Hagen. Die Stadt Hagen lässt jetzt die NS-Vergangenheit des Hagener Künstlers Erwin Hegemann untersuchen. Opfer haben ein Recht auf diese Aufarbeitung.

Noch sind viele einzelne Fragen offen. Im Zentrum aber steht diese: Was hat es mit der Nazi-Vergangenheit des in Hagen so geschätzten Künstlers Erwin Hegemann auf sich?

Nazi-Vergangenheit - dieser Begriff ist gewiss gerechtfertigt für einen Mann, der sich selbst dazu bekannt hat, in jungen Jahren in die Waffen-SS eingetreten zu sein. Denn diese Organisation ist genau das Gegenteil einer friedfertigen Vereinigung pazifistischer Widerstandskämpfer - und das musste auch damals jeder wissen. Ihre Mitglieder waren an Kriegsverbrechen und schlimmsten Gräueltaten beteiligt.

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Ein überzeugter Pazifist?

Was nicht bedeuten muss, dass auch Hegemann involviert war. Aber hat er nicht zumindest davon gewusst? Es sind viele Fragen offen: Auch die, wie sich der Hagener Künstler nach dem Ende der Nazi-Diktatur verhalten hat. War er tatsächlich der überzeugte Pazifist, als den ihn seine Kinder und einige seiner Weggefährten erlebt haben wollen? Hatte er mit der eigenen Vergangenheit gebrochen?

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Wer nun aber den moralischen Zeigefinger erhebt, muss sich auch diese (hypothetische) Frage stellen: Wie eigentlich hätten wir uns in dieser Zeit verhalten? Hätten wir tatsächlich opponiert? Hätten wir Widerstand geleistet, gar unser Leben riskiert? Wären wir zu Mitläufern geworden? Oder hätten wir - um Annehmlichkeiten und Vorzüge wissend oder sogar aus einer inneren Überzeugung - das Nazi-System aktiv unterstützt?

Aufarbeitung zu lange ausgeblieben

Es sind viele Fragen offen. Für einige gilt, dass es nicht einfach sein wird, sie fast 80 Jahre nach Kriegsende zu beantworten. Auch, weil eine Aufarbeitung, eine Bewältigung der Vergangenheit, viel zu lange ausgeblieben ist.

Wenn wir uns mit Mitläufern und Tätern beschäftigen, darf eines niemals vergessen werden: Es gibt auch eine Perspektive der Opfer. Davon hat es auch in Hagen viel zu viele gegeben. Stolpersteine auf Straßen dokumentieren dabei nur das traurige Schicksal einiger.

Zeit für volle Transparenz

Die wenigen Opfer, die heute noch leben und deren Nachkommen haben ein Recht auf Aufarbeitung und volle Transparenz. Es wird höchste Zeit.