Schwelm. Die Verteidiger des angeklagten Schwelmers kritisieren vor Gericht die Arbeit der Polizei. Der Vorwurf: die Beamten seien voreingenommen.
Unfassbar viele Zeugen machten im Strafprozess am Hagener Landgericht rund um den brutalen Mord, der am 28. Februar 2024 in einem Garagenhof an der Schwelmer Moltkestraße passierte, bereits ihre Aussagen. Nun wurden auch nach und nach die beteiligten Polizeibeamten der Hagener Mordkommission und der Kreispolizeibehörde Ennepe-Ruhr im Zeugenstand zu ihren Ermittlungen befragt. Einige Vorgehensweisen waren den Strafverteidigern des angeklagten Schwelmers dabei ein Dorn im Auge.
Hypothese der Polizei wird in Frage gestellt
Besonders der Leiter der Mordkommission muss sich im Zeugenstand gegen die Vorwürfe der Verteidiger behaupten. Zu bemängeln haben die Rechtsanwälte Christoph Wortmann und Ihsan Tanyolu einiges. Beim gemeinsamen Durchgehen der Lichtbilder vom Tatort wird unter anderem die Hypothese der Polizei infrage gestellt, dass sich der Angeklagte bereits auf dem Garagenhof versteckt haben könnte, um seiner Ehefrau aufzulauern. Immerhin sei der Hof von umliegenden Gebäuden gut einsehbar.
Als der Kommissar dies zunächst verneint, sorgt das für Unmut, den die Verteidiger auch offen zeigen. Die Vorsitzende Richterin muss zur Sachlichkeit mahnen. Fenster und Balkone des Wohnhauses an der Moltkestraße bieten offensichtlich einen guten Blick auf den Innenhof, sind sich schließlich alle einig. Es seien die anderen umliegenden Gebäude mit eingeschränkter Sicht gewesen, auf die sich der Ermittler bezog.
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Auch die Spurensicherung am Tatort sorgt für viele Fragen seitens der Verteidigung. Einzelne fehlende Messungen, ein fehlendes umfassendes Gutachten aller Blutspritzer am Tatort und die Tatsache, dass das Auto der Getöteten erst drei Monate nach der Tat aus der Garage bewegt wurde, bieten Wortmann und Tanyolu weitere Angriffsfläche. Der Kommissar rechtfertigt sich, dass alles seine Richtigkeit habe. Gewünschte Messungen könnten leicht aufgrund der genutzten Vermessungstechnik auch im Nachhinein erstellt werden, ein nachträgliches Gutachten der Blutspritzer sei durch die umfassende Dokumentation ebenfalls jederzeit möglich. Es sei unter das geparkte Auto geleuchtet worden, um den Boden darunter zu begutachten.
Zeugenaussagen decken sich nicht mit Polizeiprotokoll
Auch einzelne Vernehmungen, nicht nur durch den Einsatzleiter der Mordkommission, sondern auch weiterer beteiligter Polizeibeamter, werden auf den Prüfstand gestellt. Anlass waren Aussagen einiger Zeugen vor Gericht, die sich mit den Aussagen im Vernehmungsprotokoll der Polizei an manchen Stellen nicht deckten. Die betroffenen Beamten räumten ein, dass die Wortwahl abweichen könne, da es sich um auf Notizen basierende Protokolle handle und keine Tonbandaufzeichnungen stattfanden. Dass der Sinn oder generelle Inhalt an manchen Stellen verfälscht worden sei, auf diesen Vorwurf lassen sich die Beamten hingegen nicht ein. Sie bezeugen vor Gericht, dass die fraglichen Aussagen zumindest sinngemäß so stattgefunden hätten.
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Die Verteidiger sehen offenbar eine gewisse Voreingenommenheit bei den Ermittlern gegenüber dem angeklagten Schwelmer. Die Frage, ob sie jemals in Betracht gezogen hätten, dass ihr Mandant nicht für die Tat verantwortlich sei, bejaht der Einsatzleiter unterdessen. Eine andere Hypothese hätte untersucht, ob der brutale Mord vom 28. Februar mit einer überfallenen Frau im Martfeld-Park in Schwelm und mit dem Fund einer Leiche in Ennepetal etwas zu tun haben könnte. Beide Taten geschahen, während der Schwelmer bereits in Untersuchungshaft saß.
Die kurze Vermutung eines möglichen Serientäters bestätigte sich nicht. Für letzteren Fall muss sich der Ehemann bald vor Gericht wegen Totschlags verantworten. Der Überfall im Martfeld-Park wurde hingegen bis heute nicht aufgeklärt. Einen Zusammenhang schloss die Polizei aber auch hier aus. Dort gehe man von einem Raubdelikt aus, was im Falle der getöteten 50-Jährigen eindeutig nicht zutreffe. Ihren Rucksack trug das Opfer beim Eintreffen der Rettungskräfte samt Wertgegenstände noch bei sich.
Es blieb die ursprüngliche Hypothese vom Ehemann, der die Trennung nicht akzeptieren konnte. Während die Verteidiger den Fokus darauf setzen, dass keinerlei Blutspuren an der Kleidung oder in der Wohnung des Angeklagten gefunden wurden, untermauert der leitende Kommissar seine Theorie mit der Tatsache, dass keine fremde DNA Dritter, die als Täter infrage kämen, am Tatort gefunden wurde. DNA des Angeklagten konnte, wenn auch in geringen Mengen und an nur vereinzelten Stellen, hingegen nachgewiesen werden.
Urteil noch nicht möglich
Entgegen der Erwartungen wird am 22. November kein Urteil gefällt werden. Der Prozess wird planmäßig bis in den Januar 2025 fortgesetzt. Aktuell ist der 13. Januar als neuer Verhandlungsabschluss angesetzt. Ob es an diesem Tag tatsächlich zur Urteilssprechung kommen wird, bleibt ungewiss. Es werde geschaut, wie sich die weiteren Verhandlungstage entwickeln würden, teilte das Hagener Landgericht auf Anfrage mit.
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Als Grund für den Fortlauf des Prozesses und die Verschiebung des Urteils gibt die Strafkammer eine von der Verteidigung beantragte Einlassung des Angeklagten an. Der 48-jährige Schwelmer wird sich demnach nun doch selbst, oder in Vertretung durch seine Anwälte, zu den Vorwürfen gegen ihn äußern. „Diese Einlassung wird nun vorbereitet und erfordert dann eventuell eine weitere Beweisaufnahme“, erklärt Richterin Miriam Meier, Pressesprecherin des Hagener Landgerichts, die neusten Entwicklungen. Ein kürzlich erfolgter Antrag auf Haftprüfung wurde unterdessen abgelehnt. „Die Kammer sieht nach Prüfung die Voraussetzungen für die Untersuchungshaft weiterhin gegeben.“