Herdecke. Herdeckes Ex-Ruderstar hat wohl eine der größten Herausforderungen angenommen: Ein Leben nach dem Profi-Sport.
Der ehemalige Olympia-Zweite steht kurz vor seinem zweiten Medizin-Staatsexamen. Dabei hilft ihm einiges, was er durch den Sport mitgenommen hat. Er schaut schon noch oft auf seine ehemalige Passion, den Sport, in dem er bis auf die höchste Ebene sehr erfolgreich unterwegs war. Das gesteht Johannes Weißenfeld.
Der Ruderer aus Herdecke hat vor einem halben Jahr seine Karriere im Achter offiziell beendet – und bleibt nun bei seinem Entschluss. Zumindest, was die ganz große Bühne betrifft. Was für ihn jetzt im Fokus steht: sein Medizinstudium. Dabei bereitet er sich täglich auf sein zweites Staatsexamen vor. Im April wird Johannes Weißenfeld schriftlich geprüft. „Es ist ein Multiple-Choice-Format, aber man muss dafür ein umfangreiches Wissen vorweisen“, erklärt der Ex-Ruderer. Er hat sich einen Lernplan für 100 Tage aufgestellt, um bestens gerüstet zu sein. Ähnlich, wie im Leistungssport, in dem er Woche für Woche seine Trainingspläne abarbeitete. „Dadurch habe ich mir eine gute Struktur geschaffen, was sehr hilfreich ist“, sagt der Herdecker.
Früher musste er nach dem harten, umfangreichen Training auf dem Wasser und an Land in den Wettkämpfen liefern. Das steht ihm als angehender Mediziner nach dem zweiten Staatsexamen in praktischen Einheiten im Krankenhaus bevor. Ein Jahr wird er Patienten mit behandeln und dabei geprüft, ehe im Anschluss das dritte und abschließende Staatsexamen ansteht. Ob ihm die Gewohnheit durch seine sehr kleinteilig getaktete Sportkarriere im Gegensatz zu anderen hilft, könne er jedoch nicht wirklich einschätzen. Johannes Weißenfeld freut sich nun sehr auf die neuen Aufgaben: „Ich bin motiviert bis in die Haarspitzen.“
Zumal er für den Blick hinter die Kulissen einiges aus seinem Sport mitnehmen kann. Etwa was die Bereiche Physiologie oder Regeneration betrifft. Er muss als ehemaliger Hochleistungssportler seinen Körper langsam abtrainieren, was ihm aus wissenschaftlicher Sicht klar ist. Darin ergibt sich für ihn also von beiden Seiten aus ein Vorteil. „Es gibt aber keinen Goldstandard, der gesunde Menschenverstand ist dabei gefragt“, so der 28-Jährige, der zwischendurch auch mal zwei Wochen durch eine Corona-Infektion seine Sporteinheiten unterbrechen musste. „Dabei hat sich mein Körper unwohl gefühlt. Durch die Bewegung danach ging es mir sofort wieder besser. Ich schaue, dass ich möglichst langsam das Pensum reduziere. Ich muss und werde weiterhin die Pumpe und die Muskulatur trainieren. Das ist generell bis zum Lebensende am gesündesten“, weiß der Medizinstudent. Aber genauso: „Es ist im Arbeitsleben natürlich oft schwierig, beides miteinander zu kombinieren.“
Neben Fahrradfahren und Krafttraining hat der Sportler seit kurzer Zeit Cross-Fit als neues Hobby für sich entdeckt. Johannes Weißenfeld ist klar geworden, inwiefern sportliche Werte ihm mit Blick auf die nächsten Aufgaben im Beruf helfen können. „Ich habe mein halbes Leben lang Teamsport betrieben. Dabei musste ich mich erst einmal individuell zeigen und gegen andere Ruderer durchsetzen, um die begehrten Plätze im Boot zu erhalten“, blickt er zurück. Dann aber zogen die Sportler im Achter alle an einem Strang, anders wäre kein Erfolg möglich. „Den Schalter umzulegen, ist manchmal nicht so einfach. Man muss kollegial miteinander umgehen, auch wenn man weiter auf sich selbst schauen muss.“
Im Job sei es ähnlich, Mediziner können nur gemeinsam mit Pflegekräften und und anderen Ärzten ein vernünftiges Ergebnis erreichen. „So kann ich die Werte weiterleben, die ich gelernt habe und werde dies auch tun“, betont Johannes Weißenfeld, der zu 100 Prozent hinter seiner Entscheidung steht, das Ruder beiseite zu legen – trotz Optionen, weitere Erfolge einzuheimsen. Er gibt aber zu: „Man überlegt zwischendurch schon, ob man bei den aktuellen Ruderern noch mithalten oder weitere Fortschritte machen könnte.“
Dadurch, dass er einen weiteren Lebensplan hatte, ist der bodenständige Typ auch nicht ein Loch gefallen, wie es manchen Ex-Leistungssportlern schon mal passiert. Denn er war direkt an anderer Stelle gefordert und hatte daher einen einfachen Übergang in seine neue Lebensphase.
In der wird er das Rudern nicht ganz aus den Augen lassen. Er schaute auch mal bei seinem Heimatverein RC Westfalen vorbei, bei dem er früher das Kindertraining unterstützte. Bislang sei er noch nicht angesprochen worden, ob er demnächst als Trainer mit einsteigen könne. Aktuell sei es zeitlich nicht möglich. Grundsätzlich vorstellen kann sich er sich das aber. An einem großen Stützpunkt wie in Dortmund eher nicht. Aber junge Sportler auf ihrem Weg nach oben zu unterstützen, das schon: „Ich möchte es auch vernünftig machen, wenn es dazu kommen sollte“, betont Johannes Weißenfeld – und wäre seiner Passion weiterhin als Respektsperson verbunden.