Berlin. FDP und Union planen Korrekturen bei Hartz IV. So soll etwa das Schonvermögen von derzeit 250 Euro auf 700 Euro pro Lebensjahr angehoben werden. Reine Symbolpolitik, meinen Kritiker. Von der Korrektur würden zu wenige profitieren. Sie fordern stattdessen eine Anhebung des Regelsatzes.

Auch in der Union und der FDP sagen mittlerweile viele, die Arbeitsmarktreform Hartz IV sei nicht unbedingt gerecht. In den Koalitionsverhandlungen plädiert deshalb Nordrhein-Westfalens Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) dafür, den Freibetrag für das Altersvorsorgevermögen zu erhöhen. Das soll Erwerbslose entlasten – sie würden eher Arbeitslosengeld II erhalten und wären seltener gezwungen, ihre Ersparnisse fürs Alter anzugreifen.

Ein Freibetrag von 250 Euro pro Lebensjahr gilt heute für Hartz-IV-Empfänger, maximal 16 750 Euro. Wer bereits mehr zurückgelegt hat, muss die höheren Summen unter bestimmten Voraussetzungen aufbrauchen, bevor er Arbeitslosengeld erhält. Um diese Härte zu vermeiden, wollen Laumann, CDU-Sozialexperte Ralf Brauksiepe und FDP-Generalsekretär Dirk Niebel das so genannte Schonvermögen auf bis zu 700 Euro pro Lebensjahr erhöhen.

Nur 0,5 Prozent aller Anträge wegen großer Ersparnisse abgelehnt

Ob das vielen Menschen nützen würde, ist freilich zweifelhaft. Die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit deuten darauf hin, dass der Effekt gering wäre. Denn zwischen Januar und September 2009 wurden nur knapp 25.000 Hartz-IV-Anträge wegen zu hohen Vermögens abgelehnt. Im Verhältnis zu den 5,5 Millionen Anträgen, die insgesamt eingingen, entspricht dies einem Anteil von 0,5 Prozent. „Nur ein geringer Teil der Hartz-IV-Anträge wird wegen zu hohen Vermögens zurückgewiesen”, sagt Anja Huth, Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit. In Nordrhein-Westfalen ist das nicht anders. Nach Auskunft des Ministeriums für Arbeit und Soziales lehnten die Behörden höchstens ein Prozent der Anträge auf Arbeitslosengeld II ab, weil die Antragsteller zu viel Vermögen für ihre Altersversorgung gespart hatten. Die betroffenen Personen hatten in ihrem bisherigen Erwerbsleben kaum Gelegenheit, nennenswerte Summen zu sparen. Und nur die wenigsten besitzen Häuser oder Eigentumswohnungen, aus denen sie ausziehen müssten, bevor sie Leistungen erhalten.

Im Umkehrschluss deuten die Zahlen darauf hin, dass die Erhöhung des Schonvermögens durch Union und FDP zwar einigen Vorteile brächten, insgesamt davon jedoch nur eine kleine Gruppe profitieren würde. Deshalb kostete es die neue Bundesregierung möglicherweise auch nicht allzu viel, ihre soziales Versprechen umzusetzen. „Es handelt sich um Symbolpolitik”, sagt der grüne Sozialpolitiker Markus Kurth. Der Dortmunder Bundestagsabgeordnete hält es für wichtiger, den Regelsatz des Arbeitslosengeldes II – Alleinstehende beziehen zurzeit 359 Euro – insgesamt anzuheben.

Facharbeiter könnten bald in Bedrängnis geraten

Dass ein höheres Schonvermögen seine Wirkung verfehle, weist Laumanns Sprecher Arno Heißmeyer dagegen zurück. Durch die Wirtschaftskrise könnten gerade Facharbeiter bald in Bedrängnis geraten, so der Sprecher des NRW-Arbeitsministeriums. Wenn die Kurzarbeit in den Unternehmen auslaufe, wären manche der besser bezahlten Beschäftigten von Erwerbslosigkeit bedroht. Für sie bestehe auch die Gefahr, dass ihr angespartes Vermögen auf das Arbeitslosengeld II angerechnet werde. In diesen Fällen könne das höhere Schonvermögen durchaus als Beitrag „zur Vermeidung von Altersarmut” wirken, so Heißmeyer.