Hohenlimburg. Bezirksbürgermeister Jochen Eisermann blickt gelassen auf die Flutschutz-Pläne für die Innenstadt. Andere Themen bereiten ihm mehr Sorge

Bezirksbürgermeister Jochen Eisermann kann von seinem Platz im Café den Hohenlimburger Rathausplatz beobachten. Er nimmt sich Zeit, um über Themen zu sprechen, die Hohenlimburg im neuen Jahr bewegen werden. Zeit, die für ihn im Alltag auch ein knappes Gut ist, wie er erzählen wird. Als Eisermann seinen Kaffee - schwarz - serviert bekommt, ist das Gespräch bereits im vollen Gange.

WP: Herr Eisermann, was wird das für ein Jahr für Hohenlimburg?

Eisermann: Es wird ein schwieriges Jahr für Hohenlimburg. Ich denke zum Beispiel an die weiteren Planungen zum Umbau der Innenstadt...

..Die Pläne für den „Jahrhundert-Umbau“ der Innenstadt mit einen Lenne-Durchbruch am Brucker Platz und Neugestaltung des Rathausplatzes.

Das wirkt auf viele Hohenlimburger wie ein heikles Thema, obwohl es gar nicht so heikel ist. Die Kommunikation rund um den Planungswettbewerb ist aber nicht gut gelaufen. Es ist der Eindruck entstanden, dass die Entscheidungen ‚im stillen Kämmerlein‘ getroffen wurden.

Grünflächen rund um das Rathaus sieht der Siegerentwurf zum Umbau der Hohenlimburger Innenstadt vor.
Grünflächen rund um das Rathaus sieht der Siegerentwurf zum Umbau der Hohenlimburger Innenstadt vor. © bbzl Planungsbüro Berlin | bbzl Planungsbüro Berlin

Sie meinen das Votum für den Siegerentwurf, der auf eine Entsiegelung von Flächen abzielt und statt Parkplätzen eine grüne Landschaft auf dem Rathausvorplatz vorsieht.

Wir waren uns im Vorfeld von der Politik aus einig, dass wir einen anderen Entwurf favorisieren, der mehr Multifunktionalität hat. Uns war wichtig, dass Hohenlimburg als Veranstaltungsort geeignet bleibt und mit Parkplätzen bestückt ist. Aber wir mussten gemeinsam mit den Fachexperten eine Entscheidung finden, sonst wäre das Insek und damit die Chance auf Millionen-Fördermittel für Hohenlimburg geplatzt. Letztlich haben wir uns auf einen Kompromiss geeinigt. Nun stehen Verhandlungen mit dem Ingenieurbüro an und dabei müssen verschiedene Aspekte berücksichtigt werden.

Die Frage nach den Parkplätzen beschäftigt viele Hohenlimburger. Wie soll dieses Problem gelöst werden?

Ich gebe Ihnen in der Hinsicht recht, dass Parkplätze ein Problem in der Innenstadt sind. Hier wohnen Leute und die müssen ihr Auto abstellen. Ich habe selbst 15 Jahre in der Innenstadt gewohnt und kenne das Problem sehr gut. Da müssen wir uns etwas einfallen lassen. Ich habe aber aktuell noch keinen Plan B in der Tasche und den hat meines Wissens zurzeit auch keiner.

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Ein anderes Thema beim Innenstadt-Umbau ist der Hochwasserschutz, der vielen Hohenlimburgern spätestens seit der Flut 2021 auf der Seele brennt.

Der Hochwasserschutz an der Lenne ist nicht gefährdet, das ist Quatsch. Die Vorgabe für die Planungsbüros waren Berechnungen für ein 100-jähriges Hochwasser und dieser Wert wird von allen Entwürfen, auch dem Siegerentwurf, eingehalten.

Naja, es stellt sich schon die Frage, wie die Pläne in die Praxis umgesetzt werden sollen. Zum Beispiel ist noch unklar, wer bei Lenne-Hochwasser die geplanten mobilen Spundwände aufstellt.

Fragen Sie mal die Leute in Altena, Köln, Düsseldorf oder an der Mosel, die solche Systeme nutzen und regelmäßig mit Hochwasser zu tun haben. Natürlich wird es Leute geben, die diese Wände aufbauen - und wenn ich das persönlich mache.

22.04.2024; Hagen, Brucker Platz 58119 Hagen (Hohenlimburg)
Pläne zum „Jahrhundert-Umbau“: Auf Höhe des Brucker Platzes in Hohenlimburg soll die Lennemauer schräg flussaufwärts geöffnet werden.  Auf der gesamten Länge der geöffneten Flussmauer ist ein mobiler Hochwasserschutz geplant. © Alex Talash | Alex Talash

Sie sind da sehr gelassen.

Ja, weil wir das Thema Hochwasser bei der Auswahl des Siegerentwurfs stundenlang besprochen haben. Wir müssen beim Thema Insek mal gelassener werden. Alle meinen, da kommt die Bezirksregierung, stellt uns einen Topf von 13 Millionen Euro in das Rathaus und wir können damit machen, was wir wollen. Dem ist aber nicht so. Es gibt klare Vorgaben. Es geht darum, klimaneutral zu arbeiten und Flächen zu entsiegeln. Stichwort Schwammstadt.

Deutlich weiter fortgeschritten als die Pläne zum Innenstadt-Umbau sind die Arbeiten am neuen Ganzjahresbad in Henkhausen. Das Bad soll bis Ende dieses Jahres fertig werden.

Das wird in diesem Jahr klappen, davon bin ich überzeugt. Das wird ein Schmuckstück.

Auch hier gibt es große Bedenken, wo Besucher des neuen Bades parken sollen. Es führt nur eine Zufahrtsstraße zum Bad.

Da kommen doch nicht hunderte Leute jeden Tag hin, das ist Quatsch. Warum haben wir denn das Lennebad geschlossen? Weil dort im Schnitt nicht mehr als 45 Personen pro Tag hingegangen sind. Da erwartet doch keiner, dass bei einem neuen Bad in Henkhausen plötzlich der große Ansturm kommt. Es werden die gleichen Leute zum Schwimmen nach Henkhausen gehen, die vorher ins Lennebad gegangen sind.

Gleichwohl gibt es vor dem Lennebad erheblich mehr Parkplätze als vor dem Bad in Henkhausen.

Ja, aber ich glaube nicht, dass es da zum Chaos kommt. Wenn ich an die 1970er-Jahre denke, wie viele Leute da in Henkhausen im Freibad waren. Ich weiß gar nicht mehr, wo die ganzen Autos gestanden haben. Ich glaube, das Thema wird sich von selbst regeln.

Und wie wird es auf der Fläche des Lennebades nach dem Abriss weitergehen?

Diese Frage werden wir im neuen Jahr in der Bezirksvertretung besprechen. Wir haben versprochen, dass wir das Thema mit den Hohenlimburger Bürgern angehen und an dieses Versprechen möchte ich mich halten.

Das Richard-Römer-Lennebad soll nach der Eröffnung des neuen Ganzjahresbades in Henkhausen abgerissen werden. Was nach dem Abriss auf der Fläche entstehen soll, ist noch unklar.
Das Richard-Römer-Lennebad soll nach der Eröffnung des neuen Ganzjahresbades in Henkhausen abgerissen werden. Was nach dem Abriss auf der Fläche entstehen soll, ist noch unklar. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Heißt: „Bürgerdialoge“?

Man muss gemeinsam darüber diskutieren, was sich die Menschen in der Stadt auf der Fläche vorstellen.

Wahrscheinlich wird auch Netzbetreiber Amprion in diesem Jahr mit dem umstrittenen Ausbau der Stromtrasse durch Elsey starten. Rechnen Sie mit Protesten?

Gut möglich. Ich bin nicht begeistert darüber, weil dieses Projekt an den Bürgern vorbei geplant wurde. Aber es gibt eben Entwicklungen, da ist man machtlos. Als Bezirksbürgermeister versuche ich alles, aber die Möglichkeiten sind beschränkt - zum Beispiel auch beim Steinbruch Oege.

Die Hohenlimburger Kalkwerke (HKW) wollen diesen Steinbruch bis unter Grundwasserniveau vertiefen. Fachgutachter sehen keinen Grund zur Sorge, doch in der angrenzenden Oeger Nachbarschaft regt sich Protest...

Was soll ich den Betroffenen sagen? Wenn HKW alle Auflagen erfüllt, die der Gesetzgeber vorschreibt, dann muss die Gemeinde Einvernehmen herstellen, ob mir das passt oder nicht. Wenn die Iserlohner Verwaltung das anders sieht, dann ist das ihr gutes Recht. Aber wir haben da keine Wahl; es ist, wie es ist. Ähnliches haben wir beim Steinbruch Donnerkuhle vor ein paar Jahren erlebt.

Als gewählte Volksvertreter kommen die Bürger aber mit Bedenken zu Ihnen und erwarten, dass Sie Position beziehen. Doch der Vorwurf, die Lokalpolitik war zur Steinbruchvertiefung sehr still, ist von Betroffenen häufig zu hören.

Was würde denn in Hohenlimburg alles nicht laufen ohne die Kalkwerke?

Genau das ist ja ein Vorwurf, den sich Politik dann gefallen lassen muss: Da läuft Kungelei.

Was würde das Stadtfest denn ohne diese Sponsoren machen? Oder das Elseyer Dorffest? Oder die ganzen Vereine, die ihre Fundamente mit Beton gießen lassen und so weiter. Wenn jemand Hilfe braucht, dann geht er zu HKW und wird unterstützt. Es ist aber nicht so, dass ich sage, dieses Unternehmen hat deshalb einen Freifahrtschein. Ich bin da auch sehr skeptisch.

Künftig soll der Steinbruch in Hohenlimburg bis zu 108 Meter tiefer in den Boden gehen als bisher genehmigt und damit den Grundwasserspiegel unterschreiten. Das Genehmigungsverfahren bei der Stadt Hagen läuft.
Künftig soll der Steinbruch in Hohenlimburg bis zu 108 Meter tiefer in den Boden gehen als bisher genehmigt und damit den Grundwasserspiegel unterschreiten. Das Genehmigungsverfahren bei der Stadt Hagen läuft. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

Skeptisch zu den Vertiefungsplänen am Steinbruch Oege?

Genau, allein wegen der Erfahrungen aus dem Steinbruch Donnerkuhle. Das wird aus meiner Sicht in der Verwaltung auch oft schön geredet. Wenn ich sehe, wie der Mastberg trocken gefallen ist.... Vielleicht liegt das am Klimawandel, aber vielleicht liegt es auch daran, dass der Steinbruch dort unter den Grundwasserspiegel geht. Ein mulmiges Gefühl habe ich da schon.

Doch als Bezirksbürgermeister äußern Sie diese Bedenken nicht öffentlich.

Der Bezirksbürgermeister ist nicht derjenige, der auf Attacke macht. Der Bezirksbürgermeister ist derjenige, der vermittelt. Am Ende des Tages müssen sich alle an einen Tisch setzen und Lösungen finden. Dafür bin ich zuständig. Ich bin nicht dafür zuständig, immer Salz in die Wunden zu reiben.

Eine Vermittlerrolle, die sie noch bis zur Kommunalwahl im September dieses Jahres innehaben. Stehen Sie für eine zweite Amtszeit als Bezirksbürgermeister zur Verfügung?

Ich muss abwarten, wie es gesundheitlich bei mir weitergeht. [Im Sommer 2021 wurde bei Eisermann eine Krebserkrankung festgestellt, Anm.d.R.]. Seit der Eingemeindung vor 50 Jahren bin ich der erste Bezirksbürgermeister in Hohenlimburg, der noch beruflich arbeitet. Ich habe meine Arbeit, meine Familie, die Vereine - da musst du dich selbst unterordnen. Ich bin im vergangenen Jahr nicht einmal Fahrrad gefahren, obwohl ich im Keller ein neues E-Rad stehen habe. Die Leute erwarten Präsenz und sie erwarten, dass ich meine Termine wahrnehme, wie Neujahrsempfänge, Vereinstreffen und so weiter.

Das klingt so, als stünden Sie nicht für eine zweite Amtszeit zur Verfügung...

Generell möchte ich als Bezirksbürgermeister weitermachen, aber ich muss noch mit mir in Klausur gehen und abwägen. Bisher hat sich auch kein anderer Kandidat geäußert, der das Amt übernehmen will. Warum soll ich vorpreschen?

Wann wird für Sie klar sein, ob Sie nochmal Bezirksbürgermeister werden wollen?

Ich denke, im Februar werde ich eine Entscheidung getroffen haben.