Essen. Am Borbecker Schloss in Essen können Kinder die Natur entdecken – zusammen mit dem Waldpädagogen Dennis Zimmermann. Alle Infos.
Der Wind fegt die Blätter von den Bäumen und lässt sie über die breiten Wege tanzen. Auf der Mauer vor dem barocken Wasserschloss hockt ein bärtiger Mann mit schwarzer Kappe und spielt Gitarre: Naturpädagoge Dennis Zimmermann eröffnet die Tour der „Schlosspark-Kids“ gern musikalisch.
„Der Herbst, der Herbst, der Herbst ist da, er bringt uns Wind, hei hussassa“ singen die jungen Gäste lauthals mit. Das Lied kennen sie aus der Schule. „Und was bringt der Herbst uns noch?“, will Zimmermann wissen. „Obst“, ruft Klara (7). Dann trällern sie die nächste Strophe. Darin landen Nüsse auf dem Teller und viele reife Birnen im Keller, zum Refrain wird geklatscht.
Basteln, spielen, singen: „Schlosspark-Kids“ in Essen
Eins, zwei, drei – schon startet eine lustige Blätterschlacht. Auf der großen Wiese greifen die Kids dem Wind nun kräftig unter die Arme. Mit Schwung werfen die zehn Mädchen und Jungen Arme voll buntem Laub in den wolkenreichen Himmel und lassen es auf sich herabrieseln.
Aufgelockert startet die Gruppe zur nächsten Station. Einige Kinder kennen Dennis von vorherigen Touren, haben mit ihm im Frühling oder Sommer draußen gebastelt, gespielt und gesungen. Und dabei Spannendes über heimische Tiere und Pflanzen gelernt. Pia (7), Justus (6), Laura (8), Klara (7) und die anderen Kids hören aufmerksam zu.
Schloss in Essen-Borbeck mit 42 Hektar großem Park
Der 42-Hektar-Park mit Gärten, Plantagen und Alleen, erstmals Mitte des 17. Jh. erwähnt, wirkt für die Jüngsten wie ein Spielparadies. Die Grünanlage zählt im Rheinland zu den ältesten. Dennis Zimmermann wuchs in Essen-Borbeck auf.
Als Kind verlebte er etliche Stunden am Schloss. Mittlerweile lebt der 37-Jährige im Norden der Stadt, wo die Industrie die Landschaft geprägt hat. „Heute wachsen auf den Halden viele Pflanzenarten“, so der Waldpädagoge.
Essener: vom Elektrotechniker zum Waldpädagogen
Der Guide der Touren-Reihe „Schlosspark-Kids“ ist ein echter Naturbursche und hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Mit 29 Jahren sattelte der gelernte Elektrotechniker nach einem Neuseeland-Urlaub um. Die Tier- und Pflanzenwelt des Inselstaates hatte ihn bei Trackingtouren begeistert.
Doch das Naturparadies Neuseeland sei bedroht, zahlreichen Arten drohe das Aussterben, weil Menschen in unberührte Landschaften vordringen. „Die Reise hat mir gezeigt, wie wichtig Engagement für die Umwelt ist“, sagt Zimmermann. 2011 trat er dem Naturschutzbund Deutschland (Nabu) bei und leitete bald die erste Jugendgruppe. Er wollte mehr tun und studierte Forstwirtschaft.
Essener Jugendzentrum weckt Begeisterung für die Natur
Einiges von dem, was er dabei erlernte, vermittelt er nun in naturpädagogischen Angeboten für Kinder und Erwachsene. Mit sichtlicher Freude und Begeisterung und überwiegend im Borbecker Natur- und Jugendzentrum Voßgätters Mühle.
Seit zwei Jahren geht der Forstingenieur im angelegten Mischwald auf Erlebnis-Tour am Wasserschloss. Bei Wind und Wetter und mit einem Fahrradanhänger voll pflanzlicher und tierischer Fundstücke. Wo Nil- und Kanadagans, Mäusebussard, Eisvogel und das Teichhuhn zuhause sind, wachsen stattliche Buchen, Bergahorne und Kastanien.
Essener „Schlosspark-Kids“ lernen heimische Tiere kennen
Zimmermann rückt die Kappe zurecht und schiebt die Karre zur nächsten Station: eine Wiese vor einer alten Rosskastanie. Im Kreis auf Isomatten sitzend bestaunen die Kinder die Schätze in der Mitte: Beinknochen, Fellstücke, Geweihe und einen Zahn. Die Kinder sollen sie verschiedenen Tieren zuordnen.
Laura (8) nimmt einen Vorderlauf in die Hand und riecht am Huf. „Der stinkt!“, ruft sie. Der Fachmann hält bunte Bildkarten hoch: Rehbock und Ricke, ihr Rehkitz. Der Rothirsch und seine „Frau“, die Hirschkuh. „Wer weiß, wie das männliche Wildschwein heißt?“, will er wissen. Keuler, wie die Keule? Nein, Keiler ist richtig.
Die Kids fassen die Beine an, streichen übers Fell. Manche kostet es Überwindung, doch die Neugier siegt. Der Experte hält sich ein Geweih an den Kopf. Die Kids lachen und erfahren, dass zur Familie der Hirsche über 80 Arten gehören: Rot- und Damhirsch, Reh, Ren und Elch sind in Europa verbreitet. Doch selbst in Asien, Nord- und Südamerika und in Afrika kommt die Wildart vor.
Waldpädagoge aus Essen: „Stärken und Schwächen entdecken“
„Jedes Kind sollte die Möglichkeit bekommen, etwas über sich und seine Umwelt zu lernen. Waldpädagogik bietet Platz zur Entfaltung und die Chance, Stärken und Schwächen zu entdecken.“ In Teichnähe finden Kids einen Frosch, den sie in eine Art Becherlupe packen.
Von mindestens einem fleißigen Maulwurf zeugen die Erdhügel im Gras. Zimmermann schiebt vorsichtig Erde zur Seite, um den Eingang zu den unterirdischen Gängen zu sehen. Ein Maulwurf kann an einem Tag 20 Löcher ausbuddeln. Die Hügel bedeuten nicht zwangsläufig Gärtnerleid. Das Nagetier lockert den Boden und steht unter Artenschutz. Es darf nicht getötet werden.
Essener vermittelt Kindern die Freude an der Natur
Der frische Wind treibt noch immer Laub durch den Park. Zimmermann wirkt glücklich. Für ihn sei der Wald seit jeher ein Ort, an dem er zur Ruhe kommen, aber auch neue Erfahrungen sammeln kann. Am Ende der Tour rufen die Waldgeister: Der Guide zeigt, wie man aus Stöcken, Wolle und Farbe kleine Fabelwesen bastelt.
Freude an der Natur hat er den Kids vermittelt: aktionsreich, kreativ, spielerisch. Im Winter wird bei weiteren Touren nach Tierspuren und Wintervorräten gesucht. Doch noch ist Herbst. Hei hussassa!
Alle wichtigen Infos zu den Essener „Schlosspark-Kids“
Die „Schlosspark-Kids“-Termine: 5.11., 19.11. und 3.12.22 (9.30-12.30 Uhr). Ab 21.1.2023 jeweils am ersten und dritten Samstag für Kids von 6 bis 10 Jahren. Kosten: 15 Euro pro Kind.
Wetterfeste Kleidung, Getränke und Snacks bitte mitbringen. Info: Voßgätters Mühle, Telefon 0201/8392234, Mail: mail@vossgaetters-muehle.de.
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