Hagen. Die marode Grundschule Quambusch in Hagen ist in den Fokus gerückt. Jetzt erklärt die Schulleitung, was die Schule trotz allem besonders macht.
Natürlich - es weihnachtet. Was wenige Tage vor dem ersten Advent nicht überraschen kann. Das nahende Fest aber wird in der Grundschule Quambusch im Westen von Hagen schon früh zu einem der Sinne. Oben aus dem Raum, in dem das Schulorchester probt, klingen mit „In der Weihnachtsbäckerei“ die passenden Töne zu dem, was sich unten im offenen Ganztag tut. Szymon, sieben Jahre alt, lässt kleine Streusel auf den Teig fallen. Es duftet bis weit in den Flur hinein nach Plätzchen.
Es duftet nicht überall und immer gut in dem Gebäude, das in diesem Jahr 50 Jahre alt wird. Die Friedrich-Harkort-Grundschule auf ist mitten in den Fokus der politischen Diskussion gerückt. Weil sie einen Sanierungsstau aufweist, der weit in die Millionen geht. Über Jahrzehnte hinweg ist nicht in dieses prägnante orangefarbene Gebäude, das nahezu baugleich am Boloh steht, investiert worden.
Sanierungsmittel plötzlich verschwunden
Die Folge: Feuchtigkeit, herabstürzende Bröseldecken, Schäden an Dach und Fassade. Und das nächste Desaster: 4,25 Millionen Euro waren für die Sanierung des Gebäudes vorgesehen, tauchten dann aber im Haushalt 2025 nicht mehr auf. Weil dann bei einem Ortstermin herauskam, dass zwischen dem 2019 zuletzt erfassten Zustand des Gebäudes und der Wirklichkeit Lücken klaffen, soll die Schule nun erneut begutachtet werden.
Darum soll es an dieser Stelle eigentlich gar nicht gehen. Denn Schulleiterin Kerstin Schmitz und ihre Stellvertreterin Uta Dönmetz, die sich - obwohl sie die Zustände natürlich kennen - unter anderem über die Schlagzeile „Gammel-Grundschule“ geärgert hatten, haben eine andere, eine wichtigere Botschaft. Und die lautet so: „Unsere Schule ist mehr als ein Gebäude.“
Harmonisches Schulleben
Denn so schlecht das Schulhaus auch sein mag - das habe, so sagen die beiden Lehrerinnen, eben nichts mit dem Schulleben an sich zu tun. „Das ist harmonisch, ist lebendig, ist völlig intakt“, sagt Kerstin Schmitz. Die Weihnachtsbäckerei, die im Erdgeschoss, in der in diesen Tagen nahezu täglich Eltern und Kinder der verschiedensten Klassen Plätzchen gemeinsam aus dem Ofen ziehen, ist nur ein Beispiel.
Diese Schule lebt: Und das liegt letztlich an den Menschen, die sie prägen. Das sind die Pädagogen, die Leitung und die Lehrer. Da ist aber auch das komplette Team - rund 20 Menschen, die hier arbeiten. Das sind die Kinder unterschiedlichster Herkunft, die in zwölf Klassen unterrichtet werden. Und da sind all die, die sich ehrenamtlich an der Schule engagieren - wie beispielsweise Helene Schölzel, die Lese-Oma, die mit Efza, acht Jahre, dritte Klasse, draußen an einem Tisch im großen Flur Platz genommen hat. „Wir lesen gemeinsam das Buch von der Hexe Lilli“, sagt das Mädchen und lächelt. Buchstabe für Buchstabe, Wort für Wort.
Orchester probt für Auftritt im Seniorenstift
Eine Etage höher probt im Musikraum das Schulorchester - Kinder spielen Keyboard, Geige und Flöte. „Das geht noch einmal über das Jeki-Projekt hinaus“, sagt Kerstin Schmitz, „ich glaube nicht, dass es viele Grundschulen mit eigenem Orchester gibt.“ Dieses hier probt gerade für den nächsten Auftritt im Seniorenstift Harkort - „In der Weihnachtsbäckerei“ von Rolf Zukowski und „Ode an die Freude“ von Ludwig van Beethoven. Mit dem Stift wiederum ist die Schule eine Partnerschaft eingegangen.
Jonas, zehn Jahre alt, und Eylem, neun Jahre alt, zählen zu den jungen Musikern. „Ich habe schon im Kindergarten mit dem Geigespielen angefangen“, sagt Eylem. „Jetzt freue ich mich auf den Auftritt mir unserem Orchester im Altenheim. Dafür üben wir.“
Berührende Momente
Hinter der nächsten Tür tagen die Streitschlichter. Noch so ein Projekt, das eine wichtige Rolle an dieser Schule spielt. Eines, das gerade mit dem Förderpreis bei den Talenttagen Ruhr ausgezeichnet worden ist. „Sechs Streitschlichter wollen wir pro Jahrgang ausbilden“, sagt Chantal Gross, die als Sozialpädagogin an der Friedrich-Harkort-Schule arbeitet, „es ist auch für mich immer wieder berührend, welch emotionale Momente man gemeinsam mit den Kindern erleben kann.“
Parallel zu all dem arbeitet die Schule an ihrem Profil. „Wir haben uns auf den Weg gemacht, naturnahe Schule zu werden“, erzählt Kerstin Schmitz, „das ist für uns naheliegend, denn vom Schulhof bis in den Wald sind es nur wenige Meter. Schon schieben wir immer mal wieder in den Klassen einen Waldtag ein.“ Nun kooperiert die Schule mit dem Marienhof - die vierten Klassen untersuchen einen Bachlauf, die zweiten Klassen pressen Apfelsaft. Über all dem stehe das große Ziel, eine nachhaltige Schule zu werden.
Hoffen auf baldige Sanierung
„Wer auf all das blickt, der könnte glatt den Eindruck gewinnen, dass hier gar kein normaler Unterricht mehr stattfindet“, sagt Kerstin Schmitz und muss selber lachen. Dem sei nicht so. Es wird auch unterrichtet - verbunden immer mit der Hoffnung, dass die Schulstunden bald wieder in einem komplett sanierten Gebäude stattfinden können, das alle notwendigen Standards auch erfüllt.