Hagen. Lange hatte sich die Stadtverwaltung in Hagen gegen öffentliche Trinkwasserbrunnen gesperrt. Jetzt ist sie zum Handeln gezwungen.
Eigentlich glaubte die Stadtverwaltung, das Thema los zu sein. Doch nun wird die Einrichtung von öffentlichen Trinkwasserbrunnen in Hagen auf einmal wieder heißt diskutiert. Und siehe da, auch im Rathaus ist ein Sinneswandel eingekehrt: „Künftig werden auch in Hagen an öffentlichen Plätzen Trinkwasserbrunnen bereitgestellt“, kündigte Michael Kaub, Sprecher der Stadtverwaltung, an.
Der Meinungsumschwung basiert aber weniger auf Einsicht, sondern kommt eher auf sanften Druck hin zustande. Das Bundeskabinett hat jüngst beschlossen, allen Bürgerinnen und Bürgern im öffentlichen Raum den Zugang zu qualitativ hochwertigem Trinkwasser zu ermöglichen. Damit setzt die Regierung die EU-Trinkwasser-Richtlinie um. Demnach gehört auch die Bereitstellung von Leitungswasser durch Trinkwasserbrunnen an öffentlichen Orten zur Aufgabe der Daseinsvorsorge.
2019 erstmals 40 Grad in Hagen
Und da zu der Richtlinie eine Umsetzungsvorschrift gehört, muss sich auch die Stadt Hagen an die Arbeit machen. Vor Jahresfrist schien es noch so, als sei das Thema ad acta gelegt. Günter Mosch, SPD-Politiker aus Boelerheide, hatte als Erster die Installation einer frei zugänglichen Trinkwasserstelle an einem zentralen Ort im Hagener Norden vorgeschlagen: „An heißen Tagen ist es vor allem für Senioren wichtig, ausreichend Wasser zu sich zu nehmen. An einem öffentlichen Trinkwasserspender könnten sie ihren Durst löschen oder sich abkühlen.“ In der Bezirksvertretung Eilpe hatte sein Parteifreund Eckhard Jobst einen ähnlich lautenden Vorschlag eingebracht.
In den vergangenen Jahren herrschten bekanntlich auch hierzulande südländische Temperaturen. In Hagen wurde am 25. Juli 2019 erstmals die 40-Grad-Marke überschritten, die Zunahme der heißen Tage hat sich seit den 50er-Jahren verdoppelt.
Einfacher Zugang zu Trinkwasser
Die Stadtverwaltung reagierte bislang zurückhaltend und verwies darauf, das es keine Handlungsempfehlungen seitens des Umweltbundesamtes zum Betrieb solcher Trinkwasserstellen gebe. Grundsätzlich müssten Trinkwasserbrunnen mehrmals jährlich durch ein akkreditiertes Labor beprobt und überwacht werden. Zudem würde der Auslass des Brunnens beim Trinken mit dem Mund berührt und könnte dabei kontaminiert werden.
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Nachdem auch der Hagener Energieversorger Mark-E auf den Aufwand und die Kosten hingewiesen hatte, die mit der Errichtung, dem Betrieb und der Beseitigung von Vandalismusschäden sowie Verunreinigungen eines Brunnens verbunden seien, war die Mosch-Idee gestorben.
Doch einige Akteure hielten hartnäckig an den Plänen fest, darunter Gerd Homm von der Arbeitsgemeinschaft 60plus in der SPD: „Der Zugang zu Trinkwasser muss für alle Menschen in Hagen so einfach wie möglich sein“, argumentiert Homm. „Und die Trinkbrunnen mit Leitungswasser gehören zu den Basisbausteinen einer guten Hitzevorsorge.“
Gesucht: Örtlichkeiten für Brunnen
Auch die Bezirksvertretung Hohenlimburg beschloss im August einstimmig, die Verwaltung zu beauftragen, an der Limburger Freiheit und am Elseyer Dorfplatz zeitnah Trinkwasserbrunnen zu installieren, um den dortigen Anwohnern und Besuchern die Möglichkeit einer kostenlosen Erfrischung mit Leitungswasser zu geben. Und die Bundesregierung sieht in Trinkwasserbrunnen einen wichtigen Beitrag gerade auch mit Blick auf künftige Hitzeereignisse in urbanen Räumen. Zugleich könnten durch verringerte Nutzung von Flaschenwasser Ressourcen geschont werden, heißt es aus Berlin.
Wann die Trinkwasserrichtlinie umgesetzt und in Hagen die ersten Brunnen angelegt werden, steht noch nicht fest. Auch die entsprechenden Örtlichkeiten müssen erst identifiziert werden. Doch auch wenn in Hagen die Uhren langsamer laufen als andernorts (in der Nachbarstadt Dortmund gibt es bereits Dutzende solcher Anlagen), werden auch in der Volmestadt früher oder später die ersten Trinkwasserbrunnen plätschern.
Günter Mosch ist froh, dass seiner schon totgeglaubten Idee doch noch Leben eingehaucht wird: „Der Klimawandel, die Dürre und die Hitze sind doch eine Realität. Ich denke, um dieses Thema kann sich eine Stadt wie Hagen nicht länger herummogeln.“