Köln. Verschärfte Taschenkontrollen, kostbare Werke und ein illustres Publikum: In Köln ist die Kunstmesse „Art Cologne 2022“ gestartet. Ein Rundgang.

Nein, Klebstoff-Schnüffler gibt es nicht auf der 55. Art Cologne, weder vier- noch zweibeinige. Aber Körper-Scanner werden eingesetzt, die Taschenkontrollen wurden auch verschärft – und Lebensmittel darf in diesem Jahr auch niemand mitbringen. Messe-Chef Daniel Hug glaubt allerdings, dass sich Klima-Aktivisten vorzugsweise in Museen an „unendlich kostbare“ Werke festpappen, wegen der Aufmerksamkeit. Aber Publikum hat die Art Cologne mehr als die meisten Museen, und Kostbarkeiten eben auch.

So hängen bei der Zürcher Galerie Von Vertes die beiden vorläufig teuersten Gemälde der Messe nebeneinander: rechts der spätest­impressionistische Monet „Das Haus durch die Rosen“, der im Todesjahr des Malers fertig wurde (1925) und 6, 5 Millionen Euro kostet; links das „Abstrakte Bild Nr. 562-2“ von Gerhard Richter für 5,5 Millionen. Um die Ecke noch ein allzu menschlich wirkendes Loch von Lucio Fontana auf rosa Leinwand für 1,4 Millionen sowie ein „Imperfect Painting“ von Roy Lichtenstein für 1,6 Millionen.

Andy Warhols Willy Brandt kostet zwei Millionen Euro.
Andy Warhols Willy Brandt kostet zwei Millionen Euro. © dpa | Rolf Vennenbernd

Millionen kosten hier auch Egon Schiele, Max Ernst, ein Willy-Brandt-Porträt von Andy Warhol, das von beiden signiert ist – und die angeblich „letzte verfügbare Skulptur“ von Beuys, ein mit zwei rötlichen Dreiecken bemalter Konzertflügel, auf dem ein Suppenteller mit einem kleinen Spielzeugkreisel steht: 5,2 Millionen Euro in de Galerie des einstigen Beuys-Sekretärs Heiner Bastian.

Plastiken und Zeichnungen von Norbert Kricke

Und während erfahrene Art-Cologne-Besucher hier und dort einem Gemälde von Ury Lesser oder einem Weihnachtskartenschnipsel von Lyonel Feininger zum wiederholten Male gegenüberstehen, bietet die Dortmunder Galerie Utermann Emil Noldes „Mann und Frau“ in Öl auf Rupfen, also grobem Jutestoff, hier erstmals an, Interessenten sollten allerdings mindestens 1,9 Millionen auf dem Konto haben. Utermann wartet mit zwei Plastiken und Zeichnungen von Norbert Kricke auf, in Dortmund ist zudem bis zum 13. Januar noch eine Kricke-Ausstellung zu sehen.

Die aktuelle Inflation scheint der Messe Kunstinteressierte wieder in Scharen zuzutreiben, weil das Geld ja ausgegeben sein will, bevor es weniger wert ist. Trotzdem waren die ersten Messestunden, in denen es sonst schon mal rote „Verkauft“-Punkte nur so regnete, von einer ungewohnten Kauf-Zurückhaltung geprägt.

Messe auch ohne die Subventionen?

Die Bilder von Gerhard Richter und Claude Monet sind für mehr als fünf Millionen Euro zu haben.
Die Bilder von Gerhard Richter und Claude Monet sind für mehr als fünf Millionen Euro zu haben. © dpa | Rolf Vennenbernd

Im Vorfeld der Art Cologne hatten Recherchen des Deutschlandfunks-Kultur zum Corona-Hilfsprogramm „Neustart Kultur“ für Aufsehen gesorgt. Sie belegten, dass von den 100 Millionen Euro, die darin für die bildende Kunst vorgesehen waren, durch gekonnte Lobby-Arbeit und eine Vergabe ohne jede Prüfung ein unverhältnismäßig großer Anteil an Galerien gegangen sei, von denen gar nicht alle dieses Geld nötig gehabt hätten.

Christian Jarmuschek, Vorsitzender im Bundesverband deutscher Galerien, wies die Kritik daran zurück mit dem Hinweis, dass die Umsätze der Galerien von 727 Millionen Euro (2019) im Corona-Jahr 2020 auf 472 Millionen Euro gesunken seien, ein Rückgang um 35 Prozent. Allerdings wurden die Stände der Galerien auch in diesem Jahr noch mit 30 Prozent vom Bund subventioniert. Art-Cologne-Chef Daniel Hug beantwortete die Frage, ob die Messe auch ohne die Subventionen stattgefunden hätte, kurz und knapp mit: „Ja!“

Kunst für vierstellige Summen

Viel altes und ein bisschen neues Geld sind Stammgäste der Art Cologne und führen Maß-Kostüme, teuren Tweed und extravagante Anzüge zu schrillen Sneakern spazieren. Aber es gibt auch Kunst für vierstellige Summen: Ein Aquarell des Nachkriegs-Klassikers Eduard Bargheer für 8000 Euro (Hagemeier), bearbeitete Fotos der ukrainisch-russischen Grenze von Lada Nakonechna (ab 5200 Euro), Holzskulpturen von Maja Behrmann ab 1200 Euro (Eigen + Art) oder Farbholzschnitte von Matthias Mansen (7600 Euro, Aurel Scheibler), ein Mix aus Foto und „digitaler Malerei“ von Dieter Nuhr (ab 8000 Euro, Galerie Löhrl); und die Vasen aus Uranglas (mit fluoreszierendem Uranoxid), die Gregor Törzs auf gespenstische Weise im Platindruck fixiert hat, gibt es ab 3000 Euro (Persiehl & Heine).