Hagen. Die Polizei Hagen macht junge Fahrer auf Raser-Unfälle aufmerksam. Sie parkt ein Auto, in dem ein Mann zu Tode gekommen ist, auf dem Schulhof.

Vielleicht war es kein klassisches Rennen. Aber der erste tödliche Verkehrsunfall des Jahres hat viele Menschen in Hagen bewegt: Auf dem Volmeabstieg ist ein 25-Jähriger mit seinem Auto in den Gegenverkehr gerast und frontal mit einem VW Phaeton zusammengestoßen. Zeugen haben laut Polizei berichtet, dass der junge Mann mit hoher Geschwindigkeit unterwegs gewesen sei. Er hatte mehrere Fahrzeuge überholt - an einer Stelle, an der das bei einer doppelten durchgezogenen Linie verboten ist.

Es gibt sie, die Parallelen zu jenem Unfall, von dem Annika Aufdemkamp auf dem Schulhof des Hildegardis-Gymnasiums erzählt. Einen Auflieger hat die Polizei hier geparkt. Darauf steht ein völlig deformierter VW Touareg. Ein eigentlich stabiler SUV. Ein Auto, in dem ein 46-Jähriger Familienvater am 29. April 2022 in Ostwestfalen sein Leben verloren hat. Auch er hatte zu viel riskiert. Auch er hatte überholt. Bei einem verbotenen Rennen, an dem er und sein Kollege des Morgens auf dem Weg zur Arbeit teilgenommen hatten.

Polizei will Schüler erreichen

Der Auflieger mit dem Unfall-Wagen ist Teil der Kampagne „#Verantwortung stoppt Vollgas“, die in ganz NRW auf Tour ist. Verkehrssicherheitsberater wie Annika Aufdemkamp und ihre Kollegin Viola Seel sind damit an weiterführenden Schulen unterwegs. Um jene zu erreichen, die gerade den Führerschein gemacht haben oder die ihn bald angehen wollen.

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Aufklärung am Unfallauto: Viola Seel und Annika Aufdemkamp von der Polizei Hagen sprechen mit (von links) Giuleana, Greta und Lehrerin Christiane Kaltenegger. © WP | Michael Kleinrensing

„Wer an einem Rennen teilgenommen hat, bei dem ein Mensch zu Tode kommt und als Verursacher eingestuft wird, kann wegen Mordes verurteilt werden.“

Tim Sendler
Sprecher der Polizei Hagen

Junge Menschen, wie Greta Vogthöfer und Giuleana Trunzo, die die Q2 besuchen und in diesem Jahr Abi machen. „Unter uns ist Raserei eigentlich kein Thema“, sagt Greta, „aber zu Hause in der Familie schon. Meine Eltern schicken mir immer wieder mal Berichte von Unfällen.“ Beim wem sie sich mit ins Auto setze - das überlege sie sich gut, erzählt Giuleana. „Ich mache das nur bei meinen Freunden“, sagt die 18-Jährige, „bei Menschen, denen ich auch vertrauen kann.“

Auto-Crash bei illegalem Rennen in Dortmund

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    Keine Tuning- und Raser-Szene in Hagen

    Immerhin sind sie in einer Stadt unterwegs, in der - anders beispielsweise als das benachbarte Dortmund - keine ausgewiesen Raser- oder Tuning-Szene Probleme bereitet. „Im Polizeipräsidium Dortmund ist eigens eine Taskforce eingerichtet worden“, sagt Tim Sendler, Sprecher der Polizei Hagen. „Auf dem Innenstadtring gibt es seit Jahren massive Probleme.“

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    Polizeihauptkommissarin Viola Seel von der Polizei Hagen weist am Auto-Wrack auf die Gefahren von verbotenen Rennen hin. © WP | Michael Kleinrensing

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    Und das, so Sendler weiter, obwohl die Rechtssprechung in den letzten Jahren immer schärfer ausgefallen sei. „Wer an einem Rennen teilgenommen hat, bei dem ein Mensch zu Tode kommt und als Verursacher eingestuft wird, kann wegen Mordes verurteilt werden“, so der Polizeisprecher. Unter anderem in Köln und Berlin habe es entsprechende Urteile gegeben.

    Schwere Raser-Unfälle in Hagen

    Schwere Unfälle nach verbotenen Rennen gibt es allerdings auch in Hagen. Der Prozess um einen Unfall auf der Feithstraße - dort hatten sich im Frühjahr 2016 ein Skoda Fabia RS und eines Audi A6 nahe der Fernuniversität ein verbotenes Rennen geliefert - hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Ein Sechsjähriger wurde dabei schwerstverletzt und schwebte über Tage in Lebensgefahr. Zuletzt hatte es einen Unfall nach einem verbotenen Rennen an der Kattenohler Straße gegeben. Im Mai hatte die Polizei zwei 18-jährige Raser aus dem Verkehr gezogen, die auf der Eckeseyer Straße mit Tempo 115 (erlaubt sind hier 50 km/h) erwischt wurden. Auch hier bestand der Verdacht eines verbotenen Rennens.

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    Von diesem Auto, das die Polizei Hagen auf dem Schulhof des Hildegardis-Gymnasiums abgestellt hat, ist nicht mehr viel übrig. Es wird auf Schulhöfen eingesetzt, um Schüler auf die Gefahren von Raserei aufmerksam zu machen. © WP | Michael Kleinrensing

    Annika Aufdemkamp führt Greta, Giuleana und all die anderen Schüler der Hilde um das Wrack. Sie fragt nach eigenen Erfahrungen, zeigt einen Film, in dem es um den tödlichen Raser-Unfall geht und spricht über das, was dort zu sehen ist. Dabei ist die Polizistin jemand, der authentisch von Raserunfällen berichten kann. Sie selbst saß im Jahr 2010 in einem Streifenwagen, der von einem Auto auf der Eckeseyer Straße mit hoher Geschwindigkeit gerammt wurde. Zwei Halswirbel wurden gebrochen.

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    „#Verantwortung stoppt Vollgas“ heißt eine Kampagne, an der sich auf die Polizei Hagen beteiligt. © WP | Michael Kleinrensing