Hagen. Ayleen Grafe (23) aus Hagen hätte nach dem Abitur studieren können. Hat sie aber nicht. Sie entschied sich für eine Karriere im Handwerk.
Ayleen Grafe (23) aus Hagen hat bei den Deutschen Meisterschaften der Maler und Lackierer den Titel im Bezirk der Handwerkskammer Dortmund gewonnen. Die junge Frau ließ damit bei Europas größtem Berufswettbewerb alle männlichen Konkurrenten hinter sich und qualifizierte sich für die nächste Runde auf Landesebene.
Dass es im Handwerk Nachwuchsprobleme gibt, ist ebenso hinreichend bekannt wie die Tatsache, dass Frauen nach wie vor klar in der Unterzahl sind. „Das ist an sich sehr bedauerlich“, sagt Bernd Marquardt, Obermeister der Maler-Innung in Hagen und zugleich Arbeitgeber von Ayleen Grafe. Denn Frauen seien oft die besseren Handwerker, so Marquardt: „Weil sie sich stärker engagieren als Männer. Weil sie ehrgeiziger sind und kreativer.“
Vom Großvater entscheidend beeinflusst
Umso glücklich darf der Handwerksmeister aus Haspe sich schätzen, eine Mitarbeiterin wie Ayleen Grafe gewonnen zu haben: „Ich wollte eigentlich schon immer in einem Beruf tätig sein, in dem ich selber etwas erschaffen kann“, sagt die junge Frau. Nach dem Abitur am Friedrich-Harkort-Gymnasium in Herdecke habe sie zwar auch über ein Studium nachgedacht, sich aber letztlich für eine Ausbildung im Handwerk entschieden und damit ihrer Neigung nachgegeben: „Nur weil ich das Abitur habe, muss ich ja nicht zur Universität gehen.“
„Ich wollte eigentlich schon immer in einem Beruf tätig sein, in dem ich selber etwas erschaffen kann.“
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Geprägt wurde die Hagenerin, deren Eltern beide im Gesundheitssektor tätig sind, von ihrem Großvater: „Der kann extrem viel und hat immer alles selbst gemacht.“ Mit ihm zusammen habe sie oft gewerkelt und gebaut, berichtet Ayleen Grafe: „Und wenn es zu Hause etwas zu renovieren gab, dann haben wir beide das meistens erledigt.“
Harte Arbeit und körperliche Belastung
Also entschied sich Ayleen nach der Schule für eine Ausbildung als Malerin und Lackiererin, die sie nach drei Jahren bei der Marquardt & Drilling GmbH & Co. KG in Haspe mit der Note „Sehr gut“ abschloss - es war eine der besten Gesellenprüfungen im Kammerbezirk. Im Alltag hat sie viel mit Sanierungen, Balkonbeschichtungen, Dämmungen und dergleichen zu tun, aber auch Innenarbeiten, bei denen sie ihre Kreativität zum Einsatz bringen kann, stehen auf dem Programm.
Sie weiß geschickt mit Zahner, Spachtel, Pinsel und Rolle umzugehen, leider Gottes sei der Frauenanteil zu gering im Handwerk, bedauert Bernd Marquardt noch einmal, andererseits dürfe man sich keinen falschen Vorstellungen hingeben, es handele sich um harte Arbeit mit einer hohen körperlichen Belastung: „Wer bei uns arbeiten will, muss einen gesunden Körper mitbringen.“ Die Tätigkeit als Maler sei aber auch ausgesprochen vielseitig: „Vom Lackieren einer Tür bei Oma Müller bis hin zu einer Fassadendämmung im 40. Stockwerk.“
Jetzt macht Ayleen den Führerschein
Ayleen Grafe hat sich gut behauptet in dieser Männerwelt. Das lasse sich daran ablesen, so Marquardt, dass die anderen, erfahrenen Kollegen sie gern mit zu einer Baustelle nehmen würden - in vielen Handwerksberufen der inoffizielle Ritterschlag für einen Gesellen. Noch nie sei ein Mitarbeiter zu ihm gekommen und habe ihn darum gebeten, die Frau Grafe doch bitte einem anderen Team zuzuweisen, erzählt der Handwerksmeister: „Wer gut ankommen will bei den Kollegen, der muss Teamgeist, Kreativität, Einsatzbereitschaft und natürlich den Spaß am Beruf mitbringen.“
„Wer gut ankommen will bei den Kollegen, der muss Teamgeist, Kreativität, Einsatzbereitschaft und natürlich den Spaß am Beruf mitbringen.“
Nur alleine zu einer Baustelle geschickt hat Marquardt seine junge Beschäftigte noch nie. Das hat aber weniger mit ihren Fähigkeiten oder der mangelnden Erfahrung zu tun als mit dem Umstand, dass Ayleen noch keinen Führerschein besitzt. Den macht sie gerade. Wenn sie endlich Auto fahren darf, wird sie nicht mehr um 5 Uhr aufstehen müssen, um pünktlich mit dem Bus zur Arbeit zu erscheinen. Dann wird sie mit dem Auto kommen. Bernd Marquardt hat ihr bereits einen Firmenwagen in Aussicht gestellt. . .