Hagen. Die Kastanie im Garten von Alois Müller aus Hagen steht unter strengem Schutz. Welche Folgen das für den privaten Eigentümer hat. . .
Im Garten von Alois und Renate Müller steht eine mächtige Kastanie. Ganz dicht ist ihr Laubwerk, ausladend die Krone, gesund die Farbe. Der Baum war schon da, als in Deutschland noch Kaiser Wilhelm regierte. Auf 140 Jahre schätzt Alois Müller (86) das Alter des Baumes: „Jedes Jahr im Herbst sammeln wir die Kastanien säckeweise ein.“
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Das Ehepaar aus Bathey hängt an dem 24 Meter hohen Baum, den der Urgroßvater von Alois Müller im 19. Jahrhundert gepflanzt hat. Doch die alleinige Verfügungsgewalt über das imposante Gewächs haben Müllers ohnehin nicht mehr. Vor elf Jahren hat die Stadt Hagen die Kastanie zum Naturdenkmal deklariert. Seitdem steht sie unter besonderem Schutz und darf ohne Rücksprache mit der Stadt nicht ohne Weiteres beschnitten, in ihrem Erscheinungsbild beeinträchtigt, beschädigt oder gar zerstört werden. „Im Prinzip gehört uns der Baum nicht mehr“, sagt Alois Müller und lässt offen, ob ihn das eher freut oder ärgert.
Als Naturdenkmale gelten in Nordrhein-Westfalen laut Landschaftsgesetz „Einzelschöpfungen der Natur, deren besonderer Schutz aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder erdgeschichtlichen Gründen oder wegen ihrer Seltenheit, Eigenart oder Schönheit erforderlich ist“. Die Kriterien, die die Stadt Hagen dazu bewogen haben, die Kastanie in der Bonsmannstraße als Naturdenkmal auszuweisen, lauten denn auch: „Eigenart und Schönheit.“
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138 Bäume sind ein Naturdenkmal
In Hagen sind insgesamt 138 Bäume zu Naturdenkmälern erklärt worden. Befinden sie sich auf Privatgrundstücken, wie das bei der Kastanie der Fall ist, dann ist es empfehlenswert und gängige Praxis, dass die Eigentümer sämtliche Verkehrssicherungs- und Pflegemaßnahmen mit der Stadt Hagen abstimmen. Das hat durchaus nicht nur negative Konsequenzen. Vielmehr unterstützt die Untere Naturschutzbehörde im Rathaus die fachliche Erarbeitung und Abstimmung von individuellen Pflegemaßnahmen und fördert diese mit Landesmitteln mit bis zu 100 Prozent.
Aufwändige Begutachtungen der Bäume müssten von Fachfirmen vorgenommen werden, sagt Stadtsprecher Michael Kaub: „Auch diese Kosten können gefördert werden.“ Auch bei der Kastanie in Bathey hat die Stadt vor vier Jahren Kronenpflegemaßnahmen durchgeführt: „Es wurden Totholz und reibende Äste, die zu Fehlentwicklungen in der Krone geführt hätten, entfernt“, berichtet Kaub.
Kastanie in Hengstey ist kerngesund
Über eine Erkrankung des Baumes liegen laut Stadtverwaltung übrigens keine Erkenntnisse vor, auch das gefürchtete Bakterium Pseudomonas syringae, von dem rund die Hälfte aller Kastanienbäume in Hagen befallen ist, hat den Baum von Alois Müller bislang verschont. Auch ein von Müllers beauftragter Baumsachverständiger hat festgestellt, dass die Kastanie „frei von Faulungen oder sonstigen Schwachstellen“ ist.
Was den Versicherungsschutz betrifft, gehen die Meinungen allerdings auseinander. Die Stadt Hagen steht auf dem Standpunkt, die Verkehrssicherungspflicht liege, auch wenn es sich um ein Naturdenkmal handelt, weiterhin beim Eigentümer. Der Sachverständige Alfons Schmidt aus Olsberg kommt allerdings in seinem Gutachten zu einem anderen Ergebnis: „Zuständig für die Verkehrssicherheit der Kastanie ist die verantwortliche Behörde und nicht der Eigentümer. Darauf wird an dieser Stelle ausdrücklich hingewiesen.“ Um der Verantwortung der Eigentümer aber vollumfänglich nachzukommen, empfiehlt er eine Baumregelkontrolle, die jeder verständige Bürger durchführen könne.
Wie auch immer - grundsätzlich verfolgen Familie Müller und die Stadt Hagen das gleiche Ziel: die prächtige Kastanie aus Kaisers Zeiten gesund zu erhalten und ihre Lebensspanne möglichst zu verlängern.