Herdecke. Meinrad „Auto“ Miltenberger holte 1956 Gold. Nun erinnert ein Gedenkstein auf dem Vereinsgelände des Kanu-Clubs an Herdeckes ersten Olympiasieger

Wer ältere Herdecker nach den berühmtesten Persönlichkeiten der Stadt fragt, erhält als eine der ersten Antworten: Meinrad „Auto“ Miltenberger. Für die Jüngeren eine kurze Vorstellung: Kanute, Olympiasieger 1956 in Australien im Zweier, Weltmeister 1954 und 1958, mehrfacher deutscher Meister, 1960 bis 1969 Bundestrainer, 1993 im Alter von 69 Jahren gestorben.

Unvergessen sind für viele die Straßenparade und der Empfang in der Stadt nach der Goldmedaille in Melbourne oder nach einem WM-Titel. Gleichwohl: Ein Personenkult um Herdeckes ersten Olympiasieger (Ruderer Matthias Mellinghaus folgte 1988 im Deutschland-Achter) ist in der Stadt nicht entstanden, auch wenn es seit 2016 im Westfalia-Wohnquartier den Meinrad-Miltenberger-Weg gibt. „Auch im Herdecker Kanu-Club müssen wir unseren jüngeren Sportlern oft erklären, wer Auto war“, sagt Thomas Spenner.

Erinnerungen an Meinrad „Auto“ Miltenberger, Herdeckes ersten Olympiasieger: Am Herdecker Kanu-Club haben Thomas Spenner, Uli Weishaupt (vorne von rechts), Timothy Vincent, Karl-Heinz Brandenstein, Dieter Lucht und Gerd Richter (hinten von rechts) einen Gedenkstein aufgestellt.
Erinnerungen an Meinrad „Auto“ Miltenberger, Herdeckes ersten Olympiasieger: Am Herdecker Kanu-Club haben Thomas Spenner, Uli Weishaupt (vorne von rechts), Timothy Vincent, Karl-Heinz Brandenstein, Dieter Lucht und Gerd Richter (hinten von rechts) einen Gedenkstein aufgestellt. © Steffen Gerber

Zu seinem Heimatverein pflegte Miltenberger stets eine enge Beziehung, dieser ernannte ihn zum Ehren-Mitglied und bewahrt bis heute einige Erinnerungsstücke auf. Ein Gedenkstein befindet sich nun mitten auf dem Vereinsgelände am Ufer. Etwas versteckt zwischen Pflanzen, aber sichtbar. Es handelt sich um einen Findling. Auf dem Stein stehen Miltenbergers Nach- und sein Spitzname. Dafür sorgte der hiesige Steinbildhauer Timothy Vincent, der beim Einarbeiten Miltenbergers Handschrift berücksichtigte.

Die Idee zu dieser kleinen Erinnerungsstätte hatten mehrere Herdecker. Als nach 25 Jahren die Auflösung des Miltenberger Familiengrabs (die Messingbuchstaben waren nicht mehr im besten Zustand) am Friedhof Zeppelinstraße anstand, entdeckte Uli Weishaupt den Stein und informierte Heimatforscher Willi Creutzenberg. Das Duo sprach mit dem Kanu-Club, etwa mit „Autos“ Weggefährten Gerd Richter. Über Klaus Korge entstand der Kontakt zu Vincent, der den Findling in Abstimmung mit den Technischen Betrieben vom Friedhof abholte und diesen nach einer Überarbeitung nun zum Vereinsgelände brachte.

Nicht zu prominent platziert

Die Beteiligten und auch Vereinsmitglieder waren sich im Frühjahr 2019 einig: Hier soll das Erinnerungsstück seinen letzten Platz finden, damit „Auto“ nicht in Vergessenheit gerät. Spenner: „Man soll den Stein sehen, ohne darüber zu stolpern.“ Zumal es nicht mehr viele gibt, die Miltenberger persönlich kannten. Gerd „Charly“ Richter war mit ihm oft im Urlaub. „Er war ein hervorragender Skifahrer“, sagt der 82-Jährige, der 1956 beim Empfang und dem Zug durch die Gemeinde neben dem Olympiasieger herlief. „Solch ein Spektakel wäre heute nicht mehr denkbar“, meint Spenner, der die Vereinsikone als kollegial und verlässlich beschreibt. Diese habe auch viel für den Kanu-Sport in Herdecke und darüber hinaus getan.

Spitzname wegen eines misslungenen Modellflugzeugs

Seinen Spitznamen erhielt Miltenberger in der Hitler-Jugend, so Uli Weishaupt. Beim Basteln sollte ein Flugzeug aus Draht und Holz hergestellt werden. Sein Modell sah seltsam aus. „Das wird ein Auto“, so Miltenbergers Ausrede.

Während das Onikon ihm 2015 einen Themenabend widmete, erhalten 500-Meter-Sieger bei der Herdecker Regatta seit vielen Jahren den Meinrad-Miltenberger-Gedächtnispreis (geschnitzte Holz-Sackträgerfigur aus Bayern).

Uli Weishaupt erinnert sich, wie er 1956 am Straßenrand bei Miltenbergers Empfang stand. „Als Kind habe ich ihn verehrt und bin im Frühjahr 1957 zu seinem Vortrag mit Australien-Fotos ins Ruhrtheater gegangen, obwohl ich keinen Bezug zur Sportart hatte.“ Bemerkenswert: Trotz einer Schussverletzung an der Schulter im Zweiten Weltkrieg konnte „Auto“ danach zu den großen Erfolgen paddeln.

Der Findling auf dem Vereinsgelände.
Der Findling auf dem Vereinsgelände. © Steffen Gerber

Als er 1993 an der Lungenkrankheit Asbestose starb, führte das Weishaupt auch auf seinen Beruf als Ofenmaurer in der Hasper Hütte zurück. „Der hat da Steine gemauert, in denen das Zeug drin war“, bestätigt Richter, der mit seinem Freund wegen dessen Krankheit noch zur Kur gefahren war. „Und auch beim Bau unseres Herdecker Bootshauses in den 1980-er Jahren habe ich mit Auto an der Schippe gestanden und Fundamente ausgehoben. Er war auch ein Kumpeltyp, aber man sollte ihm besser nicht widersprechen.“ Dieter Lucht, der mit Miltenberger früher im Zweier paddelte, ergänzt: „Er war unser Leitwolf, der uns geführt und Vorgaben gemacht hat.“