Berlin. Fremdgehen kommt in Beziehungen häufig vor. Luisa und Victoria wissen das, sie haben Affären mit vergebenen Männern. Was eine Psychologin dazu sagt.
- Die Statistiken sind eindeutig: In vielen Beziehungen geht einer der Partner fremd
- Zwei Frauen, Luisa und Victoria berichten, warum sie ihre Affäre mit einem vergebenen Mann unterschiedlich erleben
- Kann eine Affäre sogar funktionieren? Eine Psychologin klärt auf
Fremdgehen? Für viele Menschen ist das eine Erfahrung, die sie schon einmal gemacht haben. Ob Männer oder Frauen es häufiger tun, ist umstritten. Bei manchen handelt es sich um einen betrunkenen One-Night-Stand, bei anderen um eine langfristige Affäre. Was beides gemein hat: Für die betrogene Person ist es oft ein Desaster. Doch auch für den Mann oder die Frau, mit der fremdgegangen wird, kann es eine leidvolle Erfahrung sein.
Luisa und Victoria haben eines gemeinsam: Sie schlafen beide mit einem vergebenen Mann. Doch nur eine der Frauen leidet unter der Situation.
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Luisa, 30, und Martin, 47, deren richtige Namen anders lauten, kannten sich bereits mehrere Jahre, als sich mehr zwischen ihnen entwickelte. Sie befand sich gerade in der Trennungsphase von ihrem Freund, er lebte klassisch mit Frau und Kindern. Anfangs hätten sie nur Nachrichten geschrieben, erzählt sie, dann sei es zu einem ersten Treffen gekommen.
Meistens hätten sie in seinem Auto gesessen und Wein getrunken. Als seine Familie nicht zuhause war, lud er sie zu sich ein, da sei es zum ersten Sex gekommen. Das ist zwei Jahre her. Seitdem treffen sich die beiden im Schnitt zweimal die Woche. Martins Frau weiß bis heute nichts von der Affäre.
Geliebte und Affäre: In diesen Fällen kann es funktionieren
Das erste Jahr sei ihre Beziehung eher locker gewesen. "Wenn wir Lust hatten, uns zu sehen, haben wir geschrieben – das wars", sagt die 30-Jährige. Seit rund einem Jahr ist das anders. In Wochen, in denen er viel Zeit hat, sehen sie sich drei- bis viermal. "Mittlerweile ist klar, dass da auf beiden Seiten Gefühle sind", so Luisa. Als problematisch empfindet sie ihre Rolle als Geliebte trotzdem nicht.
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"Für mich ist das aktuell ganz cool. Ich kann machen, worauf ich Lust habe und habe gleichzeitig jemanden, mit dem ich gerne Zeit verbringe." Dass Martin irgendwann seine Familie verlässt, um mit ihr zusammen zu sein, glaubt sie nicht. Angesprochen habe sie das Thema bisher jedoch nicht. "Ich bin mir gar nicht sicher, ob ich das will", sagt sie. Sie selbst wisse gar nicht, ob sie sich eine Familie und Kinder wünscht. "Deswegen bin ich nicht eifersüchtig auf das Leben, das die beiden miteinander führen."
Es habe Zeiten gegeben, in denen sie gefühlt jeden Abend zu Hause saß, weil er hätte schreiben können, dass er kommen kann. Das habe sie mittlerweile jedoch abgelegt. Heute planen sie gemeinsam, wie die Woche aussieht und an welchen Tagen Martin sich Freiräume verschaffen kann. "Deshalb stresst es mich nicht, dass ich mich an das Leben seiner Familie anpassen muss", sagt sie.
Affäre: In diesem Moment wurde es bei Victoria kompliziert
Andrea Buch ist Psychologin und auf alternative Beziehungsmodelle spezialisiert. Sie sagt: "Damit eine Affäre dauerhaft funktioniert, muss die Erwartungshaltung bei allen dieselbe sein." Wenn die Geliebte oder der Geliebte hingegen hofft, den aktuellen Beziehungspartner langfristig abzulösen, wird es schwierig. Das musste auch Victoria erfahren.
Die 26-Jährige verliebte sich in den Mann, der mit ihr eine Affäre einging und litt sehr unter der Situation. Victoria und Lukas, der eigentlich anders heißt, lernten sich über gemeinsame Freunde kennen. "Ich wusste, dass er eine Freundin in einer anderen Stadt hat und die beiden eine offene Beziehung führen", sagt sie. Anfangs seien sie nur Freunde gewesen, dann entwickelte sich mehr. "So bin ich ziemlich schnell in die Rolle der dritten Person geraten."
Entgegen ihrer Vereinbarung sei schnell klar gewesen, dass es bei Victoria und Lukas um mehr geht als nur Sex. Anfangs trafen sie sich mehrmals die Woche, gingen zusammen zum Sport, ins Kino, essen oder in ihr Stammcafe. Kompliziert sei es erst geworden, als seine Freundin bei ihm einzog. "Dann konnte ich natürlich nicht mehr so oft vorbeikommen", erzählt Victoria. "Lukas kann keine zwei Frauen gleichzeitig jonglieren."
Plötzlich musste sie sich danach richten, wann seine Freundin auf Geschäftsreisen oder anderweitig verplant war. "Sie und ihre gemeinsamen Pläne standen immer im Vordergrund", sagt sie. "Wir konnten nicht einfach ein Wochenende gemeinsam wegfahren oder Pläne schmieden. Das passte nicht in ihr Arrangement."
Affäre: Das macht die Position als Geliebte so schwierig
"In der Polyamorie gibt es den Begriff des Unicorns", erklärt Andrea Buch. Das sei meistens eine Person, die als dritte Person zu einem Pärchen stößt und häufig auch mit beiden eine Beziehung führt und Sex hat. "Die Regeln macht aber das Pärchen, ohne dass es ein echtes Mitspracherecht für die dritte Person gibt", erklärt sie.
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In Victorias Fall ist das ähnlich. "Sie darf mitspielen, wenn seine Freundin gerade nicht verfügbar ist und sobald sie wieder da ist, ist sie abgeschrieben", so die Psychologin. Solche Situationen seien schon als Kind schlimm, wenn man innerhalb Freundschaften ausgeschlossen wird. "Das macht als Erwachsener dann auch nicht mehr Spaß", so die Psychologin.
Obwohl Victoria von vornherein gespürt habe, dass sie auf Dauer nicht glücklich werden würde, spielte sie das Spiel einige Monate mit. "Das Problem war: Wenn wir zusammen waren, war alles perfekt", so die 26-Jährige. "Sobald wir aber getrennt waren, zerfraß mich meine Eifersucht." Hatten sie tagsüber Sex, lag sie nachts weinend im Bett und konnte die Vorstellung, dass er neben einer anderen Frau einschlief nicht ertragen. "Ich empfand das als unfair", sagt sie.
Psychologin: Wann eine Affäre mit einer dritten Person klappen kann
Ausschlaggebend für ihre Trennung sei die Geburtstagsfeier eines gemeinsamen Freundes gewesen. "Ich hatte mich sehr auf ihn gefreut und extra einen Platz neben mir freigehalten." Dann sei er mit seiner Freundin aufgetaucht und habe sich ganz woanders hingesetzt. "Da habe ich gemerkt: Ich bin nicht seine Begleitung und er ist nicht meine", beschreibt sie den Moment.
Sie hörte an dem Abend mit, dass die beiden über gemeinsame Urlaube sprachen und darüber, wie sie Silvester und Weihnachten verbringen würden. Immer deutlicher habe sich in ihr das Gefühl breit gemacht: "Ich gehöre nicht hierhin. Die beiden sind zusammen, nicht wir. Und das wird sich auch nicht ändern."
Eine eindeutige Antwort auf die Frage, ob man als Geliebte dauerhaft zufrieden sein kann, gibt es also nicht. Die beiden Fälle zeigen: Es kann klappen – wenn alle dieselben Erwartungen an das Zusammensein haben. "Wenn man jedoch insgeheim auf eine feste Partnerschaft hofft und darauf hinarbeitet, wird es oft sehr kompliziert", sagt Andrea Buch.
Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst am 9. April 2023.
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