Hohenlimburg. Landschaftsarchitekten bevorzugten Parkhausbau am Rathaus. Politische „Sachrichter“ ausgebremst. Udo Krollmann besitzt wichtige Fläche.
Dass die Hohenlimburger Innenstadt umgebaut und zur Lenne geöffnet werden soll, hat diese Zeitung jüngst berichtet. Ein knapp zwei Hektar großes Gebiet wird mit zahlreichen Umbauten, einer Flussöffnung, dem Anlegen von Parks und dem Verschwinden von Auto-Raum quasi in die Zukunft transformiert. Am Dienstagabend lud die Stadt zu einer der interessantesten Werkschauen ein, die Bürger zuletzt in Hagen gesehen haben dürften. Aber: Hinter den Jury-Kulissen gab es nach WP-Informationen gewaltigen Streit und die politischen „Sachrichter“ aus Hohenlimburg sollen dabei ausgebremst worden und der Siegerentwurf ein Kompromiss sein. Angeblich „zu null“. Wo es noch hakt und wie es weitergeht.
„Das war ein richtig enges Ding“, wusste Landschaftsarchitekt Reiner Thiel vor Ort zu berichten und blickte dabei immer wieder hinüber zur Stellwand mit dem Entwurf des zweiten Siegers, das Landschaftsarchitektur Greenbox aus Köln. Chef Hubertus Schäfer hatte sich auf den Weg nach Hagen gemacht. „Vielleicht ist unser Problem am Ende gewesen, dass wir etwas zu konkret geworden sind“, erklärte er.
Ein Knackpunkt: der Rathausvorplatz
Bei Greenbox stellte man sich den geöffneten Uferbereich ähnlich vor, wie man es zum Beispiel am Beachclub am Hengsteysee nun vorfindet. Den Rathausplatz überplante das Team als „Multiplatz, der auch Raum für Events und Veranstaltungen offen gelassen hätte“. Das Siegerbüro „bbzl“ aus Berlin sieht hier eine stark begrünte Anlage mit weniger Stellflächen und mehr Retentionsfläche für Niederschlagswasser.
In der Tat lässt der Siegerentwurf aus Berlin noch mehr Gestaltungsspielraum für den gesamten Prozess. „Es ist eine unheimlich spannende Situation hier in Hohenlimburg“, fand Prof. Dr. Cyrus Zahiri vom Sieger-Büro aus Berlin. „Sie haben hier in Hohenlimburg Stadt, Land, Wasser, Hochwasser, Leben und Handel zusammen in einem Bereich. Dazu muss man natürlich Stellplätze erhalten, aber auch viel mehr begrünen.“
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Architektenvertrag wird aufgesetzt
Sein Büro und die Stadt Hagen werden nun einen Architektenvertrag aufsetzen. Christoph Diepes, Chef-Stadtentwickler in der Verwaltung, gibt den Ausblick: „Den Vertrag benötigen wir, um Förderanträge konkret stellen zu können. Es gibt drei Leistungsphasen. Das Gute hier ist, dass wir durch die gute räumliche Abgrenzung - Lenneufer, Brucker Platz, Limburger Freiheit und Rathausplatz - sehr gut in Modulen und Abschnitten vorgehen können. Wir stehen Gewehr bei Fuß, dass es losgehen kann.“
Ausstellung und Führung
Wie sich Architekten die geplante Öffnung der Lenne (diese Zeitung berichtete) vorstellen, darüber können sich die Hohenlimburger von Mittwoch, 14. November, bis Donnerstag, 5. Dezember, in der Fußgängerzone selbst ein Bild machen. Die prämierten Entwürfe werden in dem Zeitraum mit allen anderen eingesendeten Konzepten in den Schaufenstern folgender leerstehender Ladenlokale ausgestellt: Freiheitstraße 27a, 29, 30 und 33 sowie Herrenstraße 5. Eine zusätzliche Ausstellung aller eingereichten Wettbewerbsbeiträge findet zudem von Dienstag, 12. November, bis einschließlich Dienstag, 19. November, im Zentralen Bürgeramt im Volme Forum, 1. Obergeschoss, statt. Interessierte können diese Ausstellung Montag und Dienstag von 8.30 bis 12 Uhr sowie von 14 bis 17 Uhr, Mittwoch und Freitag von 8.30 bis 12 Uhr sowie donnerstags von 8.30 bis 12 Uhr sowie von 14 bis 18 Uhr besuchen.
Auch bietet das Citymanagement Hohenlimburg am 30. November um 12 Uhr eine Führung durch die Fußgängerzone zu der geplanten Lenne-Öffnung an. Treffpunkt ist das Projektbüro in der Freiheitstraße 4. Anmeldung per E-Mail an hohenlimburg@stadt-handel.de erbeten.
Baudezernent Henning Keune wollte sich nicht - was angesichts der Größe des Vorhabens nur professionell ist - zu einem Zeitplan hinreißen lassen, kam dann aber doch ins Reden: „2026 oder 2027 könnten nach allen Vorbereitungen und Anträgen die Ausschreibungen für Bauarbeiten kommen. Im Frühjahr nächsten Jahres könnten theoretisch, wenn alles gut läuft, schon die Förderanträge bewilligt sein.“ Seitens des Landes waren für das Integrierte Stadtteilentwicklungskonzept in Hohenlimburg bereits Fördergelder in zweistelliger Millionenhöhe avisiert worden.
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In der Jury knallte es
Nach WP-Informationen soll es bei der Auswahl des Siegerentwurfs zu mehreren Störgeräuschen gekommen sein. Die Jury bestand aus sechs Landschaftsarchitekten und fünf sogenannten Sachrichtern - bestehend aus vier Lokalpolitikern und einem Verwaltungsmitarbeiter. Dass die Abstimmung am Ende „zu Null“ ausging, ist dabei nur einer gemeinsamen Verständigung nach zehnstündiger Sitzung - die meiste Zeit im Stehen - zu verdanken. Denn die Sachrichter sollen zum einen den am Ende zweitplatzierten Entwurf bevorzugt haben, weil dieser mehr „Multifunktionalität“ auf den Plätzen mit Blick auf Veranstaltungen wie Märkte und Stadtfeste zulasse.
Parkhaus wurde zunächst bevorzugt
Zum anderen sollen die Landschafts-Experten zunächst einen Entwurf bevorzugt haben, der den Bau eines mehrgeschossigen Parkhauses auf dem Rathausvorplatz vorsah, was in den Augen der lokalen Sachrichter ein weiteres Symbol für die Autostadt gewesen wäre. Allgemein soll demnach unter dem Strich stehen geblieben sein, dass der Berliner Siegerentwurf die meisten Spielräume lasse und auf keinen Fall einen Parkhaus-Bau vorsieht.
„Der Entwurf des Siegerbüros hat oberste Priorität und wir wollen uns da einfügen.“
Entscheidend bei der Neuplanung des Brucker Platzes mit dem zu öffnenden „Lennefenster“ ist zudem, dass die Stadt hier auf einen sehr kooperativen Investor trifft, dem der Gebäuderiegel gehört, der den Marktplatz vom Brucker Platz trennt und der ein Vorkaufsrecht auf das Gebäude der alten Trafostation hat: Immobilienkaufmann- und entwickler Udo Krollmann. Der arbeitet mit Blick auf den Brucker Platz mit dem Herdecker Architekten Michael Schiemann zusammen.
Wie viel Budget bleibt am Ende?
„Der Entwurf des Siegerbüros hat oberste Priorität“, signalisiert Michael Schiemann absolute Kooperationsbereitschaft. „Klar ist aber auch, dass noch viele Hürden kommen werden. Das ist ja ganz normal. Und am Ende muss man auch sehen, wie viel Budget für die einzelnen Bausteine bleibt. Wir fügen uns dem aber gerne.“ Höchste Priorität habe zunächst der Hochwasserschutz.
Zuletzt konnte sich Udo Krollmann gut vorstellen, am Brucker Platz und der neuen Lenneöffnung ein Hostel (für Kanuten und Gäste des Clubs, aber auch für die Öffentlichkeit) sowie ein Café zu schaffen. In dem als großes „L“ bezeichneten Gebäuderiegel könnten moderne Wohnungen entstehen, die plötzlich am geöffneten Fluss liegen würden.
„Bausünde“ am Brucker Platz
Ungeachtet des Siegerentwurfes betrachtet Michael Schiemann, das mehrstöckige Wohngebäude an der Ecke Freiheitsstraßé/Brucker Platz als „Bausünde“, die auch architektonische Auswirkungen auf alles hat, das neu entsteht. „Das Gebäude ist einfach viel zu hoch und zu klotzig und steht da wie ein Denkmal.“ Gut vorstellbar also, dass auch der bestehende Gebäuderiegel von Udo Krollmann leicht angehoben wird. Aber das sind noch theoretische Überlegungen.