Hagen. Seit fünf Jahren wird in Hagen über die Einrichtung von Trinkwasserbrunnen diskutiert. Was sich bis heute getan hat? Nichts.
Kriegt die Stadt Hagen eigentlich nichts gebacken? Diese salopp-rhetorische Frage warf Günter Mosch auf, SPD-Politiker in der Bezirksvertretung Hagen-Nord, als er in die erneut aufgekommene Diskussion um die Installierung von öffentlichen Trinkwasserbrunnen in der Stadt eingriff: „Ich höre immer nur: Das geht nicht, das geht nicht. Man bedenke doch bitte, dass es sich herumspricht, dass wir in Hagen nichts auf die Reihe kriegen.“
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Tatsächlich scheinen sich die Trinkwasserbrunnen zu einem Synonym für Stillstand, Innovationsfeindlichkeit und Bürokratismus in Hagen zu entwickeln. Sage und schreibe fünf Jahre ist es her, dass Mosch anregte, eine frei zugängliche Trinkwasserstelle an einem zentralen Ort im Hagener Norden zu errichten. „An heißen Tagen ist es vor allem für Senioren wichtig, ausreichend Wasser zu sich zu nehmen“, so Mosch angesichts der sommerlichen Hitzewellen mit teilweise kaum noch erträglichen Temperaturen. So wurde in Hagen am 25. Juli 2019 erstmals die 40-Grad-Marke überschritten. „An einem öffentlichen Trinkwasserspender könnten sie ihren Durst löschen oder sich abkühlen“, sagte Mosch.
Meinungsumschwung erst nach Druck von oben
Die Stadtverwaltung reagierte lange gar nicht und kam dann 2021 darauf, dass es keine Handlungsempfehlungen seitens des Umweltbundesamtes zum Betrieb solcher Trinkwasserstellen gebe. Auch hygienische Bedenken wurden im Rathaus geltend gemacht, schließlich würde der Auslass des Brunnens beim Trinken mit dem Mund berührt und könnte dabei kontaminiert werden.
Wiederum ein Jahr später setzte ein Meinungsumschwung im Rathaus ein, der aber weniger auf Einsicht basierte, sondern eher auf sanften Druck hin zustande kam. Das Bundeskabinett hatte beschlossen, allen Bürgerinnen und Bürgern im öffentlichen Raum den Zugang zu qualitativ hochwertigem Trinkwasser zu ermöglichen. Damit setzte die Regierung die EU-Trinkwasser-Richtlinie um, wonach die Bereitstellung von Leitungswasser durch Trinkwasserbrunnen an öffentlichen Orten zur Aufgabe der Daseinsvorsorge gehört. Und da zu der Richtlinie eine Umsetzungsvorschrift gehörte, musste sich auch die Stadt Hagen an die Arbeit machen.
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Verwaltung schiebt Mark-E Schwarzen Peter zu
Mittlerweile sind wieder zwei Jahre ins Land gegangen, ohne dass auch nur eine Örtlichkeit für einen Brunnen in Hagen festgelegt geschweige denn mit der Errichtung einer Trinkwasseranlage begonnen wurde. „Ich gebe zu, die Angelegenheit läuft überhaupt nicht rund“, zeigt sich Thomas Köhler, Leiter des Umweltamtes, zerknirscht. Er schiebt dem heimischen Energieversorger Mark-E, der die Brunnen bauen und betreiben soll, die Schuld zu: „Dessen Vorstand hat vorgeschlagen, Zapfstellen in öffentlichen Gebäuden einzurichten. Die will aber keiner haben. Wir hatten uns mehr Kooperation erhofft.“
Zudem habe Mark-E schwerwiegende Bedenken aufgrund hygienischer Gesichtspunkte geltend gemacht und auf die Verschwendung von Ressourcen hingewiesen: „Dabei ist das doch alles keine Raketenforschung“, mokiert sich Köhler über die zähen Verhandlungen.
Bedenken über Bedenken
Darauf angesprochen, teilte Mark-E mit, dass die Errichtung und der Betrieb von öffentlichen Trinkwasserbrunnen in Hagen grundsätzlich nicht im Zuständigkeitsbereich des Unternehmens liege. „Der Inhaber der betreffenden (und wo zutreffend öffentlichen) Flächen muss die Entscheidung zum Betrieb der Trinkwasserbrunnen selbst treffen“, betont Unternehmenssprecher Andreas Köster.
Der Betrieb von externen Trinkwasserbrunnen werde zudem kontrovers diskutiert, so Köster: „Insbesondere der Wartungsaufwand ist in der Regel hoch. So sind regelmäßige Pflegearbeiten sowie eine engmaschige Beprobung des Trinkwassers unerlässlich.“ Hinzu komme die Gefahr von Vandalismus und Sabotage, die selbst bei umfangreicher Kontrolle kaum ausgeschlossen werden könne. Auch die Haftungsfrage, z.B. im Fall von Klagen, sei zu berücksichtigen.
In anderen Städten sind Trinkwasserbrunnen dagegen längst die Regel. Nur in Hagen nicht, beklagt Günter Mosch nach fünf Jahren fruchtlosen Diskutierens: „Hier höre ich immer nur: Das geht nicht.“