim Besuch von Bürgermeister Hans-Werner Koch, dass italienisches Temperament eben nicht vor Goldenen Büchern halt macht. „Pu un piacuole inizio di collabazzione italo-tedesco“, steht unter dem feinsäuberlichen Ausdruck für ihren Eintrag mit roter Tinte geschrieben. Übersetzt bedeutet das so viel wie: „Es könnte ein erfreulicher Auftakt für die italienisch-deutsche Zusammenarbeit sein.“

Heute noch aktiv

Weit jüngeren Datums ist der Eintrag einer Sportlerin, die noch heute aktiv ist. Anna-Lena Frömming hat sich am 18. Mai 2010 als „Gewinnerin vieler nationaler und internationaler Titel von der fünffachen Deutschen Meisterschaft über zahlreiche europäische Landestitel bis hin zur erfolgreichen Teilnahme an Europa-und Weltmeisterschaften“ verdient gemacht.

Die Unterschrift von Anna-Lena Frömming sieht heute auch anders aus.
Die Unterschrift von Anna-Lena Frömming sieht heute auch anders aus. © Unbekannt | Yvonne Held

Bundestagspräsident

Am 12. September 2011 stattete der damalige Präsident des Deutschen Bundestags, Prof. Dr. Norbert Lammert, der Stadt Herdecke einen Besuch ab. Er hielt damals einen Vortrag bei der Herdecker Bürgerstiftung. Er durfte sich übrigens nicht nur über einen Herdecker Ehrenspaten freuen, sondern bekam obendrein auch noch ein gutes Tröpfchen mit auf den Rückweg nach Berlin: eine Flasche „Herdecker Sackträger“. Nicht nur auf der Durchreise, sondern in Herdecke beheimatet ist hingegen Dr. Reinhard Rauball. Als Präsident von Borussia Dortmund und Präsident des Ligaverbands sowie als Vorsitzender des Aufsichtsrates der Deutschen Fußball Liga (DFL) trägt er sich am 20. Juli 2011 bei der Bürgermeisterin ins Goldene Buch ein.

Fehlender Name

Wo wir gerade beim Fußball sind, wie kommt es eigentlich, dass sich nicht mehr Fußballprofis in dem Buch verewigt haben? Das liege an der hohen Fluktuation, erklärt Fabian Haas. Bei den zum Teil sehr kurzfristigen Verträgen und daher auch oft kurzen Verweildauer in Herdecke müsse schon ganz besonderes geleistet werden, um seine Unterschrift in das Buch setzen zu dürfen. Besonderes geleistet? Da fällt doch ein Name ein, der trotzdem nicht im Buch zu finden ist. Im Sommer 2008 wurde Jürgen Klopp Trainer bei Borussia Dortmund, eineinhalb Jahre später bezog er mit seiner Familie ein Haus in Herdecke. Und meldete sich „ordnungsgemäß“ bei Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster im Rathaus an. Seine Villa am Ahlenberg wurde für den Erfolgstrainer in seiner siebenjährigen Ära beim BVB mit zwei Meistertiteln, dem DFB-Pokalsieg und dem Einzug ins Champions-League-Finale zum perfekten Rückzugsort, die er auch nach dem Wechsel zum FC Liverpool behielt. Zunächst wohnten dort seine Söhne, dann vermietete Klopp das Haus an BVB-Neuzugänge. Zunächst an Ousmane Dembélé, bis dieser zum FC Barcelona wechselte, 2018 dann an den aktuellen Dortmunder Spieler Marius Wolf. Doch egal, wie oft man hin und her blättert. Klopp ist in dem Buch nicht zu finden. Ein Versehen oder Absicht? „Jürgen Klopp war vorgesehen, sich einzutragen, aber irgendwie hat es nicht geklappt“, erklärt Haas. Obwohl sich Klopp damals ordnungsgemäß bei der Bürgermeisterin auch in medialer Begleitung angemeldet hatte.