Hohenlimburg. Die Lenne wird geöffnet, der Rathaus-Platz verschwindet, der Markt wird ein Park, die Limburger Freiheit neu gestaltet. Die Pläne.
Mit der Superlativ-Beschreibung „des Jahrhunderts“ sollte man eigentlich sparsam umgehen. Hier ist es aber ganz faktisch angebracht. Der städtebauliche Siegerentwurf für das Projekt „Hohenlimburg an die Lenne“ steht fest und verändert den Kern der historischen Altstadt Hohenlimburgs vollends. Nicht nur wird erstmals seit über 100 Jahren in Gesamt-Hagen ein Fluss zu einem Ortszentrum hin geöffnet. Der alte Markt und die Limburger Freiheit werden völlig neu gestaltet. Der städtebauliche Eingriff in Hohenlimburg ist gewaltig.
Der freiraumplanerische Wettbewerb „Hohenlimburg an die Lenne“ war vor Monaten im Rahmen des „Integrierten Stadtteilentwicklungskonzeptes“ (Insek) ausgelobt worden, um konkrete Gestaltungskonzepte zu entwickeln. Für den Wettbewerb waren sechs Teilbereiche der Innenstadt zur Umgestaltung festgelegt worden: der Rathausplatz, der denkmalgeschützte Pavillon, die Limburger Freiheit, der Markt, der Brucker Platz und das Lenneufer. Diese Bereiche sollten „barrierefrei und attraktiv“ miteinander verbunden werden.
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Fokuspunkt aller Neugestaltungen sollte der bislang ziemlich verwinkelte und verbaute Brucker Platz sein. Größe des Gesamt-Gebietes zur Neuplanung: 1,8 Hektar.
Zugelassen zum Wettbewerb wurden 16 Landschaftsarchitekturbüros, von denen zwölf am Ende ihre Entwürfe einreichten. Die Jury, dessen Vorsitzender Reiner Thiel ist, ein Landschaftsarchitekt aus Münster, kürte nun das Büro „bbzl - Böhm, Benfer, Zahiri Landschaften Städtebau“ zum Sieger.
Betrachtet man Projekte wie das Ulmer Donauufer, den Gelsenkirchener Nordsternpark, die Berliner Fischerinsel, das Zülpicher Ufer, das Tempelhofer Feld in Berlin, die Düsseldorfer Halbinsel, den Bremer Europahafen, den Wiener Stadtpark, die Hamburger Schlossinsel oder die Umgebung des Dortmunder „U“ als Referenzprojekte des Büros, erahnt man, in welches Regal die Preisrichter bei ihrer Auswahl gegriffen haben - in die Top-Etage.
Am Dienstagabend präsentierte das Büro im Hagener Volme-Forum seine Ideen der Öffentlichkeit. Grundsätzlich gelte: Wohn-, Arbeits- und Freizeitqualitäten in Hohenlimburg verbessern, eine Verbindung des Naturraums Lenne mit urbanem Bereich schaffen, Förderung grüner und blauer Infrastruktur sowie eine optische und funktionale Aufwertung des Eingangsbereichs der Fußgängerzone.
Laienhaft kann man sagen: es bleibt nichts wie es war. Am Ende des Brucker Platzes, etwa dort, wo noch das klotzige Trafohaus der Mark-E steht (Neubau im Weinhof läuft bereits) wird die Lennemauer schräg flussaufwärts geöffnet. Wo heute der erhöhte Promenaden-Wall herführt, öffnet sich dann das „Lennefenster“ mit einem grünen Park zum Wasser hin, einer begrünten Treppenanlage, auf der man sitzen kann und der neuen „Lennerampe“, die hinunter ans Flussufer führt.
Diese führt auf den künftigen „Lennepfad“, der an der Wildwasserstrecke entlang und unter der Stennertbrücke hindurch Richtung „Weinhof“ führt. Ein geordneter Rad- und Fußweg entsteht. Die für die Lenneöffnung aufzuschneidenden Flussmauern erhalten neue Treppenanlagen mit Aussichtspunkten und der Möglichkeit, auch weiterhin auf den bisherigen Promenaden-Wall zu kommen. Statt Betonwänden ist die Begrenzung künftig verglast. Das heißt dann „Lennebalkon“.
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Nun ist auch klar, wie das jährlich wiederkehrende Hochwasser-Thema gelöst werden soll. Auf die gesamte Länge der geöffneten Flussmauer für das „Lennefenster“ wird ein mobiler Hochwasserschutz geplant. Eine Art Spundwand, die dann aufgestellt wird, wenn Hochwasser zu erwarten ist und die den neuen Ufer- und Verweilbereich dann vom Lennestrom trennen wird.
An der Kanustrecke wird ein neuer Ein- und Ausstieg für die Sportler entstehen. Rund um die Sitzstufen am Lennefenster werden Stadtmöbel aufgestellt, direkt daran ein Café eröffnet. Der alte Markt hinter dem Rathaus wird begrünt und mit Bäumen versehen. Von der Freiheitsstraße aus hinauf zum Flussufer entsteht ein Sitzband mit Möbeln. Der gesamte Bereich wird kein zugestellter Parkplatz mehr sein, sondern ein geordneter Innenstadtpark.
Die Limburger Freiheit - also der gesamte Bereich vor dem denkmalgeschützten Pavillon und dem Eingang zur Fußgängerzone wird geebnet. Die Brunnen- und Spielanlage, die den Eingang zur Altstadt bildet, entspricht noch dem Zeitgeist vergangener Jahrzehnte und wird verschwinden. Stattdessen neue Begrünung, weite offene Flächen und zwei große Wasserspiele mit Nebeldüsen im Boden für die Kinder in den Sommermonaten.
Angelehnt an die Morphologie (also die Gestalt) der Flusslandschaft will das Planungsbüro zwei „Bänder“ entstehen lassen. Eines ist das Lenneband, das sich im Prinzip vom Kanuclub über den Brucker Platz hinaus zieht - direkt am Ufer entlang. Das andere ist der „Stadtteppich“ an der Freiheitsstraße. Verbunden werden die Bänder mit drei aufzuwertenden „Lennepassagen“. Die erste zwischen Stennertbrücke und Polizeiwache, die zweite von Limburger Freiheit über den Markt und die dritte über den Brucker Platz, der ebenfalls freigeräumt wird, ein Sitzband und neue Bepflanzung erhält.
Eine enorme Veränderung wird es auf dem bisherigen Parkplatz vor dem Rathaus und der Straßenverkehrsbehörde geben. Der Platz wird vom Parkplatz zum Parkraum. Zehn Stellplätze bleiben für die Polizei. Rathaus-Besucher können künftig auf viel weniger Stellplätzen unter Bäumen in einem begrünten Park vor dem historischen Gebäude parken. Die Fahrtrichtungen- und -verläufe auf dem Platz verändern sich komplett. Es entsteht eine große Retentionsfläche, die frei bleibt und Wasser aufnehmen und speichern kann. Keine Versiegelung mehr, sondern Öffnung der Flächen.
Bei der Präsentation des Gewinnerentwurfes im Volmeforum neben dem Hagener Rathaus waren Vertreter des Berliner Büros vor Ort. Auch andere Entwürfe, die auf den Plätzen folgen, wurden gezeigt. Über die Stimmen und Hintergründe zur Auswahl, Details, Vorschlägen und wie es weitergeht, wird die Redaktion in der morgigen Ausgabe berichten.