Schwelm. Das Hagener Landgericht befragt aktuell Zeugen aus dem Umfeld des angeklagten Schwelmers. So erlebte seine Jugendliebe die Beziehung mit ihm.
Der Großteil der angesetzten Verhandlungstage ist bereits vorüber. Nach einer mehrwöchigen Pause wurde der komplexe Prozess rund um den brutalen Femizid, der sich am 28. Februar in der Schwelmer Moltkestraße ereignete, nun am Hagener Landgericht fortgesetzt. Unzählige Zeugen aus dem Umfeld des Opfers gaben bereits Einblicke in eine grausame Ehe und schilderten dem Gericht umfassend, was für ein Mensch die 50-jährige Schwelmerin war. Aber was für ein Mensch ist der Angeklagte? Um sich ein besseres Bild davon machen zu können, werden nun immer mehr Zeugen aus dem Umfeld des 48-Jährigen genau dazu befragt. Besonders die Aussagen seiner Jugendliebe überraschen.
Ex-Freundin sagt aus
„Ich war total verliebt. Es war eine gute Zeit“, erzählt die 47-jährige Frau, die den Angeklagten als ihre erste große Liebe bezeichnet. Als sie sich 1992 kennenlernten, gingen beide noch zur Schule. Sie war 15, er 16 Jahre alt. Um die sieben Jahre waren sie zusammen, gegen Ende in einer Art On-Off-Beziehung. „Ich habe ihn vergöttert und war glücklich damals.“ Sie habe keinerlei Gewalt in der Beziehung erlebt, weder körperlich noch psychisch. Ehrgeizig und fleißig, zuverlässig und pünktlich. Mit diesen Attributen beschreibt sie den 48-jährigen Schwelmer vor Gericht. Nach der Realschule leistete er seinen Zivildienst ab, machte dann eine Ausbildung. Später soll er auf der Abendschule das Abitur nachgeholt haben.
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Dass es je einen großen Streit gegeben habe, daran kann sie sich nicht erinnern. Es habe dem Angeklagten damals lediglich nicht gepasst, dass seine Freundin einen Schüleraustausch nach Frankreich mitmachen wollte. Sie habe sich durchgesetzt, er habe es akzeptiert. Sie selbst zog nach der Schulzeit zum Studieren aus Schwelm weg, von da an sahen sie sich seltener.
Die Beziehung endete endgültig, weil die 47-Jährige in der neuen Stadt irgendwann einen neuen Mann kennenlernte. Als sie dem Angeklagten davon berichtete, soll er dies akzeptiert haben. Danach gab es nie wieder Kontakt. Ihre erste große Liebe auf der Anklagebank sitzen zu sehen, geht der ehemaligen Schwelmerin sichtlich nahe. Dass sie ihn mal unter solchen Umständen wiedertreffen würde, damit hat sie wohl nicht gerechnet.
Überraschende Aussage
Das positive Bild, das die Ex-Freundin im Zeugenstand zeichnet, dürfte den Angeklagten und seine Verteidiger eigentlich freuen. Doch dann überrascht sie plötzlich mit der Aussage: „Heute würde man manche Verhaltensweisen vielleicht als Stalking bezeichnen.“ Ihre Eltern und andere aus ihrem Umfeld hätten den Schwelmer als „speziell“ wahrgenommen und das Gefühl gehabt, er überwache sie. Die 47-Jährige betont, sie habe es selbst nicht so empfunden. „Ich fühlte mich bewacht, nicht überwacht.“ Als Beispiel gibt sie an, er habe manchmal schon an ihrer Haustür gewartet, wenn sie abends vom Volleyball-Training nach Hause kam. „Er war intensiv, aber ich habe es nie als negativ empfunden.“
Freunde und Bekannte sehen ihn kritisch
Auch einige Freunde und nähere Bekannte des Angeklagten wurden bereits befragt. Trotz der freundschaftlichen Beziehungen scheinen sie dennoch Vorbehalte gegen den 48-Jährigen zu haben. „Pedantisch und fordernd“ soll er gewesen sein. Er habe „häufig Unwahrheiten erzählt“, soll kein lustiger, aber ein eloquenter Mensch sein.
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Ein Freund, der den Angeklagten seit 2012 kennt, spricht von einer Dauer-Kommunikation, wenn man mit ihm zusammen war: „Er hat sich immer in den Vordergrund gestellt und wollte seine Meinung nur bestätigt bekommen.“ Ein anderer Zeuge fasst es so zusammen: „Er ist ein schwieriger Mensch. Ich habe ihn nie als authentisch erlebt.“ Ein authentisches Bild des Angeklagten zu bekommen, wird das Schwurgericht um die Vorsitzende Richterin Heike Hartmann-Garschagen mit Sicherheit auch in den kommenden Verhandlungstagen weiter beschäftigen.