Berlin. Caren Miosga versuchte, AfD-Chef Tino Chrupalla zu stellen. Das gelang nur zum Teil, auch weil sie eine eigenwillige Strategie wählte.
Kann ein Interview mit hohen Funktionären der AfD gelingen? Dabei werden zwangsläufig die Behauptungen der in Teilen rechtsextremen Partei transportiert, lautet ein Argument dagegen. Auf der anderen Seite hat man es mit einem Angebot zu tun, das derzeit laut Umfragen etwa 20 Prozent der Bundesbürger ansprechend finden. Da wirkt es schräg, das Spitzenpersonal dieses Angebots außen vorzulassen.
An diesem Dilemma versuchte sich am Sonntagabend Caren Miosga. Zu Besuch war Tino Chrupalla, Co-Chef der AfD. Im zweiten Teil des Talks kamen außerdem die Journalistin Nadine Lindner und der frühere Siemens-Chef Joe Kaeser dazu.
Partei | Alternative für Deutschland (AfD) |
Gründung | 6. Februar 2013 |
Ideologie | Rechtspopulismus, Nationalkonservatismus, EU-Skepsis |
Vorsitzende | Tino Chrupalla und Alice Weidel (Stand: April 2023) |
Fraktionsstärke | 83 Abgeordnete im Bundestag (Stand: April 2023) |
Bekannte Mitglieder | Jörg Meuthen (ehemals), Alexander Gauland, Björn Höcke |
Caren Miosga: Mit Maximilian Krah gegen Tino Chrupalla
Für ihren Drahtseilakt wählte die Gastgeberin eine bemerkenswerte Strategie. Kein Wort über Björn Höcke und die Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz; auch das Wort „rechtsextrem“ fiel kaum. Stattdessen konfrontierte Caren Miosga ihren Gast vor allem mit den Ausfällen von Maximilian Krah, dem Spitzenkandidaten der AfD für die Europawahl.
So legt besagter Krah in einem Buch nahe, dass Frauen seltener über einen sehr hohen IQ verfügen und daher nicht so häufig in Spitzenpositionen zu finden seien. In einer Rede behauptete er zudem, dass bestimmte Kulturen unfähig seien, sich an einem modernen Flughafen zurechtzufinden.
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Chrupalla versuchte zunächst, die Zitate und Einspieler wegzulächeln. Da müsse man Krah schon selbst fragen, versuchte sich der AfD-Chef herauszuwinden. Und überhaupt, vielleicht habe er das Buch ja gar nicht selbst geschrieben. Im Verlauf der Sendung war Chrupalla allerdings sichtlich genervt. „Ist das jetzt hier ein Buchclub?“, echauffierte er sich. Und: „Dann laden Sie doch Maximilian Krah ein!“
Konfrontation von Chrupalla: Die Systematik fehlte
Man könnte nun einwenden, dass Chrupalla ja wirklich nicht für Krah sprechen kann. Nur ist Krah Spitzenkandidat der Partei für die Europawahl – und obendrein auch Mitglied des Bundesvorstands. Natürlich sind seine Gedanken in der Partei mehrheits- und anschlussfähig. Dem kann sich Chrupalla als Partei- und Fraktionschef nicht einfach entziehen.
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Und doch sprang der Ansatz der Gastgeberin etwas zu kurz. Hätte man den in Teilen rechtsextremen Charakter der AfD nicht an weiteren wichtigen Personen, Äußerungen und Inhalten festmachen müssen? Hätte man nicht doch noch einmal über das Potsdamer Treffen sprechen sollen? Die extrem rechte Systematik der Partei wurde so nicht deutlich genug, sodass Chrupalla bei seinem Standpunkt – ein Einzelfall, das müssen Sie schon Herrn Krah fragen – bleiben konnte.
Joe Kaeser stellt Chrupalla im Fall Görlitz
Umso wichtiger war, dass Joe Kaeser einmal vorführte, was die AfD für den Wirtschaftsstandort Deutschland bedeuten kann. Der Rechtsruck des Landes werde im Ausland genau verfolgt, berichtete der frühere Siemens-Chef. „Ist Deutschland ein sicherer Platz, auch für die Fachkräfte, die mitkommen?“, diese Frage höre er nun häufiger.
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Seinen Punkt machte Kaeser am Beispiel des Werks von Siemens Energy im sächsischen Görlitz fest. Von zuletzt 32 dort produzierten Turbinen sei nur eine einzige nach Deutschland verkauft worden. 52 Prozent seien in den Weltteil gegangen, über den Chrupallas Co-Chefin Alice Weidel sagte, dass von dort „Kopftuchmädchen“ und „Messermänner“ kämen. „Jetzt stellen Sie sich mal vor, unser Vertreter geht in diese Länder“, sagte Kaeser an Chrupalla gewandt.
Das Fazit des Chrupalla-Interviews
So richtig gelungen war diese Ausgabe von „Caren Miosga“ nicht. Dafür blieb zu verschwommen, wofür die AfD wirklich steht. Wer als Zuschauer unbedarft in den Talk ging, konnte am Ende meinen, dass Maximilian Krah wohl ein fragwürdiger Zeitgenosse ist. Über die AfD insgesamt lernte man aber nicht viel.
Zugutehalten kann man Caren Miosga, dass sie Chrupalla aus der Reserve lockte. Das gelang an einer Stelle auch der Journalistin Nadine Lindner, die darauf hinwies, dass die AfD ein deutsches Deutschland wolle. „Entschuldigung, wir sind Deutschland! Natürlich soll die Identität so bleiben“, entfuhr es Chrupalla da. Es wäre gut gewesen, wenn die Gastgeberin da nachgebohrt hätte.
Zur Ausgabe von „Caren Miosga“ in der ARD-Mediathek
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