Hagen-Mitte. Viele Kunden vertrauen ihm: Adonis Palkanikos betreibt eine Schneiderwerkstatt in Hagen. Der Stilberater spricht über „No Gos“ und „Must Haves“:
Ein Besuch in Adonis Werkstatt: „Es ist eigentlich so einfach, gut angezogen zu sein. Und das hat nichts mit Geld zu tun“, sagt Adonis Palkanikos, überlegt kurz und fährt fort: „Es kommt darauf, dass man Farben richtig kombiniert, außerdem dass Garderobe richtig passt und sitzt. Und ich muss nicht jeden modischen Blödsinn mitmachen.“ Adonis Palkanikos (fast alle Kundinnen und Kunden nennen ihn freundschaftlich Adonis) ist Schneidermeister. Und noch viel mehr, wie etliche seiner Kunden beteuern. Der 53-Jährige lacht. „Manche sagen, ich sei alles andere als ein ,Flickschneider‘, ich sei vielmehr ein regelrechter Stilberater. Vielleicht, weil ich ‘rüberbringen will, dass es einen Unterschied zwischen Mode und Stil gibt.“
Fünf Farben sollen den Kleiderschrank bestimmen
Protzige „Camp David“- oder „Calvin Klein“-Schriftzüge seien ihm zuwider, „die schreien einen ja förmlich an, das ist doch fürchterlich“, schüttelt der temperamentvolle Mann den Kopf. Er setze mehr auf dezente, schlichte Kleidung, „und mehr als drei Farben sollte man nie kombinieren“. Der Experte hat noch weitere Tipps auf Lager: „Fünf Farben sollten - egal, ob bei Damen oder Herren - den Kleiderschrank bestimmen: Beige, Grau, Navy, Braun und Kamel.“
Seit 15 Jahren betreibt Adonis Palkanikos die gleichnamige Änderungsschneiderei in der Neumarktstraße 24 in der Hagener Innenstadt. „Meine Vorgängerin war hier auch 15 Jahre tätig, seit 30 Jahren ist in dem Gebäude also eine Schneiderei ansässig. Auch deshalb hab‘ ich viele Stammkunden.“ Die Lage sei gut, er habe Laufkundschaft und die Nähe zu einigen Fachgeschäften sei ein großer Vorteil.
„Einige Einzelhändler empfehlen ihren Kunden, zu mir zu gehen oder bringen mir selbst Garderobe, die geändert werden muss“, erklärt Adonis. So sei er Hausschneider für „Sören“, „Check In (C.I.)“, „Braxx“ und „US-Verkauf Bartsch“. Früher seien auch etliche Bankkaufleute zu ihm gekommen und hätten sich Oberhemden oder Businessblusen ändern lassen, „doch seitdem die Kleiderordnung in Banken gelockert wurde, hat das nachgelassen“.
In der kleinen Schneiderei wird konzentriert gearbeitet. Adonis Palkanikos sitzt vor seiner vollautomatischen Schnellmaschine, „das ist mein Mercedes, die Maschine hat mehrere tausend Euro gekostet“.
Schnellmaschine mit Fadenabschneider
Im hinteren Teil des Ladens bedient Mitarbeiter Adel Jussuf eine Schnellmaschine mit Fadenabschneider. „Rabani Nazari, mein zweiter Mitarbeiter, hat heute frei“, sagt der Chef und ergänzt: „Eine freie Mitarbeiterin erledigt für mich Stickerei-Aufträge, zum Beispiel Schriftzüge auf Arbeitskleidung.“
Der mit seiner Familie in Lüdenscheid lebende Schneidermeister blickt durch den Raum, „30 Quadratmeter klein, aber mein Reich“. Durch die Tür tritt eine Frau. „Ich habe meinen Abholschein verlegt, aber möchte meine gekürzte Hose abholen“. „Sie brauchen keinen Zettel, wir kennen uns doch“, sagt Adonis gut gelaunt, greift - ohne zu fragen, um welche Art von Hose es sich handelt - eine Jeans von der Stange. Die Stammkundin lächelt, steckt ihre Hose in einen Beutel, bezahlt und verabschiedet sich freundlich mit „dann bis zum nächsten Mal“.
„Sie brauchen keinen Abholzettel, wir kennen uns doch.“
In den meisten Fällen lohne es sich, meint Adonis, Garderobe ändern oder reparieren zu lassen. „Ich finde die Wegwerf-Gesellschaft, die billiges Zeug kauft und schon nach kurzer Zeit wegschmeißt, ganz schlimm. Von wegen Nachhaltigkeit und Wertschätzung“. Und über den Spruch „Geiz ist geil“ könne er sich die Haare raufen. „Viele Leute kaufen Sachen, nur weil sie günstig sind, und die Hälfte landet dann im Müll, egal, ob es sich um Lebensmittel oder Kleidung handelt“. Der Handwerksmeister mit griechischen Wurzeln ist in seinem Element: „Außerdem werden die Menschen, die in den Textilfabriken in China, Bangladesch oder Indien arbeiten, ausgebeutet.“ Dabei sei es so leicht, weniger zu kaufen. „Jeder kann mit kleinen Accessoires seine Kleidung ganz einfach aufpeppen. Wenn ich ein vorhandenes Oberteil zum Beispiel mit einem Tuch, Schal oder Gürtel trage, wirkt es fast wie ein neues Kleidungsstück“.
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Kleidungsstücke retten
Apropos neu: In manchen Fällen lohne sich die Reparatur eines Teiles wirklich nicht mehr, dann sei die Zeit für etwas Neues tatsächlich gekommen. Doch oft reichten schon kostengünstige Kleinigkeiten, um ein Kleidungsstück zu retten, „bei einem defekten Reißverschluss reicht es häufig aus, nur den Schieber auszuwechseln. Und an Jackets sind oftmals lediglich die Innentaschen beschädigt“.
Sechs Tipps von Adonis:
1) Dunkle Farben strecken, genau wie Längsstreifen.
2) Weite Hosenbeine sollten bodenlang sein, bei engen Hosenbeinen sollten die Knöchel zu sehen sein.
3) Die klassische Rocklänge liegt bei zwei bis drei Fingern unter dem Knie.
4) Auffällig gemusterte Garderobe ist wenig alltagstauglich und wird daher meist nur wenige Male im Jahr getragen.
5) Übergangsjacken kann man gut mit Westen kombinieren, so werden sie zu Beinahe-Winterjacken.
6) Im Sommer ist Garderobe aus Leinen oder Baumwolle am angenehmsten zu tragen; Knitterfalten gehören dazu.
Adonis lässt seinen Blick durch sein Reich schweifen, in dem zahlreiche Kleidungsstücke an Stangen hängen: „Alles kommt wieder, Mode wiederholt sich doch alle paar Jahre.“ Der 53-Jährige schüttelt lächelnd den Kopf: „Cordhosen trugen früher meine Lehrer. Jetzt ist Cord wieder in. Und die Hosenbeine werden wie vor zig Jahren wieder breiter.“
Was der „Stilberater“ für die Zukunft prophezeit? „Schwarz ist das Gold für das kommende Jahr.“ Und seinen Lieblingsspruch - fast schon ein Lebensmotto - verrät Adonis auch: „Wer hat, der zeigt es nicht.“