Hagen. Darüber, dass bald Flüchtlinge im Ex-Hotel Schmidt in Hagen-Selbecke betreut werden, zeigen sich einige Nachbarn besorgt. Alle Infos zum Haus:

Neues aus der Selbecke: Die Wellen schlugen hoch. In den sozialen Netzwerken und am Telefon. „In den vergangenen Tagen sind über 50 Anrufe bei uns eingegangen. Fast alle mit dem gleichen Tenor: ,Jetzt holt ihr uns noch mehr Flüchtlinge in die Stadt‘“, schüttelt Manuela Reimann-Merse enttäuscht den Kopf. Die Geschäftsführerin der Sozialeinrichtung Haus Hohenlimburg spricht über die Nachricht, dass in das vor eineinhalb Wochen geschlossene Hotel Schmidt in der Selbecke unbegleitete, minderjährige Ausländer (umA) einziehen. Die Stadtredaktion Hagen hatte darüber ausführlich berichtet.

Junge Bewohner teils schwer traumatisiert

„Von einigen Anrufern wurden wir rüde beschimpft, viele sind wütend und besorgt über ,die neuen Nachbarn‘“, ergänzt Anke Klagholz, ebenfalls Haus-Hohenlimburg-Geschäftsführerin. Die beiden Frauen bestätigen, dass die jugendlichen Flüchtlinge, die momentan noch in einer Wohngruppe in der Obernahmer Straße betreut werden, Anfang des neuen Jahres ins frühere Hotel Schmidt einziehen. „14 Syrer und ein Jugendlicher aus Somalia leben derzeit in der Obernahmer. Es sind allesamt männliche Bewohner zwischen zwölf und 17 Jahre, alle sind psychisch krank, einige von ihnen schwer traumatisiert.“

Wenn der wirtschaftliche Übergang, sprich, der Verkauf des bisherigen Immobilienbesitzers Frederic Schmidt an die Einrichtung Haus Hohenlimburg, komplett vollzogen ist, stellen die Geschäftsführerinnen bei der Stadt Hagen einen Antrag auf Nutzungsänderung - aus dem Hotel samt Restaurant soll schließlich eine psychotherapeutische Einrichtung bzw. Wohngruppe werden.

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Manuela Reimann-Merse (links) und Anke Klagholz, Geschäftsführerinnen von Haus Hohenlimburg in der Wippermann-Passage in Hagen-Eilpe, ziehen Anfang 2025 mit ihrer Wohngruppe für unbegleitete, minderjährige Ausländer (umA) von der Obernahmer in die Selbecke. © WP | Yvonne Hinz

Mietvertrag in der Obernahmer läuft aus

„Unser Mietvertrag in der Obernahmer läuft Ende Dezember aus. Wir haben dann noch eine kurze ,Gnadenfrist‘“, erläutert Manuela Reimann-Merse. Geplant sei, mit den Bewohnern samt Team in der ersten Januar-Woche 2025 in die Selbecker Straße 220 umzuziehen.

„Das Gebäude ist für uns ideal, das Haus ist zwar etwas in die Jahre gekommen, aber sehr gepflegt“, unterstreichen die beiden Frauen. Die 36 Zimmer mit insgesamt 52 Betten und eigenen Bädern seien für ihre Belange praktisch. Das Haupthaus mit großer Küche und das Appartementhaus mit Familienzimmern könnten gut von einer Wohngruppe genutzt werden. Das Appartementhaus bekommt Anfang des Jahres ein neues Dach, und kleinere Umbauten sollen ebenfalls zeitnah erfolgen.

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Horst Schmidt, früher Mitarbeiter im Hotel/Restaurant Schmidt in der Selbecke und viele Jahre „das Gesicht des Betriebes“ vor dem verkauften Haus.  © WP | Yvonne Hinz

Hotel Schmidt nach 73 Jahren geschlossen

Das Traditionshaus Hotel Schmidt war 73 Jahre in der Selbecke ansässig. Das „Gesicht vor Ort“ war in den letzten Jahren Horst Schmidt (72), der im Hotel/Restaurant angestellt war. Eigentümer des Betriebes war sein Neffe Frederic Schmidt (50), der die Gebäude nun verkauft hat.

Das Haus Hohenlimburg ist seit vielen Jahren als privater Träger der Jugendhilfe in Hagen vertreten und beschäftigt über 200 Mitarbeiter.

Familienähnliche Wohngruppe

Ob die Zahl der Flüchtlinge, die künftig in der Einrichtung in der Selbecke betreut werden, aufgestockt wird? „Das wissen wir nicht. Wir gehen aber nicht davon aus, dass hier demnächst 50 Bewohner leben. Wir wollen hier kein Ghetto, unsere Wohngruppe ist familienähnlich“, betonen die Geschäftsführerinnen.

Derzeit betreuen 14 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Sozialarbeiter und Sozialpädagogen, Psychologen, Erzieher und Hauswirtschaftskräfte) rund um die Uhr die psychisch Erkrankten. Die Nachtwache schläft auch im Haus. „Wir kennen alle Bewohner persönlich. Sie besuchen normale, über das ganze Stadtgebiet verteilte Schulen“, möchten Manuela Reimann-Merse und Anke Klagholz eventuelle Ängste der Selbecker Nachbarn eindämmen.

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Die Flüchtlinge hätten eine feste Tagesstruktur (Klagholz. „Die Psyche mag Regelmäßigkeit“) und sie würden auch künftig im Haus mitanpacken. So nehmen die älteren Bewohner an einer Infektionsschutzbelehrung teil und helfen in der Küche mit. „Unsere bisherige Köchin zieht mit um in die Selbecke. Sie ist selbst vor Jahren geflüchtet und ist für viele der Jugendlichen eine Art Ersatzmutter.“

Alter Schriftzug wird entfernt

In Kürze wird der Schriftzug „Hotel Schmidt“ vom Gebäude entfernt. Ein neuer Schriftzug wird nicht angebracht, um den Flüchtlingen ihre Privatsphäre zu lassen.