Hamburg. Es könnte ein Urteil mit Signalwirkung sein: Zum ersten Mal hat ein Landgericht einem geschädigten Lehman-Anleger Recht auf Entschädigung zu gesprochen. Die Sparkasse Hamburg muss demnach dem Kläger 10.000 Euro zurückzahlen. Nach der Lehman-Pleite verloren rund 40.000 Anleger Geld.
Tausende geschädigte Anleger der US-Pleitebank Lehman Brothers können auf Erstattung ihrer Verluste hoffen. Das Hamburger Landgericht verurteilte am Dienstag die Hamburger Sparkasse (Haspa) wegen fehlerhafter Anlageberatung dazu, einem pensionierten Lehrer seine Investition von 10.000 Euro in wertlose Lehman-Zertifikate zu ersetzen. Die Bank habe den Kläger nicht über die fehlende Einlagensicherung und die Höhe der Gewinnmarge sowie ihr eigenes wirtschaftliches Interesse beim Verkauf des Zertifikats aufgeklärt, erklärte das Gericht.
Die Haspa kündigte Berufung beim Oberlandesgericht an. Obwohl das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, sehen Verbraucher- und Aktionärsschützer darin einen Durchbruch für weitere Auseinandersetzungen von geschädigten Anlegern mit ihren Banken: «Die Entscheidung hat Signalwirkung und bedeutet Rückenwind für alle Lehman-Opfer», sagte Günter Hörmann, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Hamburg. Alle Betroffenen sollten sich «schon jetzt erneut an ihre Bank oder Sparkasse wenden und auf Entschädigung pochen», riet er.
Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz sprach von einem wegweisenden Urteil. «Damit hat zum ersten Mal ein Landgericht im Fall Lehman ein klares Urteil zugunsten der Verbraucher gesprochen.» In der aktuellen Rechtsprechung werde eine klare Tendenz zur Stärkung der Anleger- und Verbraucherrechte deutlich.
40.000 Geschädigte bundesweit
Nach der Pleite von Lehman Brothers im September vergangenen Jahres hatten bundesweit geschätzte 40.000 Anleger Geld verloren. Viele fühlen sich von ihren Banken über die Risiken der Papiere schlecht beraten. Die Haspa hatte bereits freiwillig 9,5 Millionen Euro an 1.000 Käufer der wertlosen Lehman-Zertifikate gezahlt. Insgesamt hatten 3.700 Kunden Papiere im Wert von 54 Millionen Euro über die Haspa erworben.
Der Lehrer hatte im Dezember 2006 für gut 10.000 Euro Lehman-Zertifikate gekauft. Er klagte nach der Pleite der US-Bank, weil er sich falsch beraten fühlte. Die Haspa betonte, das Urteil sei nur eine Einzelfallentscheidung.
Dem Urteil zufolge hätte die Haspa den Anleger informieren müssen, dass die Anlage nicht vom deutschen Einlagesicherungsfonds geschützt ist. Außerdem hätte die Bank klarmachen müssen, dass sie selbst ein Gewinninteresse am Verkauf der Zertifikate hatte. Nach Ansicht des Landgerichtes darf «dem um Beratung nachsuchenden Bankkunden ein wirtschaftliches Eigeninteresse der Bank nicht verschwiegen werden».
Frühere Klage erfolglos
Ende vergangenen Jahres hatte bereits ein Rentnerehepaar in Frankfurt wegen der Lehman-Zertifikate geklagt, allerdings erfolglos. Das Paar hatte argumentiert, die Sparkasse Frankfurt habe sie nicht ausreichend auf mögliche Risiken hingewiesen. Das Landgericht Frankfurt wies die Klage ab. Mehrere Banken haben allerdings bereits freiwillig Schadenersatz gezahlt. Einige Volksbanken und die Frankfurter Sparkasse ersetzten in bestimmten Fällen aus Kulanz zumindest teilweise den Schaden.
Gute Nachrichten hatte es bereits am Montag für die rund 30.000 deutsche Kunden der isländischen Kaupthing-Bank gegeben. Acht Monate nach seinem Zusammenbruch begann das Institut mit der Rückzahlung der deutschen Spareinlagen. Der Prozess soll innerhalb der nächsten Wochen abgeschlossen sein. (ap)
(AZ: Landgericht Hamburg 310 O 4/09)