Hemer. Bizarre Landschaften aus Höhlen und Steinen machen das Felsenmeer in Hemer zu einem besonderen Ausflugsziel in NRW. Alle wichtigen Infos.
„Mein Vater war ein leidenschaftlicher Höhlenforscher. Das hat mich wohl geprägt.“ Obwohl, so fügt Ursula Ladlef gleich hinzu, sie ziehe die belebte Natur dann doch den toten Steinen vor. Im Felsenmeer in Hemer, durch das die 50-jährige Iserlohnerin ihre Gäste führt, muss sie sich nicht entscheiden. Dort findet sie beides: belebte Natur und tote Steine.
Das 700 Meter lange und 200 Meter breite Areal ist seit 1962 offiziell als Naturschutzgebiet ausgewiesen, inzwischen hat es noch den klangvollen Titel „Nationales Geotop“ dazubekommen. „Sehr zu Recht“, wie Ladlef betont und darauf verweist, dass sich das Felsenmeer vor etwa 80 Millionen Jahren auf und aus einem devonischen Massenkalkzug gebildet hat, der sich von Wuppertal bis ins sauerländische Balve zieht – und selbst wiederum vor 380 Millionen Jahren aus einem Korallenriff entstand.
Felsenmeer in Hemer: Metertiefe Löcher und Spalten
Über stetige Auswaschungsprozesse bildeten sich nach und nach tiefe Spalten, Verwerfungen, Abbrüche und Höhlen im Gestein, die schließlich zu einem wahren „Felsenmeer“ wurden. Noch vor einigen Jahrzehnten konnte man das Felsenmeer als einen riesigen Abenteuerspielplatz nutzen, längst ist das freie Herumklettern aber streng verboten. „Die Unfallgefahren sind einfach zu groß, schon weil sich unter dem Laub, dem Moos und den Farnen überall metertiefe Löcher und Spalten auftun“, warnt die Gästeführerin eindringlich.
So hat man stattdessen befestigte Wege durch das Felsenmeer angelegt und 2010 schließlich mit 1,3 Millionen Euro EU-Fördermitteln weitere Stege, Brücken und Aussichtsplattformen errichtet, die einerseits dem Gebot der Nachhaltigkeit und dem Naturschutz verpflichtet sind, andererseits aber den Besuchern auch spektakuläre Aussichten auf und in das Felsenmeer ermöglichen.
Landesgartenschau verschafft Felsenmeer in Hemer Besucherschub
„Diese Investitionen haben sich in jeder Beziehung gelohnt“, meint Ladlef. Sie waren Teil der unmittelbar zum Felsenmeer benachbarten Landesgartenschau in Hemer, die das imponierende Bio- und Geo-Reservat mit in ihr nachhaltiges Projekt einbezog. „Das hat dem Felsenmeer einen richtigen Besucherschub gebracht, der eigentlich bis heute anhält“, sagt Ladlef.
Dabei ist es nicht die spektakuläre Fels- und Naturszenerie allein, die das Gelände so eindrucksvoll macht: Es ist nicht zuletzt den Höhlenforschern des Vereins „Speläo-Gruppe Sauerland“ zu verdanken, dass das Felsenmeer als ältester Tiefbau auf Eisenstein in Nordrhein-Westfalen belegt ist. Ab etwa 800 bis 900 n. Chr. wurde hier nach Eisenerz gegraben und geschürft; Werkzeugdepots, Feuerstellen und spezielle Abriebe an Felsformationen dienen dafür als sichere Beweisstücke.
Mittelalterlicher Bergbau im Felsenmeer in Hemer
Zurzeit arbeiten die Höhlenforscher an einer „Visualisierung des mittelalterlichen Bergbaus“ im Felsenmeer, wie es in der Bodendenkmalliste der Stadt Hemer heißt. Dafür haben die Hobby-Forscher das gesamte Gelände zunächst sorgfältig kartographiert. Nun werden 3D-Videos erstellt, die den Besuchern einen virtuellen Rundgang durch das Felsenmeer ermöglichen – und dabei vor allem die unterirdischen Gänge, Höhlen und Verschachtelungen sichtbar machen können.
Sogenannte „digitale Endgeräte“ sollen beim überirdischen Marsch die Eindrücke mit den unterirdischen Gegebenheiten unmittelbar anschaulich und nachvollziehbar verbinden. „Größe und Erhaltungszustand machen das Bodendenkmal einzigartig in Europa“, heißt es dazu entsprechend stolz in einer Info-Broschüre.
Gästeführerin im Felsenmeer Hemer ist Fledermaus-Expertin
Für Gästeführerin Ladlef hat das Felsenmeer noch eine weitere wichtige Bedeutung: die beheimateten Fledermäuse sind das Spezialgebiet der studierten Landschaftspflegerin. Schon seit geraumer Zeit ist Ladlef als ehrenamtliche Fledermauspflegerin beim Naturschutzbund Deutschland (NABU) für den gesamten Märkischen Kreis zuständig.
„Ich habe mein Arbeitszimmer fledermausgerecht ausgebaut“, erzählt sie und räumt mit einem Lächeln ein, dass die Mehlwürmer, die sie für die Fledermaus-Aufzucht benötigt, die Geduld ihres Mannes auf die Probe stellen würden.
Fledermaus-Führung im Felsenmeer in Hemer
Fünf bis 17 Tiere leben im sicheren Arbeitszimmer; herumhängende Handtücher für die ersten Flug- und Bremsversuche der kleinen Säuger inklusive. Bis zu sechs Wochen werden die fliegenden Mäuse bei Ladlefs aufgepäppelt und alltagstauglich gemacht, bevor sie in die Freiheit entlassen werden.
Wer sie in ihrem natürlichen Lebensraum beobachten möchte, für den bietet Ladlef in den Abendstunden regelmäßig Fledermausführungen an. Mit Taschenlampen und allerlei technischem Gerät zum akustischen Aufspüren der Flatterfreunde, geht es dann auf Pirsch im Felsenmeer.
Weitere Infos zu Führungen durch das Felsenmeer finden Sie unter touristik@hemer.de oder unter 02372/ 5516110. Touren speziell zum Thema Bergbau gibt es unter www.sgs-ev.de.