Hagen. . Heute vor 75 Jahren begann die Deportation der Juden. Auch in Hagen. Fotos aus dem Stadtarchiv dokumentieren dieses bedrückende Ereignis.
- Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs lebten noch mehrere Hundert Juden in Hagen und Umgebung
- Wer geblieben war und nicht flüchtete, wurde in sogenanneten Juden-Häusern „zusammengefasst“
- Im Stadtarchiv liegen Bilder, die den Abtransport von Hagener Juden in Vernichtungslager dokumentieren
Es gibt Jahrestage, die sind Anlass, für einen Moment innezuhalten. Der 28. April 1942 ist einer der schwärzesten Tage in der Geschichte der Stadt. Heute vor 75 Jahren begann die Deportation der Hagener Juden. Für fast alle war es der Beginn eines Transports in die Hölle.
„Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs lebten noch mehrere Hundert Juden in Hagen und Umgebung“, sagt der Historiker Dr. Ralf Blank, Leiter des Fachdienstes Wissenschaft, Museen und Archive der Stadt Hagen, „vielen war es vor dem Krieg gelungen, ins Ausland zu flüchten.“
Der Judenstern als Kennzeichen
Diejenigen, die geblieben waren, wurden von den Nationalsozialisten in sogenannten Juden-Häusern (in Hagen und Hohenlimburg neben der Synagoge) „zusammengefasst“. Ab September 1941 waren die Bewohner gezwungen, gelbe Sterne als Kennzeichen zu tragen. „Dadurch“, so Blank, „wurden sie ganz bewusst als Außenseiter stigmatisiert.“
Dabei war die Vernichtung der Juden, die auf der Wannsee-Konferenz am 20. Januar 1942 in Berlin beschlossen wurde, auch vor Ort genau geplant und durchorganisiert. Die Gestapo Dortmund informierte im März 1942 Bürgermeister und Landräte über einen bevorstehenden Massentransport ins ostpolnische Zamosc. Bis zur Abfahrt des Zuges, die für den 30. April vorgesehen war, sollten sich die Juden in einem Sammellager in Dortmund einfinden.
Besonders bedrückende Quellen der NS-Zeit
Dokumentiert wird der Abtransport von Juden aus Hagen unter anderem auf Bildern, die von einem Archiv-Mitarbeiter der Stadtverwaltung Hohenlimburg fotografiert wurden. Und zwar am Vormittag des 28. Aprils 1942 auf dem Vorplatz der Synagoge und früheren jüdischen Schule im Stadtteil. „Diese Bilderserie zählt zu den besonders bedrückenden Quellen aus der NS-Zeit“, sagt Blank.
Auf den Fotos sind Anneliese, Berta, Else, Georg, Hugo und Paul Löwenstein zu erkennen, dann Kurt, Lina und Moritz Meyberg sowie Erna Levy und Henriette Schlesinger. „Bis 1933 waren diese Familien voll in das gesellschaftliche Leben integriert“, sagt Dr. Ralf Blank. „Hugo Löwenstein engagierte sich beispielsweise in der Kommunalpolitik für die SPD.“
Abtransport auf offenen Lastwagen
Von Hohenlimburg aus wurden elf Menschen auf einem offenen Lastwagen zum Hagener Hauptbahnhof gebracht. „Der Lkw wurde von der Gestapo ganz bewusst so gewählt“, so Blank, „der Abtransport der Juden konnte von der Bevölkerung so wahrgenommen werden.“
Am Güterbahnhof sammelten sich auch die mehr als 42 namentlich bekannten Hagener Juden, die von der Gestapo ausgewählt worden waren. Am 1. Mai wurden mehr als 800 Juden aus dem Regierungsbezirk Arnsberg in das Ghetto Zamosc im Generalgouvernement Polen deportiert. Hier verliert sich ihre Spur.
Vermögen eingezogen
In Hagen verbliebenes Vermögen sowie Hab und Gut wurden durch das Finanzamt eingezogen. Im Sommer 1942 beispielsweise erzielte die Stadtverwaltung durch den Verkauf des Hausrats von sieben jüdischen Familien 15 000 Reichsmark. Auch ausgebombte Hagener erhielten Möbel, Bekleidung und Hausrat jüdischer Familien. „Für die wenigen Überlebenden und die Nachfahren war besonders schockierend, dass sie bei den Wiedergutmachungsverfahren vor denselben Mitarbeitern saßen, die sie vor ihrer Deportation ,betreut’ hatten.“
>> Ab 1942 direkt ins Vernichtungslager
Noch bis Februar 1945 wurden von Hagen aus einzelne Personen oder ganze Gruppen deportiert. Die letzten Tag verbrachten sie oft im Polizeigefängnis an der Prentzelstraße.
Ab Herbst 1942 gingen die Transporte direkt in die Vernichtungslager nach Auschwitz und Theresienstadt.