Bochum. Adolf Jansen aus Bochum gehört zu den einstigen Arcandor-Beschäftigten, die derzeit vergeblich auf ihre Betriebsrente warten. Bei einer Insolvenz fällt die Zahlung zunächst aus. Bis der Sicherungs-Verein einspringt, können Monate vergehen. Doch der Fall Arcandor ist komplizierter.
Adolf Jansen blättert durch Briefe – wie so oft in den vergangenen Tagen. Seit Juni erhält Jansen keine Betriebsrente mehr. Also wälzt er alte Unterlagen. Zunächst stand noch Quelle auf dem Briefkopf, später Arcandor oder „Pension Trust Management”. Vor ein paar Tagen erhielt Jansen ein Schreiben von „Profectis”. So hieß zuletzt der Arbeitgeber des 59-jährigen Frührentners aus Bochum. Profectis – das war 1970, als Jansen seine Arbeit beim Versandhaus Quelle begann, schlicht der „Technische Kundendienst” des Unternehmens.
Seit der Insolvenz von Arcandor wartet Jansen vergeblich auf seine Betriebsrente. Pro Monat seien es 510 Euro netto, die nun in der Haushaltskasse fehlen. „Das ist eine Ecke Geld – immerhin ein Drittel meiner Rente”, sagt er.
Jansen ist verunsichert. Aufmerksam hat er das Schreiben von Profectis studiert. „Bis zur formellen Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen keine Auszahlungen”, heißt es dort. Der Brief endet mit den Worten: „Bis dahin müssen wir Sie um Geduld bitten.”
"Keine rechtliche Grundlage"
Eine Telefonnummer für Nachfragen nennt das Unternehmen nicht. Mehrfach verweist es auf den Pensions-Sicherungs-Verein (PSV). Doch der PSV springt erst dann ein, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet ist. Bei Arcandor ist dies für September geplant. Bis dahin erhalten die betroffenen Betriebsrentner kein Geld. Im Fall der insolventen Warenhauskette Hertie zog sich diese Phase mehr als ein halbes Jahr hin. „Wir können kein Geld losschicken, bevor es dafür eine rechtliche Grundlage gibt”, sagt PSV-Vorstand Hermann Peter Wohlleben.
Seit der Arcandor-Insolvenz stehen beim Sicherungs-Verein in Köln die Telefone nicht mehr still. Auch Jansen sagt, er habe in Köln angerufen, aber keine konkrete Auskunft erhalten. Der PSV ist eine Selbsthilfeeinrichtung der deutschen Wirtschaft, die über Beiträge von 73 000 Unternehmen finanziert wird. „Alle Arcandor-Rentner können sich darauf einstellen, dass sie auch rückwirkend ihre Betriebsrente erhalten”, beteuert Wohlleben. Der PSV überweise auch rückwirkend für einen Zeitraum von zwölf Monaten noch ausstehende Zahlungen.
Zur Verwirrung trägt bei Arcandor auch bei, dass für die meisten Beschäftigten des Konzerns der 2002 gegründete Karstadt-Quelle Mitarbeitertrust (KQMT) zuständig ist. Er ist rechtlich selbstständig und nicht direkt von der Insolvenz betroffen. Fast 50 000 ehemalige Arcandor-Beschäftigte haben laut KQMT ihre Betriebsrente erhalten.
1500 ehemalige Mitarbeiter betroffen
Nach Angaben des Insolvenzverwalters sind es lediglich rund 1500 ehemalige Arcandor-Mitarbeiter, die aktuell keine Betriebsrente erhalten. Sie haben für die Arcandor-Firmen Profectis, Itellium und ServicelogiQ gearbeitet. Warum diese Beschäftigten nicht über den KQMT abgesichert wurden, ist unklar.
Jansen fühlt sich nun wie ein Mitarbeiter zweiter Klasse. „Ich finde es nicht fair, so mit den Leuten umzugehen”, sagt er. „Ich habe wirklich gerne bei Quelle gearbeitet. Jede Überstunde habe ich mitgemacht”, sagt er. „Meine Frau sagt immer: Wer kann mehr Quelle sein als Du?”
Jansens Enttäuschung ist groß. 34 Jahre lang war er zur Stelle, wenn es ein Problem gab bei den Radios oder Fernsehern von Quelle. Nun hat Jansen ein Problem – und er fühlt sich im Stich gelassen. Den fest geplanten Urlaub hat Familie Jansen erst einmal gestrichen: „Im Moment ist das nicht drin.”