Hagen. Der Hagener Aktivistenkreis vermutet hinter den Vorstößen der Rechtsaußen-Fraktion den Versuch der gezielten Migrantenhetze.
In der September-Sitzung des Hagener Rates hat es mal richtig geraucht. Zwei als Provokation verstandene Anträge der AfD-Fraktion lösten – im Gegensatz zum sonst praktizierten Schweige- und Aussitzgelübde der übrigen Parteien – plötzlich massiven Widerspruch und deutliche Wort aus. Jetzt deutet sich an, dass dies keine Eintagsfliege bleibt: Denn beim Blick auf die Tagesordnung der Haupt- und Finanzausschuss-Sitzung an diesem Donnerstag, 10. Oktober (16 Uhr, Ratssaal), lässt sich bereits ablesen, dass zumindest AfD und HAK (Hagener Aktivistenkreis) politisch wieder frontal aufeinanderprallen.
Auch interessant
Inhaltlich geht es um die Sicherheitslage in den Hagener Freibädern. Hier will die AfD laut ihrem Antrag, bei dem man nie sicher sein kann, ob dafür in irgendeiner Partei- und Stimmungsmache-Zentrale der Stift geführt wurde, vor dem Hintergrund einer „bundesweit grassierenden Welle an Gewaltkriminalität in städtischen Bädern“ eine Befragung anstoßen.
Dabei sollen die örtlichen Hagenbad-Bediensteten anonymisiert die „Bedrohungsszenarien, Attacken und Straftaten gegen das Bäderpersonal und die Freibadbesucher in jüngster Vergangenheit“ skizzieren. Nur so ließen sich die tatsächlichen Vorkommnisse beleuchten, verweist AfD-Fraktionschef Michael Eiche in der Antragsbegründung auf „Schlägereien, Beschimpfungen, Bedrohungen und sexuelle Belästigungen in der Regel durch junge Migrantengruppen“. Die Umfrage solle die tatsächliche Lage beleuchten und mögliche Verbesserungspotenziale bei den Sicherheitsmaßnahmen ausloten.
HAK wittert gezielte Hetze
Eine Vorverurteilung, die bei Ömer Oral, Sprecher der HAK-Ratsgruppe, schon wieder massiv den Blutdruck steigen lässt: „Die AfD hört leider nicht auf, ihre Hetze fortzusetzen, und bringt erneut einen Antrag ein, in dem sie Migranten pauschalisiert“, setzt der Hagener Unternehmer und Familienvater diesmal auf das Instrument eines eigenen Sachantrags zu der gleichen Thematik. Dabei soll der Fokus dieser Befragung auf die Erfassung rechtsextremer Vorfälle gerichtet werden: „Hierbei sollen die Erfahrungen von Personen mit Migrationshintergrund, jüdischen Besuchergruppen und anderen Minderheiten berücksichtigt werden.“
„Es ist die Pflicht der Stadt Hagen, solchen Entwicklungen entschlossen entgegenzutreten und klarzustellen, dass Hass und Hetze keinen Platz in unseren Gremien und öffentlichen Einrichtungen haben.“
Begleitet werden könnte die Erhebung, so die Vorstellungen der HAK, durch ein Aufklärungsprogramm zu rechtsextremen Ideologien vorzugsweise in Schulen und Sportvereinen sowie den folgenden politischen Beschluss: „Die Stadt Hagen fordert vom Innenministerium NRW, dass die AfD durch den Verfassungsschutz als ,gesichert rechtsextrem‘ eingestuft wird. Die AfD fällt durch wiederholte rassistische Hetze und gezielte Desinformation auf, die den sozialen Frieden gefährden. Insbesondere die jüngsten Anträge der AfD-Fraktion, die Migranten pauschal als Sicherheitsrisiko darstellen, zeigen eine klare Strategie der Angstmache. Dies stellt eine Gefahr für das friedliche Zusammenleben in Hagen dar und erfordert eine strikte Beobachtung durch die Sicherheitsbehörden.“
Für Oral ist klar: „Es ist die Pflicht der Stadt Hagen, solchen Entwicklungen entschlossen entgegenzutreten und klarzustellen, dass Hass und Hetze keinen Platz in unseren Gremien und öffentlichen Einrichtungen haben.“
Die Stadtredaktion hatte zuletzt im vergangenen Sommer von den Hagenbad-Schwimmmeistern erfahren, dass das Publikum und das Respektverhalten sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert habe. Die Besucher seien einfach diskussionsfreudiger, was sich jedoch kaum an der Herkunft der Menschen festmachen lasse. In einer Stadt wie Hagen seien schon immer sehr unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen aufeinandergetroffen. Konflikte ließen sich aber noch immer durch deeskalierende Maßnahmen regeln.
Die Botschaft: Schwere Vorfälle gebe es nicht – eine Feststellung, die von der Polizeistatistik unterfüttert wird: In diesem Sommer hat es lediglich einen einzigen Einsatz einer Streife in den Hagener Freibädern gegeben. Hagenbad hat hier durch Security-Kräfte und den Online-Ticket-Zugang zudem versucht, Konfliktsituationen vorzubeugen.
Eklat in der Ratssitzung
Vor knapp drei Wochen hatte es bereits in der Ratssitzung geknallt. Dort forderte die AfD Hagen synchron zu gleichlautenden Anträgen in anderen Kommunen von der Stadt, auf ihrer Internetseite ein Migrations-Dashboard zu etablieren, das „vergleichbar mit den Corona-Zahlen das Migrationsgeschehen in unserer Stadt erfasst“. Auch hier platzte Ömer Oral der Kragen: „Ich habe hier Abitur gemacht, ich habe hier studiert, und ich zahle als Unternehmer hier meine Steuern. Und jetzt wollen Sie mich auf ein Dashboard bringen? Hören Sie auf mit dieser Hetze. Wenn meine Tochter, die die dritte Klasse besucht, als Scheiß-Türkin beschimpft wird, dann hat die Ideologie, für die die AfD steht, daran einen Anteil.“
Aber auch Vertreter anderer Fraktionen beendeten angesichts dieser Grenzüberschreitung, die an die Stigmatisierungen in dunkelster deutscher Vergangenheit erinnerte, ihre sonst an den Tag gelegte AfD-Ignoranz und fanden klare Worte der Abscheu.
Zugleich kritisierten die übrigen Parteien-Vertreter die Wolf-im-Schafspelz-Strategie der Hagener Rechtsaußenfraktion: Diese hatte in der gleichen Sitzung nämlich noch einen zweiten Antrag auf den Weg gebracht, der ein Ende der Gendersprache in der Verwaltung zum Ziel hatte. Diese erschwere Bürgern mit Migrationshintergrund den Spracherwerb, gab sich die AfD plötzlich als Anwalt der Zuwanderer.