Hagen. Hagener Entsorgungsbetrieb testet auf den Müllsammelfahrzeugen eine neue Kamera-Technologie. Erste Erfahrungen sind vielversprechend.
Auf der Suche nach wilden Müllkippen oder illegalen Abfall-Ablagerungen am Straßenrand mit offenen Augen durch die Straßen zu streifen, war früher: Für diesen wichtigen Späher-Job im Kampf für mehr Stadtsauberkeit hat der Hagener Entsorgungsbetrieb (HEB) sich jetzt den Kollegen „Künstliche Intelligenz“ (KI) mit ins Boot geholt.
„Wir haben im Oktober das Software-Programm ,Datafleet‘ in Betrieb genommen“, erzählt HEB-Geschäftsführer Sven Lindemann und zeigt sich vom Anfangserfolg dieser Technologie-„Personalie“ sehr angetan: „Die ersten drei Müllfahrzeuge, die ja fast jede Straße im Stadtgebiet befahren, sind mit Kameras und einer dahinter geschalteten KI ausgestattet. Diese kann bei der Fahrt durch das Stadtgebiet sehr schnell und genau illegale Müllablagerungen aller Art erfassen und umgehend an die richtige Abteilung in unserem Haus weiterleiten“, so der HEB-Chef. Die Folge: Mitarbeiter können dann so schnell wie möglich ausrücken, um alles zu beseitigen.
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„Die Künstliche Intelligenz kann bei der Fahrt durch das Stadtgebiet sehr schnell und genau illegale Müllablagerungen aller Art erfassen und umgehend an die richtige Abteilung in unserem Haus weiterleiten.“
Die kleine, schwarze Kamera, unscheinbar montiert direkt hinter der Frontscheibe der Fahrerkabine, erfasst während der Touren entlang der Fahrstraßen sämtliche Auffälligkeiten, kategorisiert diese, erstellt ein gestochen scharfes Foto und liefert zugleich den exakten Standort gleich mit. Die in einer Box im Fahrzeug platzierte Software sorgt zugleich dafür, dass sämtliche Autokennzeichen und Personen sofort verpixelt werden, sodass die datenschutzrechtlichen Regeln eingehalten werden. Selbst der Administrator bekommt auf den Bildern nicht mehr zu sehen als den erfassten Unrat und die präzise Lokalisierung mitsamt einem Kartenausschnitt. Mit diesen Aufnahmen lassen sich Problemstellen wie wilde Müllablagerungen oder stark verschmutzte Bereiche zuverlässig identifizieren.
Direkt auf den Rechner des Einsatzleiters
Jeden Morgen findet Jens Steinbach, Einsatzleiter Straßenreinigung beim HEB, auf seinem Rechner die gesammelten Auffälligkeiten, die bislang von drei Müllsammelfahrzeugen im Hagener Stadtgebiet täglich zusammengetragen werden. Je nach Verschmutzung entscheidet er, ob die Meldung direkt an eines der Reinigungsteams des Hagener Entsorgers geht oder zur Verursacherermittlung an die Waste Watcher weitergeleitet wird. „Die KI erkennt mehr als das menschliche Auge“, zeigt sich Steinbach von den bislang gemachten Erfahrungen begeistert: „Neulich hatten wir mal alte Bretter, die vor einer beigefarbenen Hauswand lagerten – ich habe sie fast nicht erkannt.“ Zum Glück hatte die KI die Hölzer gleich farbig eingekreist.
„Die KI erkennt mehr als das menschliche Auge.“
„Durch die Fähigkeit des Systems, den Unrat zu identifizieren und zu kategorisieren, werden beispielsweise am Straßenrand stehende Gelbe Säcke gar nicht erst erfasst“, skizziert Projektleiterin Nicole Flocco die Leistungsfähigkeit von Datafleet. Zugleich macht sie deutlich, dass sich im Laufe der Zeit eine sogenannte „Heatmap“ erstellen lässt, auf der sich Verschmutzungsbrennpunkte herauskristallisieren. „So können wir perspektivisch auch unsere Disposition optimieren, unsere betrieblichen Ressourcen besser einsetzen und somit noch effizienter arbeiten“, ist Flocco überzeugt, dass die relativ überschaubaren Datafleet-Kosten sich für das Unternehmen mittelfristig bezahlt machen.
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Auf allen Hagener Straßen unterwegs
Bereits jetzt erweist sich in den Augen des HEB eindrucksvoll, wie effektiv das neue System ist. Innerhalb der bisherigen Einsatzzeit konnten die Fahrzeuge durchschnittlich fünf bis zehn Bilder am Tag aufnehmen, die zur Optimierung der Stadtsauberkeit genutzt wurden. Die drei Müllsammelfahrzeuge sind im Laufe einer Woche in allen Hagener Stadtgebieten unterwegs und legen dabei fast 600 Kilometer Strecke zurück. Ähnlich positive Erfahrungen, so Projektleiterin Flocco, machten auch andere Kommunen, wo Datafleet ebenfalls zum Einsatz kommen.
„Wir können perspektivisch unsere Disposition optimieren, unsere betrieblichen Ressourcen besser einsetzen und somit noch effizienter arbeiten.“
HEB-Geschäftsführer Sven Lindemann sieht das Projekt nach den ersten zehn Praxis-Wochen durchaus auf der Erfolgsspur: „Es spart Ressourcen und beeinflusst das Stadtbild positiv. Es ist ein nachhaltiges Thema und schreit geradezu danach, ausgebaut zu werden“, zeigt er sich vor allem fasziniert, dass die KI-Technologie das gesamte Spektrum von überlaufenden Mülleimern, über Kartonagen-Reste neben Altpapiercontainern bis hin zu Renovierungsmüll-Säcken und abgelagerten Altmöbeln erfasst. „Unser Ziel war es, schneller zu sein als der Mängelmelder der Stadt Hagen, wo die Beschwerden der Bürger auflaufen – das haben wir bislang immer erreicht.“ Insgesamt sieht Lindemann den Datafleet-Einsatz als sinnvolle Ergänzung zu den Waste-Watcher-Streifenfahrten: „Wir können also insgesamt die Verschmutzung in Hagen noch besser eindämmen.“
Pilotprojekt läuft über ein Jahr
Einsatzleiter Steinbach erinnert zugleich daran, dass es auch darum gehe, die langjährige Erfahrung, dass Müllablagerungen am Wegesrand nur weiteren Müll anziehen, durchbrochen werde. Ob das tatsächlich gelingt, wird das auf zwölf Monate angesetzte Pilotprojekt jetzt zeigen müssen. Doch die ersten Erfahrungswerte sind vielversprechend, dass Datafleet langfristig in die Reinigungsstrategie des HEB integriert werden kann.