Berlin. Selten sind drei Worte so schön und so kompliziert wie „Ich liebe dich“. Ein Experte verrät, wie oft Liebeserklärungen nötig sind.
Liebesbekundungen können viele Formen annehmen: Sie können ausdrucksstark oder subtil sein, dramatisch oder beiläufig. Sie können in Taten oder Worten ausgedrückt werden. Oft sind sie aufrichtig, manchmal nicht. Eines ist sicher: Jeder macht sie anders. Der Klassiker bleibt ein „Ich liebe dich“. Doch wie oft sollte es kommen und was sagt die Häufigkeit über uns aus? Ein Paartherapeut klärt auf.
Was bedeutet „Ich liebe dich“?
Wenn es um die Bedeutung von „Ich liebe dich“ geht, steht eines fest: Die Bindung zwischen zwei Menschen entwickelt sich ständig weiter. Daher unterscheidet sich das „Ich liebe dich“ zu Beginn einer Beziehung von dem einer langjährigen Beziehung. So bedeuten die drei Worte in der ersten Verliebtheitsphase meist, den nächsten Schritt in einer frischen Beziehung wagen zu wollen, gibt der Hamburger Paartherapeut Eric Hegmann einen ersten Überblick. Nach mehreren Jahren Beziehung „Ich liebe dich“ zu sagen und hören zu wollen, könne wiederum der Vergewisserung und Stabilisierung der Bindung dienen, so der Experte.
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Für jeden Menschen bedeute „Ich liebe dich“ etwas anderes, sagt Hegmann, Mitbegründer der eLearning Plattform „Modern Love School“ mit Onlinekursen rund um die Liebe. „Für die einen ist es Geborgenheit, für die anderen die Aufregung, den geliebten Menschen zu sehen.“ Das Interessante in einer Partnerschaft sei: Was bedeuten die drei Worte dir? Was bedeuten sie mir? „Nicht, dass das identisch sein muss, das ist eine naive, symbiotische Vorstellung von Liebe“, betont Hegmann. Vielmehr gehe es darum, wie man als Paar mit den Unterschieden umgehe.
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Wie oft ist „Ich liebe dich“ normal?
Aber nicht nur bei der Bedeutung, auch bei der Frequenz eines „Ich liebe dich“ gibt es große Unterschiede. Wie so oft in der Liebe kann man auch hier nicht von „normal“ sprechen. Es gibt Menschen, denen das „Ich liebe dich“ ganz leicht über die Lippen kommt. Dann gibt es wieder andere, die diesen Satz – wenn überhaupt – nur mit großer Überwindung und viel Mut über die Lippen bringen. Denn so unterschiedlich die Menschen sind, so unterschiedlich sind logischerweise auch ihre Gefühle und ihr Umgang damit.
Das kann laut Paartherapeut Hegmann verschiedene Gründe haben – einer davon liegt in der Kindheit und der ersten Begegnung mit dem „Ich liebe dich“: Wer zum Beispiel als Kind keine guten Erfahrungen damit gemacht habe, den eigenen Gefühlen zu vertrauen und sie gefahrlos und geschützt ausdrücken zu können, könne damit auch im Erwachsenenalter Probleme haben.
Auch die Beziehungshistorie und die eigene Persönlichkeit spielen hier eine Rolle: Menschen, die in ihrer Vergangenheit keine sicheren Bindungen erfahren haben oder unsicher in sich selbst sind, könnten die drei Sätze aus Gründen der Rückversicherung als besonders wichtig empfinden. Hegmann warnt allerdings vor einem solchen Szenario: „Liebe ist nicht möglich ohne Mut, und Mut erfordert Selbstvertrauen. Wer über diesen Satz Sicherheit im anderen sucht, vergisst leicht sein eigenes Potenzial und macht sich schnell von anderen abhängig.“
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So oft sagen die meisten Menschen „Ich liebe dich“.
Aber wie oft sagen die meisten Menschen „Ich liebe dich?“. Dieser Frage ging 2015 eine Umfrage nach. Das Meinungsforschungsinstitut „YouGov“ wollte wissen: Wie oft sagen Sie zu Ihrem Partner „Ich liebe dich“? Auf Basis der Online-Umfrage „YouGov Omnibus“ wurden 1409 Menschen in Deutschland repräsentativ befragt. Demnach sagt insgesamt jeder vierte Befragte in einer festen Beziehung (25 Prozent), dass er seinem Partner oder seiner Partnerin täglich seine Liebe versichert, jeder sechste (16 Prozent) tut dies immerhin fast täglich. Nur 4 Prozent sagen nie „Ich liebe dich“, weitere 8 Prozent fast nie.
Auch auf die Frage „Was war die kürzeste Zeit, nachdem Sie zu einem romantischen Partner gesagt haben: Ich liebe dich?“ wollte das Forschungsinstitut Gewissheit: Zwei Jahre später wurden dazu 1.000 Personen in Deutschland ab 18 Jahren befragt. Die Antworten fielen überraschend unterschiedlich aus: Die meisten Befragten ließen sich mit der ersten Liebeserklärung Zeit. 23 Prozent sagten innerhalb der ersten drei Monate „Ich liebe dich“. Acht Prozent warteten sogar bis zu einem halben Jahr. 20 Prozent hingegen gestanden ihre Liebe bereits in den ersten vier Wochen. Immerhin zwei Prozent überlegten es sich offenbar sehr gut und sagten die berühmten drei Worte erst bis zu einem Jahr später.
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Wie viel Wahrheit steckt hinter „Ich liebe dich“ ?
Aber was hat nun Liebe mit „Ich liebe dich“ zu tun? Wie oft kann man die Wunderwaffe ziehen, ohne dass sie sich abnutzt? Paartherapeut Hegmann sieht in amerikanischen Filmen und Serien ein Phänomen entstehen, das er die „Disneyfizierung der Liebe“ nennt. Der Begriff beschreibe, dass Paare mit inszenierten Szenen aus der Medienwelt mithalten und sich selbst beweisen wollen, dass sie in Wirklichkeit genauso glücklich sein können wie die Marketing-Vorbilder, denen sie nacheifern. Dabei verliere das „Ich liebe dich“ oft seine Bedeutung.
Meist sagen Paare die drei Worte nämlich auch, „um etwas auszudrücken, was sie beschäftigt“, sagt Hegmann und fügt hinzu: „Mal ist es Zuneigung, mal die Bitte um Bestätigung, mal die Deeskalation eines Konflikts.“ Daran sei auch nichts auszusetzen oder zwangsläufig bedenklich. „‚Ich liebe dich‘ sind keine magischen Worte. Das ist eine Überromantisierung, die letztlich bei vielen Paaren erst zum Problem der Sinnfindung führt“, betont Hegmann. Letztlich müsse jedes Paar für sich selbst entscheiden, welche Bedeutung es seinem „Ich liebe dich“ geben wolle.
Um einer Abnutzung entgegenzuwirken, können auch Variationen von „Ich liebe dich“ hilfreich sein. Hier ein paar Beispiele:
- „Du bist das Beste, was mir passieren konnte.“
- „Du bist mir sehr wichtig.“
- „Ich denke ständig an dich.“
- „Es ist schön, dass du da bist.“
- „Danke, dass du mich verstehst.“
- „Ich bin gerne bei dir.“
- „Du fehlst mir.“
Mit Umschreibungen wie diesen können Paare laut Hegmann lernen, ihre Liebe so auszudrücken, wie sie es gerade empfinden. Alternativ könnten die drei berühmten Worte auch in Taten umgesetzt werden, so der Paartherapeut. Das könnten etwa Blumen sein oder ein Frühstück am Bett. Manchmal reiche es auch schon, aufmerksam zuzuhören.
Was tun, wenn der Partner seine Liebe häufiger bekundet?
Kompliziert kann es werden, wenn die Partner unterschiedlich oft „Ich liebe dich“ sagen. Paartherapeut Hegmann rät zur Gelassenheit. Ausbleibende Liebesbekundungen müssten nicht automatisch bedeuten, dass die emotionale Bindung nachlässt. „Wann ich mich geliebt fühle, hat vor allem mit mir zu tun und nicht nur mit dem, was der Partner tut“, sagt Hegmann. Denn Menschen sprechen unterschiedliche Sprachen der Liebe, so der Paartherapeut.
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„Ein tolles Geschenk kann für den Schenkenden ein Liebesbeweis sein, für den Beschenkten aber eine ganz andere Bedeutung haben: Da will mich jemand kaufen“, sagt Hegmann. Im Umkehrschluss heiße das aber auch: Dieser Partner drücke seine Liebe am ehesten durch Geschenke und Taten aus – und vielleicht weniger durch die magischen drei Worte.
Am Ende sei es auch nicht wichtig, wer zuerst „Ich liebe dich“ sagt oder wer es öfter sagt. Hegmann mahnt: „Hören Sie auf, Ihrem Partner vorzuschreiben, wie er oder sie Liebe ausdrücken soll“. Entscheidend sei vielmehr, das „Ich liebe dich“, ob in Worten oder Taten, achtsam wahrzunehmen und bewusst wertzuschätzen. „Ich kann Vorschläge machen, ich kann Wünsche äußern, ich kann Grenzen setzen und Konsequenzen ziehen. Was ich nicht kann: Einen Menschen gegen seinen Willen verändern“, so der Paartherapeut.