Hagen. Immer wieder Notbetreuung oder Schließtage: Die ständigen Kita-Ausfälle machen Familien zu schaffen. Jetzt starten Hagener Mütter eine Petition
Es ist ein weiterer Hilferuf von Hagener Familien. Ein weiterer Hilferuf an die Öffentlichkeit, weil sich einfach nichts zu ändern scheint. „Wer kämpft denn sonst für unsere Kinder? Nur wir als Eltern …“, sagt Kristina Sitterli.
Sie hat sich mit anderen Müttern ihres Kindergartens zusammengeschlossen, um eine Petition auf den Weg ins Rathaus zu bringen, in der die Familien fordern, dass die Kitas in Hagen mit mehr Personal ausgestattet werden. In der Vergangenheit hatten sich schon mehrfach Eltern an die Redaktion gewandt, weil es in ihren Einrichtungen immer wieder ähnliche Probleme gab.
Innerhalb von drei Tagen sammelten die Mütter bereits 200 Unterschriften, die sie als ersten Zwischenstand nun an die Stadt übergeben möchten, während die Sammelaktion weiter läuft. „Wir wissen, dass das vermutlich nichts ändern wird. Aber wir wollen es trotzdem versuchen. So geht es nicht weiter“, ist die Hagenerin überzeugt.
„Wir wissen, dass das vermutlich nichts ändern wird. Aber wir wollen es trotzdem versuchen. So geht es nicht weiter.“
Seit gut einem Jahr ist in ihrer Kita in der Twittingstraße immer wieder Notbetreuung. Mal sind es Tage. Dann Wochen. „Seit den Sommerferien ist es jetzt ganz extrem. Seit Ende September bis zu den Weihnachtsferien war meine Tochter (4) in Summe vielleicht zwei Wochen in der Kita. Auch die ganze nächste Woche ist wieder Notbetreuung“, sagt die Mutter, die aktuell in Elternzeit ist, im Februar aber wieder in ihren Job einsteigen möchte. „Ich kann mir noch nicht vorstellen, wie das funktionieren soll.“
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Keine Planungssicherheit
Den Müttern ist es wichtig zu betonen, dass sie die Schuld nicht bei dem Personal der Einrichtung suchen. „Für alle ist die Situation stressig. Das Personal arbeitet am Anschlag. Es gibt schon Langzeit-Krankenfälle bei uns. Wenn jetzt noch jemand krank wird oder Urlaub hat, dann wäre die Kita vermutlich wieder komplett geschlossen. Auch den Fall hatten wir schon mehrfach“, sagt Mutter Lisa Schneider.
„Für alle ist die Situation stressig. Auch das Personal arbeitet am Anschlag.“
Ihr Sohn ist seit Anfang Dezember fast durchgehend zu Hause. „Er will schon gar nicht mehr in die Kita. Für die Kinder tut es mir einfach leid. Das heißt nicht, dass wir sie nicht zu Hause haben möchten oder uns in der Zwischenzeit ausruhen. Ihnen fehlen ihre Freunde und durch die Ausfälle auch Bezugspersonen“, ärgert sich die 36-Jährige.
Am ärgerlichsten für alle ist, dass die Planbarkeit fehlt. An vielen Tagen bekommen die Eltern erst morgens um 7 Uhr Bescheid, ob ihr Kind in den Kindergarten kommen darf oder nicht. „Die Stadt verweist immer auf einen Springer-Pool für Ausfälle. Davon merken wir aber nichts. Ausfälle werden quasi nicht kompensiert“, sagt auch Kristina Sitterli. Und das bei voller Beitragszahlung.
Ein Versuch von Hagener Eltern, bei einer festgelegten Zahl an Ausfall- oder Notbetreuungstagen eine Teilrückerstattung der Kitagebühren zu erhalten, war zuletzt im Rat gescheitert. In anderen Städten - beispielsweise Breckerfeld - gibt es eine derartige Regelung. Agnes Zieba hat dafür kein Verständnis. Sie ist alleinerziehend, arbeitet Vollzeit für einen ambulanten Dienst, hat einen 45-Stunden-Kitaplatz gebucht. „Ich habe das mal durchgerechnet. Wenn ich nur halbtags arbeiten gehen würde, bekäme ich den Kinderzuschlag und müsste keine Kitagebühr zahlen. Am Ende würde sich das für mich fast mehr lohnen - das ist doch einfach nur traurig“, sagt sie und schüttelt den Kopf.
Die Mütter wissen auch, dass die Stadt nicht für den Personalschlüssel verantwortlich ist. „Aber dieses Problem braucht mehr Aufmerksamkeit und mehr öffentlichen Druck. Vielleicht kann sich dann etwas ändern“, fordern die Frauen.
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Stadt: Für mehr Personal wäre Änderung des KiBiz nötig
Die Stadtverwaltung Hagen betont mit Blick auf den Hasper Fall und Kita-Ausfälle: „In wie vielen städtischen Kitas in Hagen eine Notbetreuung gilt, ist immer sehr unterschiedlich. Im Gegensatz zu anderen Kommunen kommt es bei uns in der Regel zu einer Notbetreuung aufgrund von kurzfristigen Krankheitsfällen und nicht wegen eines allgemeinen Personalmangels“, erklärt Sprecherin Franziska Michels. Um hier einen Ausgleich zu schaffen, gebe es einen Springer-Pool aus 20 Personen: „Damit können aber natürlich nicht alle Ausfälle kompensiert werden. In diesem Fall ist es gesetzlich vorgegeben, Stunden zu kürzen oder in die Notbetreuung zu gehen, um der Aufsichtspflicht nachzukommen und somit das Kindeswohl sicherzustellen.“
„Damit können natürlich nicht alle Ausfälle kompensiert werden. In diesem Fall ist es gesetzlich vorgegeben, Stunden zu kürzen oder in die Notbetreuung zu gehen.“
Um den Personalschlüssel anpassen zu können, „wäre eine Änderung des Kinderbildungsgesetzes notwendig.“ Denn daran orientiere sich die personelle Besetzung der Einrichtungen. Es sei hingegen nicht der Fall, dass bei Langzeit-Krankheitsfällen Stellen nicht nachbesetzt werden. „Hier werden Vertretungsstellen geschaffen. Allerdings ist es aufgrund des Fachkräftemangels nicht immer möglich, sofort Erzieherinnen und Erzieher zu finden.“
Neue Personalverordnung
Das Land Nordrhein-Westfalen hat gemeinsam mit kommunalen Spitzenverbänden, den Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege und den Kirchen eine neue Personalverordnung für die Kindertageseinrichtungen erarbeitet, um das System der frühkindlichen Bildung zu stabilisieren und verlässlicher zu gestalten, die erst kürzlich in Kraft getreten ist.
„Während dieser zeitlich begrenzten Ausnahme gilt nach wie vor: Zu jedem Zeitpunkt wird jede Gruppe von mindestens zwei pädagogischen Kräften betreut. Die Einrichtungen haben nun aber die Möglichkeit, sogenannte ergänzende Kräfte – ausgebildete Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger zum Beispiel – flexibler einzusetzen“, heißt es vom Land. Im Notfall könnten somit ergänzende Kräfte für einen begrenzten Zeitraum für die ausgefallene sozialpädagogische Fachkraft einspringen.
Diese Regelung soll Einrichtungen bei Bedarf in akuten Krankheitsphasen mehr Stabilität und Verlässlichkeit bieten. Außerdem unterstütze Nordrhein-Westfalen die praxisintegrierte Ausbildung (gibt es auch in Hagen) und arbeite derzeit an der Novellierung des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz).