Karlsruhe. Banken müssen ihre Kunden in der Beratung ausdrücklich auf das Risiko einer Insolvenz hinweisen. Das entschied der BGH am Dienstag bei zwei Musterklagen. 80 Kunden der BFI-Bank können nun doch auf Schadenersatz hoffen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Rechte von Anlegern gestärkt und die Beratungspflichten der Banken verschärft. Wünscht ein Kunde ausdrücklich eine sichere Geldanlage, muss die Bank ihn auf Risiken für den Fall einer Insolvenz des Kreditinstituts hinweisen, entschied der BGH am Dienstag in Karlsruhe. Die Bank dürfe einem solchen Kunden keine Einlage bei ihr selbst empfehlen, wenn sie dafür nur die gesetzliche Einlagensicherung bieten könne, die Kundeneinlagen zunächst nur bis maximal 20 000 Euro schützte. Zum 30. Juni 2009 wurde die Grenze auf maximal 50 000 Euro angehoben.
Stichwort Einlagensicherung
In Deutschland sind Sparkassen und Genossenschaftsbanken an Sicherungssysteme angeschlossen, die Insolvenzen von vornherein verhindern. Sollte eine Privatbank pleitegehen, schützt die gesetzliche Einlagensicherung seit 1. Juli maximal 50.000 Euro zuvor waren es 20.000 Euro. Ab Anfang 2011 steigt der gesetzliche Mindestschutz auf 100.000 Euro. Diese Regelung gilt EU-weit.
Das Geld muss spätestens nach 30 Tagen ausgezahlt werden. Der gesetzliche Einlagensicherungsfonds gilt für Girokonten, Banksparpläne, Sparbücher sowie Tages- und Festgeldkonten. Auch Guthaben in Bausparverträgen sind gesichert. Darüber hinaus sind fast alle Banken an freiwillige Sicherungsfonds angeschlossen, die für größere Summen einspringen. Die Garantiesummen gehen auch bei kleineren Privatbanken schon in den Millionenbereich. (afp)
Geprellte Anleger der insolventen BFI-Bank in Dresden können nun wieder auf Schadenersatz hoffen. Die Revision von zwei in der Vorinstanz gescheiterten Klägerinnen war nun teilweise erfolgreich. Die beiden Schwestern verlangen Schadenersatz, da ein Großteil des von ihnen in Sparbriefen und Festgeld angelegten Kapitals von 80 000 Euro sowie 160 000 Euro mit der Insolvenz der Bank im Jahr 2003 verloren ging.
Musterverfahren hat weitreichende Bedeutung
Der BGH entschied, dass die Bank zwar ihre Informationspflicht über ihre eingeschränkte Einlagensicherung erfüllt, aber dennoch ihre Beratungspflicht vermutlich verletzt hat. Dazu müssen nun noch Feststellungen in einem neuen Verfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) Dresden nachgeholt werden. Das BGH-Urteil in dem Musterverfahren hat weitreichende Bedeutung. Allein im Fall der BFI verlangen 80 weitere geschädigte Anleger Schadenersatz.
Die BFI Bank AG war nicht dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken angeschlossen, sondern unterlag lediglich dem Einlagensicherungs- und Anlagenentschädigungsgesetz. Deshalb erhielten die beiden klagenden Rentnerinnen jeweils nur eine Entschädigung von 20 000 Euro. Auf den überschießenden Betrag ihrer Spareinlagen bekamen sie vom Insolvenzverwalter einen Abschlag von rund 30 Prozent. Nun verlangen sie den Ersatz des restlichen Schadens, und zwar aus einer Haftpflichtversicherung, die die BFI bei der Victoria Versicherung für Vermögensschäden abgeschlossen hatte.
Der BGH entschied zwar, dass die Bank nicht gegen ihre Pflicht verstoßen habe, Kunden in leicht verständlicher Form über den Umfang und Höhe der Einlagensicherung zu informieren. Denn eine Information sei auch dann «leicht verständlich», wenn sie wie hier in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Kreditinstituts erteilt und der Kunde hierauf eigens hingewiesen werde.
Gericht sah Beratungsverschulden der Bank
Die klagenden Kundinnen hätten aber wohl einen Schadenersatzanspruch "wegen eines Beratungsverschuldens der Bank". Eine Bank dürfe nämlich einem Kunden, der ein "besonderes Interesse" daran hat, dass sein eingesetztes Kapital nominal in voller Höhe abgesichert ist, keine Einlage bei ihr selbst empfehlen, wenn bei der Bank nur die gesetzliche Mindestdeckung besteht. Das OLG Dresden müsse nun noch prüfen, ob die Kunden einen solchen ausdrücklichen Wunsch nach einer sicheren Geldanlage geäußert haben.
Die BFI-Bank war im Jahr 2000 in Schwierigkeiten geraten. Im Juli 2003 wurde das Insolvenzverfahren gegen die erste ostdeutsche Privatbank mit rund 60 000 Kunden und etwa 80 Mitarbeitern eröffnet. Die Bank soll bei einem Vermögen von rund 124 Millionen Euro Verbindlichkeiten von 223 Millionen Euro angehäuft haben.
Aktenzeichen: XI ZR 152/08 und XI ZR 153/08 - Urteile vom 14. Juli 2009